Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 188: Die ungebildete Republik

Bildung und Demokratie - zwischen Utopie und Praxis

Von der Bildung zur Ausbildung und Erziehung
Im schwarz-gelben Koalitionsvertrag vom Herbst 2009 findet sich der Satz: „Bildung ist Bedingung für die innere und äußere Freiheit des Menschen“[1]. Mindestens die „äußere Freiheit“ ist in Deutschland als demokratische Republik im Sinne des Grundgesetzes von 1949 verfasst. Würde der Satz im Koalitionsvertrag in einem substantiell ernst zu nehmenden Sinne zutreffen und nicht nur als Legitimation spendende Formel dienen, dann stünde es nach dem überwiegenden öffentlichen Urteil der Experten derzeit wahrlich nicht nur schlecht um den Stand der Bildung und den Zustand des Bildungssystems – sondern folglich auch um die „innere und äußere Freiheit“ in Deutschland.
Dafür, dass es sich bei dem Gedanken eines konstitutiven Zusammenhanges zwischen Bildung und demokratischer Republik in den Augen der Koalitionäre nur um eine Floskel handelt, spricht aber wohl, dass es im Koalitionsvertrag bereits zwei Sätze weiter heißt: „Bildung und Forschung sind Grundlagen des wirtschaftlichen und sozialen Fortschritts“ – und vor allem auf den ersteren sind auch viele andere Paragraphen dieses wichtigen Dokumentes fokussiert. Nun müssen freilich Fortschritte in der „inneren und äußeren Freiheit“ keineswegs unbedingt im Widerspruch zu wirtschaftlichen und sozialen Fortschritten stehen. Bereits die schottischen Sozialphilosophen des 18. Jahrhunderts wie Adam Ferguson und Adam Smith haben gegen das dirigistische Regime des höfischen Merkantilismus auf die wirtschaftlichen Fortschritt für die Gesamtgesellschaft erzeugende Freisetzung individueller Initiative und Konkurrenz gesetzt[2] – und historisch damit Recht behalten. Markt und äußere Freiheit sind in der bürgerlichen Sozialphilosophie konstitutiv verbunden und wirtschaftliches Wohlergehen auf individueller wie gesellschaftlicher Ebene erleichtert nach allgemeiner und auch heutiger Erfahrung Bildungsprozesse, und zwar so sehr, dass es bis heute trotz entgegenstehender Bemühungen im Bildungssystem immer noch einen starken statistischen Zusammenhang zwischen dem Bildungserfolg und dem wirtschaftlichen und sozialen Hintergrund der Bildungsteilnehmer gibt. Zwingend und kausal ist er auf individueller Ebene allerdings keineswegs, sonst gäbe es so genannte ‚Bildungsaufsteiger‘ aus schwachem soziökonomischen Elternhaus nicht. Auch beim heute so viel diskutierten und für Aspekte der Bildungsmisere verantwortlich gemachten Thema „Migration“ kann man angesichts des empirisch leicht zu beobachtenden unterschiedlichen Bildungserfolgs der verschiedenen Herkunftsgruppen nicht von Determination sprechen. Trotzdem ist eine Regierung gut beraten, auch wegen des sowohl auf individueller als auch auf gesellschaftlicher Ebene bestehenden Zusammenhanges von Bildungserfolgen und „wirtschaftlichem und sozialem Fortschritt“, auf der ihre Anstrengungen für das Bildungssystem organisatorisch wie finanziell zu steigern. Beides hat die neue Regierung versprochen.
Allerdings dürfte es auch klar sein, dass die auf „wirtschaftlichen und sozialen Fortschritt“ zielgerichteten Bemühungen um die Bildung nicht unbedingt identisch sein müssen mit jenen, die geeignet wären, einen Beitrag zur „inneren und äußeren Freiheit“ zu leisten; mehr noch darf man vermuten, dass die engführende Instrumentalisierung des Bildungsgedankens diesen auf eine eher Abhängigkeit und Unselbständigkeit fördernde Ausbildung von verwertbarem Humankapital reduziert, die dem Bildungsgedanken systematisch ganz fremd bleibt und ihn inhaltlich in sein Gegenteil verkehrt.
Der fundamentale Unterschied liegt in der Perspektive: „Ausbildung“ oder „Erziehung“ antwortet nach Hartmut von Hentig in erster Linie auf Anforderungen der Gesellschaft: „Was muss ein Mensch wissen und können, um in der heutigen Welt zu bestehen – eine Arbeit zu bekommen und seine Bürgerpflichten zu erfüllen?“[3] Ausgebildet wird man also von anderen, die zu wissen glauben, was die Gesellschaft vom Individuum erwartet. Der Prozess der „Bildung“, in dem das Subjekt „sich bildet“ dient hingegen der Entwicklung der jeweils einzigartigen Persönlichkeit in der Entfaltung ihrer geistigen und sittlichen Anlagen in der Auseinandersetzung mit der Welt. Sie lässt sich deshalb nicht normieren, denn hier kommt das „Selbst“ des Individuums ins Spiel[4]. Jeder Sozialisationsprozess eines Individuums vereint beide Komponenten in unterschiedlicher Mischung. Nach Hartmut von Hentig verlangt also auch die Wahrnehmung der „Bürgerpflichten“ Ausbildung von dafür geeigneten Kompetenzen – dazu später noch mehr. Aber das je individuelle Ergebnis von Bildungsprozessen lässt sich nicht in vorgefertigten Kompetenzkatalogen oder curricularen Zielvorgaben vorschreiben.
Um die heute nicht nur im Koalitionsvertrag anzutreffende Verkehrung – um nicht von Pervertierung zu sprechen – des Bildungsgedankens und seine ursprünglich konstitutive Bedeutung für den Erhalt der demokratischen Republik zu verstehen, ist es wichtig, die zentrale Gemeinsamkeit zu erkennen, auf der sowohl „Bildung“ wie „demokratische Republik“ ihrem normativen Gehalt nach ruhen. Es ist der Begriff und die normative Forderung nach „Autonomie“[5], die einerseits das mündige Individuum in Gestalt einer verantwortlichen Selbstbestimmung und die andererseits die Gemeinschaft der mündigen Bürger und Bürgerinnen in der kollektiven Verantwortung für die res publica, für die gemeinsamen Angelegenheiten, entwickeln können und sollen.
Die zeitgenössische normative Demokratietheorie diskutiert in Fortsetzung des die Geschichte durchziehenden Tugenddiskurses[6] seit Jahren und kontrovers, über welche Kompetenzen diese mündigen Bürger und Bürgerinnen verfügen können müssten, welche habituelle Ausstattung von ihnen normativ erwartet und empirisch realisiert werden könnte, damit sie den funktionalen Anforderungen einer komplexen Demokratie innerhalb und neuerdings auch jenseits des Nationalstaates gerecht werden können.
Der auf Autonomie zielende Bildungsbegriff ist mit dem auf wirtschaftlich verwertbare oder auch politisch relevante Qualifikationen beschränkten Ausbildungsprozess nicht identisch, sondern letzterer kann allenfalls Teilaspekte des ersteren abdecken. Aber die in guter bildungshumanistischer[7] Tradition erhobene Forderung nach „Autonomie“ ist das Eine, die Schwierigkeit der Menschen unter heutigen gesellschaftlichen Bedingungen ganz allgemein, von Schülern und Studierenden im Besonderen, „Autonomie“ zu erfahren und zu erleben, ist das Andere. Nicht nur in der Schule und Universität stehen dem strukturelle Barrieren entgegen, sondern erst recht in der modernen, funktional ausdifferenzierten und zunehmend komplexen Gesellschaft, deren Demokratiemodell nicht mehr das der Polis sein kann. Wo Ausbildung und Bildung zukünftiger Bürger und Bürgerinnen nur die „Autonomie“ predigen, aber nicht realistisch über deren strukturbedingte Hindernisse informieren – da werden sie die zukünftige Enttäuschung mitproduzieren, die aus den Erfahrungen der Subjekte mit dem beschränkten Grad tatsächlich möglicher Autonomie schon in den Bildungsprozessen selbst und erst recht dann in der Gesellschaft resultieren.
Von deren Bildungsinstitutionen soll hier zunächst gesprochen werden, denn auf ihnen ruhen seit dem 19. Jahrhundert alle Hoffnungen, nicht nur die Gesellschaftsmitglieder zu Bürgern und Bürgerinnen zu qualifizieren und zu motivieren, sondern auch, ihnen dabei das Demokratieversprechen der Chancengleichheit zu gewähren.
Von Beginn der modernen Demokratie an bildet sich hier allerdings eine Ambivalenz zwischen den universalistischen Ansprüchen normativer Demokratie und des Bildungsgedankens einerseits und den funktionalen Erfordernissen und ihrer sozialen Umsetzung in institutionelle Praktiken andererseits heraus.
Schließlich steht am Beginn der modernen Demokratie die Minderheit des „gebildeten Publikums“ des 18. Jahrhunderts, das sich die bloß in Zeitschriften und Salons passiv rezipierende und „raisonnierende“ Rolle unter den Bedingungen des Spätabsolutismus nicht länger gefallen lassen will[8], allerdings zum Erfolg seiner Revolution auf die Unterstützung des ‚einfachen Volkes‘, des peuple, angewiesen war – das es gleichzeitig als Bedrohung seines hernach auf Zensuswahlrecht beruhenden Systems des repräsentativen Parlamentarismus und der konstitutionellen Monarchie wahrnahm[9].
Die Entwicklung der Institutionen der modernen parlamentarisch-repräsentativen Demokratie waren historisch im und seit dem frühen 19. Jahrhundert zunächst zweifellos auf die Interessenlage und soziale Bildungskompetenz bürgerlicher Kreise angelegt, die sich die kognitiven und habituellen Kompetenzen zur Praktizierung und allmählich auch Beherrschung dieses Regimetyps zutrauten. Auch der wachsende elektorale Erfolg der Arbeiterparteien änderte bis heute nichts grundsätzlich daran, dass Interesse und Verständnis, erst recht aber die praktische Mitwirkung an ihm solche in der Bevölkerung nur selektiv vorhandenen Kompetenzen[10] und Dispositionen erforderlich machen. Die Wahrnehmung des allgemeinen freien, gleichen und geheimen Wahlrechts stellt die einzige Ausnahme dar. Nicht nur hinsichtlich ihrer sozialen, sondern auch hinsichtlich ihrer bildungsmäßigen Voraussetzungen waren und sind deshalb alle bisherigen repräsentativen Demokratien in empirischer Perspektive Elitendemokratien gewesen. Das heißt aber in normativer Hinsicht: Es stellt sich nicht nur die Frage nach den Kompetenzen und habituellen Dispositionen der Bürger und Bürgerinnen, sondern auch die nach denen der politischen Eliten[11]. Dass sie im Konkurrenzkampf um Mandate legitimiert wurden, qualifiziert sie nicht automatisch auch zur umfassenden Wahrnehmung ihrer legislativen oder exekutiven Funktionen oder garantierte gar, dass sie sich als „Repräsentanten des ganzen Volkes“ verhielten.

Die Utopie der Bildungsgesellschaft
Die „Bildungsgesellschaft“, die Bundeskanzlerin Merkel propagierte, muss – als Anspruch ernst genommen – Utopie bleiben, weil zur Autonomie führende Bildung oft gar nicht das Ziel von Ausbildung und Erziehung ist und weil gesellschaftliche Verhältnisse, in denen sie sich für alle gleichermaßen realisierte, unrealisierbar erscheinen.
Hinsichtlich der normativ sowohl der Demokratie wie dem Bildungsprozess aufgegebenen Autonomie ist zunächst die paradoxe Ausgangssituation aller heute organisierten Bildungsprozesse in Schulen und Universitäten anzusprechen: Bildung soll sich als Ergebnis von Erziehung einstellen, für die ausgebildete und berufene Lehrer und Lehrerinnen in meist ziemlich starr gefügten Curricula Sorge zu tragen haben. Spätestens seit der Bologna-Prozess das universitäre Studium der Geistes- und Sozialwissenschaften mit bürokratisch radikaler Gründlichkeit in den letzten Jahren rapide umgestaltet hat, gilt auch in diesen Fakultäten, was in den technischen und naturwissenschaftlichen Disziplinen, was wohl auch in der Juristerei und Medizin schon lange gang und gäbe war. Materiale Bestimmungen von Prüfungsordnungen, obligatorische Studienverlaufspläne, Standardlehrbücher und routinisierte Massenvorlesungen, nunmehr auch die einzelne Lehrende in Seminaren bindenden „Modulbeschreibungen“ normieren und steuern bis ins Detail den Studienverlauf von in „Jahrgängen“ als Lernkohorten zusammengefassten und mehr oder weniger gut betreuten Studierenden. Deren „Studium“ wird in Gestalt eines Quantums an Zeit geplant, veranstaltet und gemessen und damit dem schon von Marx im „Kapital“ zu Grunde gelegten Maßstab unterworfen: Der gesellschaftlich notwendigen Durchschnittszeit verausgabter Arbeitskraft in der Produktion entspricht nun die quantitativ bestimmte „workload“[12], in der der individuelle Bildungsprozess der Studierenden geschehen soll. „Creditpoints“ oder deutsch „Leistungspunkte“ gibt es für jeweils ca.

30 geleistete Arbeitsstunden – unabhängig von der Qualität des erworbenen Wissens oder der gemachten Erfahrung auf Seiten der individuellen Studierenden. Ein Bachelor-Zertifikat erwirbt man durch den Erwerb von 120, den Master-Titel nach Erwerb von 180 creditpoints. Oskar Negt beklagte bereits vor 40 Jahren am Beispiel des staatlichen Schulsystems: „Man kann im Zusammenhang der Veränderungen des pädagogischen Arbeitsprozesses mit Recht von einer Taylorisierung der Ausbildung, von der genauen Bestimmung des Arbeitseinsatzes pro Zeiteinheit sprechen“ und schrieb weiter über die zunehmende „Betriebsförmigkeit der Bildungsinstitutionen, die leistungsdifferenzierten Unterricht und objektivierte Kontrollen ermöglichen“[13]. Nachdenklich sollte heute stimmen, dass in der komplexe Technologie produzierenden Industrie und den darauf bezogenen Managementlehren aber längst nicht mehr der „Taylorisierung“ gehuldigt wird.
Genau das scheinen aber das Denken und der Anspruch zu sein, die, angefangen von den heute die Universitäten als CEOs steuernden Präsidenten und ihrer Zentralverwaltung über die Akkreditierungsagenturen und den Wissenschaftsrat bis hin zu den zuständigen Ministerien, alle ständig rhetorisch verbreiten und zu verwirklichen suchen. Das Standing einer Universität in der Lehre ergibt sich danach aus dem Grad der Effektivität, mit dem „output“ in Form von Zertifikaten für Bildungsabschlüsse erreicht wird: Absolventenquote und Durchschnittsdauer sind dafür die entscheidenden Parameter; letztlich geht es um Kosten pro Absolvent[14].
Aus der Perspektive der Studierenden betrachtet kann sich in einem so starr veranstalteten Ausbildungs- und Erziehungssystem Autonomie nur als Verweigerung, Widerstand oder in einer die vorgegebenen Anforderungen noch übertreffenden Spitzenleistung äußern. Man wird außerdem davon ausgehen müssen, dass die immer noch beträchtlichen – manche behaupten gar, mit Bologna gestiegenen – Zahlen der „dropouts“, jener also, die vom System allein als Scheiternde wahrgenommen werden, auch solche mitzählen, die eigentlich den Anforderungen gewachsen wären, die aber den Sinn dieser Art Massenausbildung für sich nicht mehr erkennen können. Auch in diesem „Scheitern“ kann sich also der Anspruch und die Praktizierung von Autonomie verbergen, auf die alle Bildung zielt – womit nicht gesagt werden soll, dass sich in jedem Studienabbruch Autonomie ereignet, denn das oft beschworene „erfolgreiche Scheitern“ von Studierenden besteht aus der Sicht von (Aus-)Bildungstechnokraten ja nur in dem Erreichen einer gewissen Arbeits- und Einkommensposition.
Schon in ganz funktionalistischer Perspektive auf die gestiegenen Anforderungen der technischen, wirtschaftlichen und organisatorischen Reproduktion und erst recht auf die erfolgreiche Behauptung im internationalen Standortwettbewerb ist es fraglich, ob mit einem solchen auf die formale Erreichung von Ausbildungszielen getrimmten Schul- und Universitätssystem den komplexen Anforderungen einer moderne Gesellschaft genüge getan wird. Schon vor 40 Jahren bemerkte dazu Oskar Negt mit Bezug auf die „Bildungskatastrophe“, in die die alte Bundesrepublik trotz „Wirtschaftswunder“ im Laufe der sechziger Jahre geraten war: „Die Verwissenschaftlichung der Produktionsprozesse[15] verändert jedoch nicht nur den Umfang der zu verarbeitenden Informationen, sondern auch ihre Qualität. Die Umsetzung technisch hoch spezialisierten und komprimierten Wissens in den durch vorausgegangene Erziehung und verwissenschaftlichte Erfahrung geprägten Verstehenshorizont handelnder Individuen wird selbst zu einem wissenschaftlichen Problem“[16].
Diesem „wissenschaftlichen Problem“ steht heute auch die Lehre an Schulen und Universitäten gegenüber, ohne dass die herkömmlichen Modelle schulischer Didaktik und die eher wieder in den Hintergrund getretenen Erfahrungen mit der Hochschuldidaktik darauf einfache und praktikable Antworten bereit hielten. Der ständig weiter wachsenden Komplexität funktionaler, technischer und organisatorischer Zusammenhänge wachsen nicht automatisch effektive Möglichkeiten der entsprechenden Schulung und Ausbildung von allen Individuen nach. Es besteht die schon seit Längerem zu beobachtende Gefahr, dass eine gewisse und wohl zunehmende Zahl von Individuen selbst auf der einfachsten noch verfügbaren Qualifikationsstufe, die zur beruflichen und darüber hinaus gesellschaftlichen Teilhabe heute notwendig wäre, buchstäblich abgehängt wird. Der „Bundesverband Alphabetisierung“ geht von mindestens 4 Millionen „funktionalen Analphabeten“ und einer viel größeren Zahl „relativer Analphabeten“ aus, die „sich durch alle gesellschaftlichen Schichten, bis hinauf in die Welt von Studenten und Managern“ finden[17]. „Relative Analphabeten“ sind nicht mehr in der Lage, die Inhalte komplexerer Texte, wie sie etwa philosophische oder sozialwissenschaftliche Aufsätze darstellen, lesend zu erfassen. Die Schulbuchverlage arbeiten dieser Tendenz noch entgegen, indem sie Lesebuchreihen wie „Einfach klassisch“, in denen Theaterstücke von Shakespeare bis Kleist und Romane von Fontane bis Grass in der Art von „Readers Digest“ gekürzt und „vereinfacht“ werden, mit Genehmigung der staatlichen Schulaufsicht in den Unterricht einspeisen. Zu Recht macht das Dossier der Zeitschrift „Die Zeit“ dagegen Front, die Klage über die abnehmende Lesefähigkeit als bloße bildungsbürgerliche Jammerei abzuwehren, weil es heute kaum noch Berufe gibt, die ohne routinierte Lesefähigkeit ausgeübt werden können. Oft wird der vermeintlich überholten Lesegesellschaft die heute angemessene Informations- und Computergesellschaft gegenüber gestellt. Richtig daran ist: In vielen Berufen vom einfachen Lagerarbeiter bis zum Reinigungspersonal in Großbetrieben ist heute der Umgang mit Computern selbstverständlich – aber wer nicht lesen kann, kann sie auch nicht bedienen und erst recht nicht sich des im Internet heute angeblich allgemein zugänglichen Datenpools als Informationsquelle bedienen. Für viele, für eine wachsende Zahl von Menschen beginnt heute die Exklusion aus der gesellschaftlichen Teilhabe bereits an den Fahrkartenautomaten der Deutschen Bahn.
Aber Negt hatte schon damals nicht nur das Problem der beruflichen Teilhabe an der modernen wissenschaftsbasierten und hoch technologisierten Gesellschaft als „wissenschaftliches Problem“ vor Augen, sondern auch die daraus resultierende Gefahr für die Demokratie: Die „praktische Lösung ist entscheidend für die Existenz einer demokratischen Gesellschaftsordnung, denn von der Reduktion komplexer Informationen (z. B. naturwissenschaftlicher, ökonomischer und militärischer Art) auf wesentliche, alternativ formulierte politische Positionen hängt heute in letzter Instanz die Möglichkeit demokratischer Kontrollen administrativer und bürokratischer Entscheidungen ab“[18]. Und was für die Kontrolle schon gilt, muss in noch viel weiter reichendem Maße für die demokratische Teilhabe gelten, nämlich wie es der ehemalige Verfassungsrichter Ernst
W. Böckenförde prägnant formuliert: „Analphabetismus ist der Feind jeder Demokratie“[19].
Und damit sind wir beim zweiten und eigentlichen Paradox angelangt, das für den Zusammenhang von Demokratie und Bildung konstitutiv ist und sich heute in wachsender Schärfe zeigt: Während die Demokratie alle Bürger und Bürgerinnen in rechtlicher und politischer Hinsicht normativ gleichzustellen sucht und damit historisch betrachtet keine geringen Erfolge verzeichnen kann, verstärkt und erzeugt das Bildungssystem nach seiner eigenen inneren Logik Ungleichheiten in der Leistungsfähigkeit und damit in den Chancen zur beruflichen und gesellschaftlichen Teilhabe. Das wird in der überwiegend normativ geführten bildungspolitischen Debatte oft unterschlagen und damit gerät die übliche Rede von der Chancengleichheit zur Ideologie, wenn sie so tut, als sei die Ungleichheit der Chancen lediglich außerhalb des Bildungssystems verursacht und könnte in einem entsprechend ausgestatteten und funktionierenden Bildungssystem zum Verschwinden gebracht werden. Ich nenne diese den Untergrund vieler pädagogischer und bildungspolitischer Beiträge grundierenden Gedanken die Utopie der Bildungsgesellschaft.
Dass Ausbildung und Bildung Chancen erhöhen ist danach heute das entscheidende Legitimationskriterium einer demokratischen Leistungs- und Wettbewerbsgesellschaft und die eigentliche Begründung dafür, warum das Bildungssystem insgesamt als staatlich Aufgabe des modernen Wohlfahrtstaates unbestritten ist. Post und Bahn und manches andere kann man eventuell privatisieren und dem Markt überlassen, aber das System, das angeblich entscheidend für die gerechte Zuteilung von Lebenschancen ist, soll gerade in einer sich an Gleichheit orientierenden Demokratie staatlich oder zumindest unter staatlicher Aufsicht bleiben. Danach ist es gerade das gut funktionierende Bildungssystem, dass das aus unterschiedlicher sozialer Herkunft stammende unterschiedliche Startkapital der Schüler und Studentinnen ausgleicht oder wenigstens kompensiert, das also Chancengleichheit gegenüber der differenzierten sozialen Herkunft aus unterschiedlich ausgestatteten Milieus erhöht. Daran ist fast alles richtig – jedenfalls der Möglichkeit nach, wenn man bedenkt, in welch erschreckendem Ausmaß sich besonders in Deutschland der Bildungsstatus von den Eltern auf die Kinder „vererbt“. Jeder Blick auf das Ausland zeigt im Vergleich mit fast allen entwickelten Gesellschaften, dass und wie im hiesigen Bildungssystem Kindern aus so genannten „bildungsfernen“ Milieus in weit höherem Maße als unvermeidbar Bildungs- und damit auch Aufstiegschancen versagt bleiben. Die damit nicht ausgeschöpfte „Bildungsreserve“ ist auch volkswirtschaftlich ein Problem – und für manche Beiträge in der öffentlichen Debatte mag das sogar die wichtigere Motivation abgeben, für eine Verbesserung der Chancengleichheit einzutreten.
Auf keinen Fall darf also mein jetzt weiter ausgeführter Verweis auf die ideologische Schlagseite der vorherrschenden bildungspolitischen Debatte, auf die weit verbreitete Utopie der Bildung dafür missbraucht werden, die Verbesserung der internen und externen Chancengleichheit im deutschen Bildungssystem zu unterminieren. Ideologisch wird aber der bildungspolitische Diskurs dann, wenn er die bereits angeführte interne Logik von Ausbildungs- und Bildungsprozessen ausblendet oder leugnet, nach der Bildungsprozesse selbst notwendig Differenzen und Ungleichheit erzeugen, die in ihrer Wirkung wiederum nicht auf das Bildungssystem beschränkt bleiben. Mit der Behauptung einer selektiven Eigenlogik von Selektionsprozessen ist nicht die bereits oben[20] mit Niklas Luhmann erwähnte Problematik der „sozialen Selektion“ angesprochen, die das Erziehungssystem empirisch zweifellos in der modernen Gesellschaft ausübt, in der nicht Stand oder Geld, sondern zumeist Bildungszertifikate über den Zugang zu weiterführenden Schulen, Meisterkursen, Universitäten und nach deren Abschluss zu bestimmten Berufen wie (selbständigem) Elektriker oder Metzger oder zu Rechtsanwälten, Ärzten oder Lehrern entscheiden[21]. Gerade deshalb ist Chancengleichheit beim Zugang und innerhalb des Erziehungs- und Bildungssystems so ein zentraler Wert. Aber indem eine Gesellschaft die Zuweisung gesellschaftlicher Berufspositionen wiederum zumeist an den Erfolg koppelt, den das Individuum innerhalb dieses Systems und nach dessen Binnenkriterien realisiert, bestätigt sich zugleich, dass auch bei völliger Chancengleichheit des Zugangs und während des Erziehungs- oder Ausbildungsganges ein Leistungswettbewerb abläuft, der auf Differenzierungs- und Selektionsprozessen beruht, die in Noten und akademischen Graden als Signal an die Gesellschaft und besonders den Arbeitsmarkt ihren Ausdruck finden.
Erziehungs- und Ausbildungsprozesse erzeugen also unvermeidbar Ungleichheiten des Wissens, der Kompetenz des weiteren Wissenserwerbs und damit schließlich des Urteilsvermögens. Bildungsprozesse, die auf Autonomie beruhen und abzielen, verstärken noch diese Konsequenz organisierter Erziehung und Ausbildung.
Das muss unvermeidbar auch Konsequenzen für die praktische Umsetzung des demokratischen Ideals haben.

Die Utopie der egalitären partizipativen Demokratie
Die „egalitäre partizipative Demokratie“ muss auch deshalb Utopie bleiben, weil die durch Bildung zu erwerbenden kognitiven Ressourcen und habituellen Dispositionen stets ungleich verteilt bleiben werden.
Der bereits angesprochene universalistische Charakter der modernen Idee der Demokratie als Mittel der politischen Verwirklichung der „gleichen Freiheit aller Bürger“[22], wie er in den berühmten Gründungsdokumenten der US-amerikanischen und Französischen Revolution postuliert wurde, hat in den späten sechziger und vor allem dann siebziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts eine öffentlichkeitswirksame Renaissance erfahren – teilweise sogar den revolutionären Impetus ihrer historischen Gründung wiederbelebend – die bis heute vor allem in der politikwissenschaftlichen und philosophischen Literatur zur normativen Demokratietheorie tiefe Spuren hinterlässt. Während seit dem Ende des Ersten Weltkrieges und vor allem dann nach dem Ende des Zweiten überall in den ‚westlichen Demokratien‘ mehr oder weniger autoritäre Formen „demokratischer Elitenherrschaft“[23] auf der Basis präsidentieller oder parlamentarischer, repräsentativer Regierungssysteme praktiziert wurden, kam, auf dem Hintergrund eines beschleunigten soziokulturellen Wandels und nicht zuletzt der überall aufgrund der damals so genannten „wissenschaftlich-technologischen Revolution“ notwendig gewordenen quantitativen ‚Bildungsexpansion'[24], die wachsende Forderung nach gesellschaftlicher und politischer Partizipation auf. In Deutschland fand sie ihren stärksten Ausdruck in der nach der Regierungserklärung Willy Brandts 1969 populär gewordenen Forderung nach einer „Demokratisierung aller Lebensbereiche“[25], von der Familie über die Schulen und Hochschulen bis zur Wirtschaft. In den siebziger Jahren wurden in Westdeutschland tatsächlich in manchen Bereichen wie den Hochschulen und Wirtschaftsbetrieben auf gesetzlicher Grundlage Mitbestimmungsmodelle[26] installiert und in vielen anderen Bereichen mehr oder weniger enthusiastisch informell ausgehandelt und praktiziert. Empirische Studien und internationale Vergleiche zeigen, dass damals quantitativ und qualitativ die gesellschaftliche und politische Partizipation rasch anwuchs. Im politischen Alltag zeigte sich das in damals so genannten „Bürgerinitiativen“, etwas später in der Vielfalt von Neuen Sozialen Bewegungen und insgesamt in der Zunahme von politischem Protest und Demonstrationen[27].
Ein Ergebnis dieser geistigen und praktischen Mobilisierung im Namen der partizipativen Demokratie war die gegen die exklusiv auf den Bereich der repräsentativen Demokratie beschränkte demokratische Elitenherrschaft gerichtete Formel von der „Demokratie als Lebensform“[28], die zum Teil in der aus der APO der sechziger Jahre stammenden Forderung der „Politisierung des Privaten“ problematische Formen annahm, aber vor allem im Kontext der neuen Frauenbewegung und des Feminismus auch ein emanzipatorisches Potential wirksam entfaltete[29].
Innerhalb des westdeutschen Bildungssystems schlug sich diese Mobilisierung ebenfalls folgenreich nieder. Dazu können hier nur zwei Aspekte hervorgehoben werden. Erstens wuchs bei gesellschaftlichen und politischen Akteuren das Bewusstsein, dass das Bildungs- und Erziehungssystem nicht nur individuelle Aufstiegs- und Karrierechancen und insgesamt gesamtgesellschaftlich verwertbares Humankapital erzeugen konnte, sondern unter Umständen auch für die Festigung und den Ausbau demokratieförderlicher Kompetenzen und Einstellungen bedeutsam sei. Dafür war es aber notwendig, auf allen Ebenen inhaltliche und strukturelle Voraussetzungen zu schaffen, die eine solche Ausbildung zur demokratischen Bürgerrolle – heute spricht man von civic oder citizenship education durch eine „demokratiepädagogische Praxis“[30] – ermöglichen konnten. Seitdem wurde viel experimentiert, und noch viel mehr wurden Konzepte, Modelle und Theorien im Bereich von Politikwissenschaft, Pädagogik und Didaktik der Politischen Bildung entwickelt und zum Teil in heftigen Kontroversen gegeneinander ins Feld geführt. Die wissenschaftliche Literatur reflektierte in hohem Maße die gesellschaftlichen und politischen Kontroversen, die im politischen Spektrum zwischen den Parteien, aber auch zwischen den Organisationen gesellschaftlicher Kräfte von den Arbeitgebern über die Gewerkschaften bis zu den Kirchen ausgetragen wurden.
Übersieht man die Entwicklung der letzten 40 Jahre im Ganzen, so hat sich in Schulen und Hochschulen gewiss sehr viel verändert und insgesamt dürfte vor allem in den Schulen das soziale Klima und Lernumfeld sehr viel weniger autoritär und weniger allein auf kognitive Instruktion orientiert worden sein als vor Beginn dieser Veränderungsphase. Dass man das für den ‚Unterricht‘ an den Universitäten auch so generell sagen könnte, werden seit der Einführung der BA-und MA-Programme im Zuge des Bologna-Prozesses und dem Rückbau der in den siebziger Jahren durchgesetzten Mitbestimmungs- und Selbstverwaltungsrechte allerdings viele bezweifeln. Wenn nicht autoritärer, so ist die Lehr- und Vermittlungspraxis an den Hochschulen im Zuge dieser Reformen zumindest technokratischer geworden, sie überbetont die inzwischen oft Powerpoint gestützte Instruktion in Massenvorlesungen gegenüber der Bildungsprozesse zuallererst ermöglichenden Seminarpraxis des angeleiteten Selbststudiums.
Auch hinsichtlich der Schulen wird man allerdings davon ausgehen müssen, dass im Großen und Ganzen immer noch der Experimentcharakter demokratischer Schulentwicklung[31] überwiegt, was nichts anderes heißt, als dass die oben angesprochenen ausgearbeiteten Konzepte nur hier und da, aber nicht regelmäßig den Schulalltag bestimmen. Dort herrschen heute – gerade auch in den Probleme kumulierenden Großstadtschulen – oft ganz andere Zustände, hinter denen die Pläne und Möglichkeiten einer Demokratisierung der Schul- und Unterrichtspraxis zurücktreten.
Die trotz aller wissenschaftlich und pädagogisch befürwortenden Expertise unvollkommene Umsetzung anspruchsvoller Konzepte demokratischer Schulentwicklung in den letzten Jahrzehnten dürfte kaum zu bestreiten sein. Die Frage so zu stellen unterstellt aber stillschweigend, dass es nur politische und soziale Umstände, wenn nicht gar Widerstände sind, die einer solchen Umsetzung in die Praxis bisher entgegenstanden. Für eine solche Unterstellung gibt die Geschichte der Schulpolitik, die nach der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes fast ausschließlich Angelegenheit der inzwischen 16 Landesregierungen ist, von dem heftigen Streit um die Hessischen Rahmenrichtlinien zu Anfang der siebziger Jahre bis zu dem aktuellen Konflikt um die Schulreform in Hamburg 2009 gewiss Anlass. Schulpolitik insgesamt, der Streit um die Konzeption und die Inhalte politischer Bildung sind ein bevorzugtes Terrain für den politischen Rechts-Links-Konflikt; hier scheinen die klassischen Fronten bürgerlicher Besitzstandswahrung gegen aufstrebende Konkurrenten aus der Unterschicht – und die wachsende Zahl qualifizierter Frauen – noch am längsten zu funktionieren.
Im Hinblick auf den behaupteten konstitutiven Zusammenhang von Demokratie und Bildung könnte dieser übliche Blick auf die politische und interessenbedingte Verhinderung Demokratie fördernder Praxis in Schulen und Universitäten allerdings wiederum den Blick darauf verstellen, dass sich auch hinter dem solche Forderungen begründenden Konzept partizipativer Demokratie ein Stück Utopie verbirgt.
Grundsätzlich muss man gegen die häufige Verwendung des Demokratiebegriffs in diesem Zusammenhang auf die für Ausbildungs- und Erziehungsprozesse funktional notwendige Autorität des Lehrpersonals verweisen, die mehr umfasst als seinen kognitiven Vorsprung, nämlich auch für erfolgreiche Lernprozesse notwendige affektive und dispositive Anerkennungsbereitschaft auf Seiten der Lernenden. Die Probleme weiblichen Lehrpersonals, diese Anerkennung angesichts des kulturellen Sozialisationshintergrundes mancher männlicher Schülergruppen selbst in Grundschulen zu finden, sind als Ursache scheiternder Lehr- und Lernverhältnisse bekannt. Aber auch Bildungsprozesse an der Universität, die auf autonomem Lernen beruhen sollen und auf Autonomie zielen, können nicht gänzlich auf funktionale Autorität verzichten oder sie erst im Zuge der notwendigen Prüfungen ins Spiel bringen. Weder in Ausbildungs- und Erziehungsprozessen noch in höheren Instituten, die vordringlich der Bildung dienen sollen, herrschen die für die politische Demokratie notwendigen Voraussetzungen der Gleichheit der Beteiligten. Man denke nur an die in der normativen Demokratietheorie zentrale Funktion der demokratischen Öffentlichkeit des „Agenda-settings“, wonach sich die Bürgerschaft als Autor wie Adressat der praktizierten Regeln begreifen können soll[32], um zu sehen, dass – etwa bei der Bestimmung der Ausbildungs- und Erziehungsziele, aber letztlich auch bei der Bestimmung der Kriterien, was als Bildungsergebnis Anerkennung verlangen können soll – verschiedene Formen der Mitbestimmung denkbar und praktizierbar sind, aber letztlich keine Gleichheit wie zwischen demokratischen Rechtsgenossen, also Bürgern und Bürgerinnen, herrschen kann.
Noberto Bobbio, der bedeutende sozialliberale Theoretiker der Demokratie, schrieb zuerst vor 25 Jahren, auf dem Höhepunkt der Akzeptanz der politischen Utopie egalitärer partizipativer Demokratie in der Absicht aufklärerischer Ent-Täuschung über die sechs „nicht eingehaltenen Versprechen der Demokratie“[33], die ich in meinen Worten so zusammenfasse: (1) wegen des – auch normativ wünschbaren – modernen Individualismus kann es die normativ unterstellte homogene Basis der Demokratie nicht mehr geben, sondern nur die Polyarchie dezentraler Gruppenrepräsentation; (2) das bedeutet den endgültigen Sieg der Gruppenrepräsentation partikularer Interessen über die des bonum commune; (3) daraus folgt die funktionale Bedeutung von politischen Eliten, „die sich zur Wahl vorschlagen“ und – immerhin – nicht „mit Gewalt aufdrängen“; (4) solange „die beiden großen Blöcke einer Macht von oben, die Unternehmen und der Verwaltungsapparat“ aber nicht demokratisiert sind, d. h. durch Wahlen ihrer Eliten kontrolliert werden, solange „kann der Prozess der Demokratisierung noch nicht als abgeschlossen gelten“; (5) unerfüllt auch die Forderung nach „Öffentlichkeit aller Regierungsakte“ und (6) schließlich – im Zusammenhang dieses Textes zentral – die „Erziehung zur Demokratie“, durch Förderung „der Tugend, verstanden als Liebe zur öffentlichen Sache“[34]. Man sieht, dass die von den Versprechen der Demokratie abweichende gesellschaftliche Entwicklung[35] auch bereits intern zu Widersprüchen, z. B. zwischen den Nummern (1) – (3) und (6) führen musste. „Waren das Versprechen, die eingehalten werden konnten?“ fragt Bobbio und antwortet: „Ich würde sagen, nein“ und gibt dafür als Begründung an: Es wurde „das politische Projekt der Demokratie doch für eine Gesellschaft von so viel geringerer Komplexität entworfen, als es die heutigen Gesellschaften sind“[36].

„Nichtsdestotrotz“[37]
Eine gegen ‚Sonntagsreden‘ in Politik wie politischer Bildung gerichtete Aufklärung über die Skepsis, mit der heute die überkommenen und teils utopischen Ideale von „Bildung“ und „Demokratie“ wahrgenommen zu werden verdienten, kann leicht als defätistische Affirmation der gegenwärtigen Misere, in der sich in Deutschland Ausbildungs- wie Bildungsinstitutionen befinden, missverstanden und missbraucht werden. Das bekäme beiden schlecht. Aber eine Bildungs- und Demokratieideologie, deren Postulate ständig an den Erfahrungen der Beteiligten in der Praxis scheitern und durch sie geradezu zwangsläufig widerlegt werden müssen, führt unvermeidlich in beiden Bereichen zu Apathie oder Zynismus. Eine politische Bildung die so verfährt trägt ungewollt zur Verstärkung der Misere bei.
Dagegen hilft nur die paradoxe Strategie eines normativ geleiteten Realismus und Pragmatismus, der mit der uneingeschränkten kognitiven Vermittlung dessen was tatsächlich der Fall ist – im Bildungssystem wie in der wirklichen Demokratie – beginnt und die darin existierenden Probleme zu identifizieren sucht. Schon in der kognitiven Dimension werden sich signifikante Unterschiede ergeben: Die repräsentativen Daten über die schieren Kenntnisse der Grundlagen unseres Regierungssystems können nur erschrecken[38]. Ohne ausreichende Kenntnisse gibt es aber weder politisches Urteilsvermögen noch realistische Partizipationschancen. In der Diskussion über die Wahrnehmung dessen, was als „Problem“ erkannt und gemeinsam bestimmt wird, erst recht bei der Suche nach Lösungen, wird sich erneut die auch durch Ausbildungs- und Bildungsprozesse selbst erzeugte Differenz und Pluralität bemerkbar machen, die – solange und wo die gleiche Freiheit der Individuen als normatives Prinzip anerkannt bleibt – nur durch gelingenden Kompromiss[39] oder anerkannte Mehrheitsentscheidung praktisch fruchtbar gemacht werden kann. Die Annahme, dass aber diese Anerkennung der normativen Minimalvoraussetzung welcher Realisierungsform der Demokratie auch immer allein als Folge der kognitiven Vermittlung ihres normativen und institutionellen Gehalts regelmäßig eintritt, grenzt in der Praxis bereits wiederum an Utopie. Dass ihr nach philosophisch begründetem demokratischem Selbstverständnis angesichts ihres reklamierten Universalitätsanspruches alle schließlich zustimmen können müssten, verwechselt nach einem berühmten Diktum Richard Rortys wahrheitsbasierte Philosophie mit meinungs- oder gar interessenbasierter Politik[40].
Politisch und praktisch reicht es deshalb auch aus, für die Perpetuierung der Demokratie eine entsprechend kognitiv gerüstete und normativ disponierte politische Elite zu reproduzieren, die in der Gesellschaft als solche anerkannt wird und die das demokratische Regierungssystem offen, oder mehr noch einladend für jene gestaltet, die sich damit bisher nicht identifizieren konnten oder daran beteiligen wollten.

[1] Zit. nach Süddeutsche Zeitung Nr. 252/ 2009, S. 11.

[2] Bei Adam Ferguson, Abhandlung über die Geschichte der bürgerlichen Gesellschaft, Jena 1923 (zuerst 1767), heißt es u. a., dass „die Gesellschaft als eine Schule der Wissenschaft betrachtet werden kann“ (248) und dass die „am meisten in die Augen fallenden Äußerungen der Einbildungskraft… durch die Gegenwart und den Wechselverkehr der Menschen angeregt“ würden; „am stärksten, wenn sie durch das Wirken ihrer Haupttriebfedern, durch Wetteifer, Freundschaft und jene Gegensätze, die im Schoße eines vorgeschrittenen und strebsamen Volkes bestehen, in der Seele hervorgerufen werden. In Mitten der großen Chancen, die eine freie und selbst eine zügellose Gesellschaft in Bewegung setzen, werden ihre Glieder zu jeder Anstrengung fähig“ (250).

[3] Hartwig von Hentig, Bildung, Darmstadt 1996, 30.

[4] Auch der Systemtheoretiker Niklas Luhmann sieht darin den Unterschied zwischen dem Alltag der „Erziehung“ in Schule und Institutionen und der dazu in „eigentümlicher Distanz“ stehenden „Reflexionsidee Bildung“; während die Funktion ersterer „soziale Selektion… Zuweisung von Positionen innerhalb und außerhalb des (Erziehungs-)Systems ist, verweist die Semantik von „Bildung“ nach Luhmann auf menschliche Vervollkommnung… ohne Rücksicht auf Selektionsprozesse“: „Wenn die Pädagogik, was sie im Menschen vorfindet, vervollkommnen will, bestünde also aller Anlass, von der Eigenart einer nicht-trivialen Maschine auszugehen… Das hieße vor allem: den Spielraum des ‚Selbst‘ in seiner Entwicklung auf die Beziehung von Selbst und (Erziehungs-) Programm zu vergrößern und mehr Freiheit, das heißt mehr Unzuverlässigkeit zu erzeugen“; Niklas Luhmann, „Bildung und Selektion im Erziehungssystem“, in: Ders., Soziologische Aufklärung 4, Opladen 1987, 182 – 201, 187 und 192f (die Klammern von mir hinzugefügt).

[5] Hinsichtlich des Individuums ist stattdessen auch von „Mündigkeit“ – wie bei Kant in seiner berühmten Antwort auf die Frage „Was ist Aufklärung?“ – die Rede; das Grundgesetz beschreibt diesen normativen Gedanken in Art 2 als das „Recht auf freie Entfaltung seiner Persönlichkeit“ jedes Individuums; im Grundgesetzkommentar von Ingo von Münch/Philip Kunig, 5. Aufl. München 2000, Bd. 1, 127, wird das mit „der Autonomie des einzelnen“ umschrieben; der kollektive Ausdruck davon ist die in Art. 20 (2) GG enthaltene Ausgestaltung der „Volkssouveränität“.

[6] „Tugend ist in dieser Bedeutungsdimension ein unspezifisch gebrauchter Begriff und umfasst kognitive, prozedurale und affektive Momente“, schreibt Hubertus Buchstein, „Die Zumutungen der Demokratie“, in: Ders., Demokratietheorie in der Kontroverse, Baden-Baden 2009, 73 – 105, 80, und gibt einen guten Überblick über die verschiedenen politikwissenschaftlichen Lösungsansätze; um deren Vermittlung in den Bereich der schulischen Politischen Bildung macht sich Gerhard Himmelmann, Demokratie Lernen als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform, Schwalbach/Ts. 2. überarb. Auflage 2005, verdient.

[7] Als markantester Vertreter kann heute immer noch Hartwig von Hentig gelten, der in seinem Buch „Bildung“, ebd., 12, feststellte: „Alle Bildung ist politische Bildung: eine kontinuierliche, zugleich gestufte Einführung in der polis“ und der dann in einem weiteren Buch „Die Schule neu denken“, Weinheim 2003, die „Schule als Polis“ zu konzipieren sucht.

[8] Siehe die klassische Darstellung bei Jürgen Habermas, Strukturwandel der Öffentlichkeit, Neuwied und Berlin 1962.

[9] Luiciano Canfora , Eine kurze Geschichte der Demokratie, Köln 2004, 88, schreibt z.B. über Benjamin Constant, einen der nachträglich stilisierten Heroen des demokratischen Liberalismus: „Für Liberale wie Constant jedoch ging es nicht in erster Linie um eine Ausweitung des Wahlrechts (geschweige denn um die ‚radikale‘ Forderung nach einem allgemeinen Wahlrecht, das bis dahin nur in der kurzlebigen Verfassung des Jahres II sanktioniert worden war). sondern nur um die Pressefreiheit… als Instrument einer gut gerüsteten parlamentarischen Minderheit… im Rahmen eines Zensuswahlrecht, das die politische Mitwirkung ungeniert auf eine oligarchische Elite beschränkte“.

[10] Die Parole „Wissen ist Macht“ geht u.a. auch auf Ferdinand Lassalle zurück.

[11] Am Beispiel der zu großen Teilen gegenüber der Weimarer Republik und ihrer demokratischen Verfassung illoyalen Eliten ist diese Diskussion immer selbstverständlich gewesen.

[12] In der Sprache der international agierenden Bildungstechnokraten natürlich nur noch als englischer Begriff eingeführt.

[13] Oskar Negt, Schule als Erfahrungsprozess (1975). in: Ders., Keine Demokratie ohne Sozialismus, Frankfurt am Main 1976, 387.

[14] Man müsste hier auch von dem Übergang der C-Besoldung auf die W-Besoldung bei den Professuren sprechen und davon, dass inzwischen ein ständig wachsender Anteil von Lehre und Prüfungen von spezialisierten und schlecht bezahlten Modullehrbeauftragten ohne feste Anstellung erledigt wird: in allem kommt der Geist ökonomischer Rationalisierung des Bildungssystems zum Ausdruck – der aber der eigenen Rationalität von Bildungsprozessen nicht zuarbeitet, sondern sie unterminiert.

[15] Negt ging es in seinem Text um Arbeiterbildung; unter heutigen Bedingungen wäre über die „Produktionsprozesse“ hinaus von der „Verwissenschaftlichung“ praktisch aller Lebensbereiche auszugehen; man denke als Beispiel nur an die Anforderungen der Eltern zur Erziehung ihrer Kinder, die ihnen – gespeist durch zahlreiche Wissenschaften – in nicht mehr überschaubarer Ratgeberliteratur und durch die Massenmedien vermittelt werden; natürlich wirken auch hier die kulturellen und sozialen Barrieren des Zugangs und Umgangs mit diesem Wissen höchst selektiv auf die Lebenschancen der Kinder aus.

[16] Oskar Negt, Plädoyer für einen neuen Bildungsbegriff (1970), in: Ders., Keine Demokratie ohne Sozialismus, Frankfurt am Main, 1976, 364.

[17] Zit. nach „Die Zeit“ Nr. 47, November 2009 (Dossier „Ein Land verlernt das Lesen“)

[18] Negt, ebd. 346.

[19] Ernst W. Böckenförde, Demokratie als Verfassungsprinzip, in: Josef Isensee/Paul Kirchhof (hrsg.), Handbuch des Staatsrechts, Bd.1, Heidelberg 1987, 887 – 952, 931.

[20] Siehe Fußnote 4.

[21] Die zunehmende Entberuflichung der modernen Arbeitswelt und andere Prozesse relativeren allerdings in wachsendem Maße diese nur in der Utopie einer Bildungsgesellschaft allein dem Erziehungs- und Bildungssystem zukommende Funktion; heute gibt es – zum Beispiel über den Sport oder allgemeiner die über Massenmedien vermittelte ‚Prominenz‘ – andere Wege zu gesellschaftlicher Anerkennung, also sozialem Status und Einkommen; zur Frage, ob man dies zur gesellschaftlichen ‚Elite‘ rechnen sollte, siehe im Folgenden.

[22] Historisch korrekt, noch ohne die heute angemessene weibliche Form; Philosophisch findet sich diese Idee klassisch als Rechtsidee bei Kant 1797 in der „Metaphysik der Sitten“, Einleitung, §§ B und C ausformuliert: die gleiche Freiheit herrscht danach, wenn „die Freiheit oder Willkür eines jeden mit jedermanns Freiheit nach einem allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann“; sie findet ihre institutionelle Umsetzung vor allem durch Volkssouveränität, Gesetzesherrschaft, Gleichheit vor dem Gesetz und in der politischen Mitbestimmung (Freiheit und Gleichheit der Wahl).

[23] Siehe die in den siebziger Jahren populär rezipierte Kritik daran bei Peter Bachrach, Die Theorie demokratischer Elitenherrschaft, Frankfurt am Main 1970, nach der „Demokratie“ lediglich eine „Methode der Elitenrekrutierung vermittels eines Konkurrenzkampfes um Wählerstimmen“ sei, wie sie unter dem Einfluss Max Webers von Joseph A. Schumpeter in seinem Buch „Kapitalismus, Sozialismus und Demokratie“ (dt. Bern 1950) zuerst erfolgreich propagiert worden war.

[24] Die zuvor konstatierte „Bildungskatastrophe“ der sechziger Jahre oszillierte in ihrer Bedeutung von Anfang an zwischen dem im internationalen Vergleich konstatierten Mangel in der Ausbildung wissenschaftlich-technischer Intelligenz, also von Ingeneuren (G. Picht) und der Propagierung von „Bildung als Bürgerrecht“ (R. Dahrendorf); eine heute oft fehl gedeutete Zwitterstellung nimmt die auf die SDS-Denkschrift von 1961 zurückgehende Studie von Wolfgang Nitsch u.a., Hochschule in der Demokratie, Berlin-Spandau/Neuwied am Rhein 1965 ein, in der es an zentraler Stelle nach der Kritik des „klassischen Bildungsbegriffes (304ff) heißt: „Nicht die Kategorie der sittlich geprägten Verantwortung, sondern die der Rationalität ist es, die es vermöge der Einsicht in die industriegesellschaftlichen Funktionszusammenhänge durchzusetzen gilt“, ebd. 310.

[25] Die Forderung konnte bis zur Propagierung einer „revolutionären“ Veränderung der Gesamtgesellschaft gesteigert werden; siehe damals in großer Auflage Fritz Vilmar, Strategien der Demokratisierung, 2 Bde., Darmstadt und Neuwied 1973 – und rief selbstverständlich auch massive Abwehrreaktionen hervor wie z.B. bei Wilhelm Hennis, Demokratisierung. Zur Problematik eines Begriffs, Köln und Opladen 1970.

[26] Es ist hier nicht der Raum, auf den häufig verwischten praktischen und normativen Unterschied von Mitbestimmung“ als Prinzip der funktionalen Gruppenrepräsentation und „Demokratie“ als Praktizierung „gleicher Freiheit“ einzugehen, wie er insbesondere in der Frage nach einem angemessenen Organisationsmodell der Universitäten bis heut immer wieder auftritt.

[27] Als international vergleichende Studie dieses Trends, die erstmals neben den institutionellen Praktiken der Partizipation (Wahlbeteiligung, Parteimitgliedschaft etc.) auch informelle und unkonventionelle Partizipationsformen (Demonstrationsteilnahme etc.) erfasste, gilt Samuel H. Barnes/Max Kaase (Eds.), Political Action. Mass Participation in Five Western Democracies, Beverly Hills/London 1979; interessanterweise bestätigte sich die Annahme eines statistischen Zusammenhanges zwischen höherem formalen Bildungsgrad und größerer Bereitschaft zu direkter politischer Aktion nicht (ebd. 147); in Westdeutschland gehörten 27,3 Prozent der repräsentativen Umfrage damals zum Typus des „Protesters“ , d.h. sie waren nur zur unkonventionellen politischen Partizipation bereit (ebd. 155).

[28] Wie dies Gerhard Himmelmann in seinem Buch „Demokratie Lernen als Lebens-, Gesellschafts- und Herrschaftsform“, Schwalbach/Ts. 2., überar. Auflage 2005 ausführlich unter Bezug auf John Dewey, Demokratie und Erziehung, (i. O. zuerst 1916, deutsche Nachkriegsausgabe Braunschweig 1947) und im Kontext der neueren politikwissenschaftlichen Literatur entfaltet hat.

[29] Zum Überblick die gute Gesamtdarstellung bei Barbara Holland-Cunz, Die alte und die neue Frauenfrage, Frankfurt am Main 2003.

[30] Darunter versteht Wolfgang Edelstein in seinem instruktiven Überblick „Überlegungen zur Demokratiepädagogik“, in: Gerhard Himmelmann/Dirk Lange (Hrsg.), Demokratiekompetenz, Wiesbaden 2005, 208 – 226, in Ergänzung zum bisher vorwiegend „instruktionsbasierten Modell des politischen Unterrichts“ „eine breitere zivilgesellschaftlich orientierte, psychologisch fundierte und sozialwissenschaftlich artikulierte Konzeption… die Ansätze der pragmatistischen Erziehungstheorie in der Nachfolge Deweys erfahrungspädagogisch und handlungsorientiert“ in der Organisation der Schulpraxis und im Zusammenwirken der Schule mit gesellschaftlichen Einrichtungen in ihrer Umgebung verwirklichen will; „Demokratie“ soll kurz gesagt nicht nur kongnitiv vermittelt, sondern durch praktische Umsetzung im Schulalltag erfahren werden.

[31] Das erkennt man nicht zuletzt an der Existenz solcher Bund-Länder-Programme wie „Demokratie lernen & leben“ von 1998, das vor allem unter dem aktuellen Eindruck eines wachsenden rechtsextremen und demokratiefeindlichen Potentials unter Schülern und Jugendlichen der neuen Bundesländer verabschiedet wurde; seit dem ersten Ausbau der Politischen Bildung als Reaktion auf antisemitische Hakenkreuzschmierereien Anfang der sechziger Jahre des letzten Jahrhunderts wiederholt sich das Muster: Investitionen in Programme der Politischen Bildung vorwiegend als „Feuerwehrreaktion“ der Regierungen gegen akute Missstände – aber eben nicht für langfristigen Infrastrukturaufbau des „Demokratie-Lernens“.

[32] „Die Rechtsgenossen müssen unterstellen dürfen, dass sie in freier politischer Meinungs- und Willensbildung die Regeln, denen sie als Adressaten unterworfen sind, auch selber autorisieren würden“, schreibt Jürgen Habermas, Faktizität und Geltung, Frankfurt am Main 1992, 57, als normative Grundlage des demokratischen Rechts- und Verfassungsstaates fest.

[33] Norberto Bobbio, Die Zukunft der Demokratie, Berlin 1988, 11 – 30.

[34] Lat. res publica, also der Republik als dem Gemeinsamen – was mehr sein sollte als die Summe der partikularen Interessen.

[35] Mit dem Begriff „Entwicklung“ wird nicht deren Zwangsläufigkeit suggeriert – aber umgekehrt gilt auch nicht, dass die Menschen ihre „Geschichte bewusst machen“ können – wie es die teils utopische Wissenschaftsreligion des 19. Jahrhunderts von Comte bis Marx suggerierte.

[36] Bobbio, ebd. 26.

[37] Auch für mein kurzes Fazit übernehme ich die entsprechend Überschrift von Bobbio, ebd. 26.

[38] Als erster Zugang geeignet: Werner J. Patzelt, Demokratie in Deutschland – Folgerungen für die politische Bildung, in: Gerhard Himmelmann/Dirk Lange (Hrsg.), Demokratiekompetenz, Wiesbaden 2005, 27 – 38 (mit weiterführenden Literaturangaben).

[39] Der im Alltag oft beschworene, selten anzutreffende „Konsens“ ist analytisch betrachtet nur der Sonderfall eines Kompromisses.

[40] Richard Rorty, Der Vorrang der Demokratie vor der Philosophie, in: Ders., Solidarität oder Objektivität?, Stuttgart 1988, 82 – 125.

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