Die Positionierungen der deutschen Polizeigewerkschaften zu unabhängigen Polizeibeauftragten
In der gesellschaftspolitischen Debatte über die Notwendigkeit und Einführung besserer Kontrollmechanismen für die deutsche Polizei sind die deutschen Polizeigewerkschaften Gewerkschaft der Polizei (GdP), Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) und Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) zentrale Akteure. Obwohl sie als Arbeitnehmer*innenvertretungen auftreten, also für die Mitarbeitenden der Polizeien insbesondere in Hinblick auf dienstrechtliche und ähnlich gelagerte Konflikte sprechen sollten, werden sie in gesellschaftspolitischen Diskursen oft als Vertretung der Polizei selbst wahrgenommen. In Deutschland darf sich die Polizei selbst nur in einem sehr engen Rahmen öffentlich zu Gesetzgebungsvorhaben äußern: Die polizeiliche Öffentlichkeitsarbeit ist darauf beschränkt, einzelne polizeiliche Maßnahmen zu erläutern, Nachwuchs zu rekrutieren, das Image der Polizei zu verbessern oder auf Fragen in Bezug auf das Sicherheitsbedürfnis der Bürger*innen einzugehen (Bredel 1997: 36f.). Auch sind Polizist*innen im Rahmen ihrer dienstrechtlichen Aufgaben weisungsgebunden und können sich nur in dem Maße frei äußern, wie es ihre Dienstherr*innen zulassen. Beamt*innen unterliegen in Deutschland generell dem Gebot der politischen Mäßigung und Neutralität sowie der Treuepflicht, die das Grundrecht auf Meinungsfreiheit verfassungsrechtlich einschränken (Bredel 1997: 156). Äußerungen im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeit sind keine Meinungsäußerungen im Sinne des Art. 5 GG (Recht auf Meinungsfreiheit) (Bredel 1997: 154/158). Daraus folgt, dass es Polizeibeamt*innen nur sehr eingeschränkt möglich ist, in ihrer Funktion als Exekutive Gesetzesvorhaben zu kommentieren oder zur Diskussion zu stellen (Galic 2017: 1). Dies kann in extremeren Fällen auch dazu führen, dass Polizeibeamt*innen gezwungen sein können, in der Öffentlichkeit Positionen einzunehmen, die möglicherweise nicht mit ihren persönlichen Ansichten übereinstimmen. Sie müssen persönliche Zurückhaltung üben und die Positionen ihres*r Dienstherr*in im Einklang mit den Rechtsgrundsätzen des öffentlichen Dienstes vertreten. Aus diesen Gründen sind die offiziellen Stellungnahmen und Verlautbarungen der Polizeibehörden in der Regel insofern unpolitisch, als sich die Behörden nicht zu politischen Streitfragen positionieren. Aus diesem Grund ist es in Deutschland auch unüblich, dass sich die Polizeiführungen öffentlich zu parteipolitischen Themen äußern und selten, dass sie als Sachverständige in parlamentarischen Anhörungen zu Fragen der Polizeiarbeit und der inneren Sicherheit auftreten.
Alexander Bosch hat in Osnabrück und Berlin Sozialwissenschaften studiert. Er arbeitet derzeit als wissenschaftlicher Mitarbeiter im Forschungsinstitut für Öffentliche und Private Sicherheit (FÖPS Berlin) der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin zu polizeilichen sowie sicherheitspolitischen Themen. Er promoviert an der Humboldt-Universität zu Berlin über institutionellen Rassismus in der Polizei und ist Mitglied im unabhängigen Forschungsnetzwerk Sicherheit & Polizei. Vor seiner Zeit in der Wissenschaft war er als Sozialarbeiter in einem sozialpädagogischen Fanprojekt, in der politischen Erwachsenenbildung und als Referent für Amnesty International Deutschland tätig.
Dr. Roman Thurn hat an der Ludwig-Maximilian-Universität München Soziologie studiert. Er promovierte dort mit einer Arbeit über anlassunabhängige polizeiliche Personenkontrollen. Seine Dissertationsschrift ist jüngst unter dem Titel Verdacht und Kontrolle. Die Praxis anlassunabhängiger polizeilicher Personenkontrollen im Transcript Verlag erschienen. Er ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Forschungsinstitut für Öffentliche und Private Sicherheit (FÖPS Berlin) der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin und forschte dort zuletzt zu polizeilichen Diskriminierungsrisiken sowie aktuell zu Whistleblowing in der Polizei.
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