Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 197: Die rechte Gefahr

Soziale Potenziale der politischen Rechts­ex­tre­mismus

aus : vorgänge 197 (Heft 1 / 2012), S. 4-20

I. Einleitung und Frage­stel­lung

Bereits 1995 veröffentlichte die bekannte Jugendbuchautorin Kirsten Boie einen Roman mit dem Titel „Erwachsene reden, Marco hat was getan”. Darin geht es um einen erst Fünfzehnjährigen in einer biederen deutschen Kleinstadt, der ein von Türken bewohntes Haus in Brand setzt und dadurch zwei Menschen tötet. Boie stellt in ihrem Buch die Deutung des Ereignisses durch Personen aus Marcos gesellschaftlichem Umfeld dar, ohne deren Aussagen näher zu kommentieren.[1] Der Titel des Buches spielt, hier hin-sichtlich Fremdenfeindlichkeit und Rechtsextremismus, auf den Kontext von gesellschaftlicher Stimmung und gewalttätigem Vorgehen an. Denn einschlägige Einzeltäter oder Gruppen meinen häufig, mit ihren Aktivitäten im Sinne der Meinungen einer „schweigenden Mehrheit” zu handeln. Zwar finden sie in der breiteren Gesellschaft meist keine bedeutende Akzeptanz für ihr Handeln, gleichwohl neigen durchaus relevante Teile der Gesellschaft einschlägigen Auffassungen, Einstellungen, Mentalitäten und Orientierungen zu.

Wie es um den inhaltlichen Kontext dieser beiden Bereiche steht, soll hier mit den Arbeitsbegriffen „politischer” und „sozialer Rechtsextremismus” dargestellt und erörtert werden. „Rechtsextremismus” meint dabei eine Sammelbezeichnung für alle Auffassungen und Bestrebungen, die sich auf der ideologischen Basis der Überbewertung ethnischer Zugehörigkeit gegen die Minimalbedingungen eines demokratischen Verfassungsstaates wenden.[2] „Politischer Rechtsextremismus” steht für die einschlägigen Organisationen, wozu Aktivistengruppen, Parteien und Vereine gehören. Ihnen rechnet man gegenwärtig um die 25.000 Personen zu.[3] „Sozialer Rechtsextremismus” meint demgegenüber hier die Einstellungen und Mentalitäten im Sinne des Nationalismus oder Rassismus, wie sie sich nach den Ergebnissen der Sozialforschung in der Bevölkerung finden.[4] Demnach geht diese politik- und sozialwissenschaftliche Auffassung von Rechtsextremismus über die an Personenzusammenschlüssen orientierte Sicht der Verfassungsschutzbehörden hinaus.

Um den Kontext von politischem und sozialem Rechtsextremismus erörtern zu können, soll wie folgt vorgegangen werden: Zunächst werden die bedeutendsten Organisa-tionen in Form der „Pro-Bewegung” (2.1), der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands” (2.2), der Neonazi-Szene (2.3) und die Gewaltdimension (2.4) behandelt. Danach geht es um die Ergebnisse einschlägiger empirischer Untersuchungen (3.1), wobei die Daten zu Autoritarismus und Diktatur (3.2), Nationalismus und Antisemitismus (3.3) und Fremden- und Muslimenfeindlichkeit (3.4) gesonderte Aufmerksamkeit finden. Und schließlich soll der Kontext von „politischem” und „sozialem Rechtsextremismus” bezogen auf rechtsextremistische Einstellungen als Teil der politischen Kultur (4.1), Rechtsextremismus und die „Mitte der Gesellschaft” (4.2), die begrenzte Mobilisierbarkeit des sozialen für den politischen Rechtsextremismus (4.3) und der politische und soziale Rechtsextremismus irreuropäischen Vergleich (4.4) behandelt werden.

II. Politischer Rechts­ex­tre­mismus

II.1 Die „Pro-­Be­we­gung”

Zunächst aber eine Darstellung und Einschätzung des politischen Rechtsextremismus im organisierten Sinne: Dazu wird hier auch die „Pro-Bewegung“[5] gerechnet, bezeichnet man sie doch gelegentlich „nur” als „rechtspopulistisch”. Es handelt sich dabei um Parteistrukturen und Wahllisten auf kommunaler, landes- und bundespolitischer Ebene mit Bezeichnungen wie „Pro Köln”, „Pro NRW” oder „Pro Deutschland”. In der öffentlichen Selbstdarstellung erscheinen sie als „Bürgerbewegung”, also als Personenzusammenschlüsse von aktiven und besorgten Bürgern. Tatsächlich handelt es sich um Gründungen von langjährig aktiven Rechtsextremisten, was an dem biographisch-politischen Hintergrund der beiden wichtigsten Personen in der „Pro Bewegung” gut ablesbar ist. Der Rechtsanwalt Markus Beisicht und der Verleger Manfred Rouhs, ersterer Vorsitzender von „Pro Köln” und „Pro NRW”, letzterer Vorsitzender von „Pro Deutschland”, gehörten zuvor der „Deutschen Liga für Volk und Heimat” (DLVH) und der Partei „Die Republikaner” (REP) an.

Nachdem sich abzeichnete, dass eine erhoffte Etablierung als Wahlpartei angesichts nur geringer Wählerzustimmung gescheitert war, setzten Beide auf eine andere Organisationsform und Strategie: 1996 entstand in Köln die „Bürgerbewegung Pro Köln”, die aber keine Bürgerinitiative im eigentlichen Sinne, sondern der Zusammenschluss von Personen unter. der Leitung der beiden Rechtsextremisten war. Mit der Bezeichnung „Bürgerbewegung” wollten sie sich ein demokratisches und seriöses Image geben. Dazu nutzte man primär Themen, die für manche Bürger bedeutsam waren, aber von anderen Parteien nicht intensiv angesprochen wurden. „Pro Köln” versuchte fortan, sich mit eben diesen Problemen als einzige politische Kraft zu deren Lösung öffentlich in Verbindung zu bringen. So wollte man aus einer politischen Isolation heraus und in die breite Mehrheitsgesellschaft hineinwirken. Hierzu widmete sich „Pro Köln” auch Themen, die mit rechtsextremistischen Inhalten und Zielen nichts tun hatten. Aktionen gegen den „Straßenstrich” in einem Stadtteil gehörten etwa dazu.

Die größte Aufmerksamkeit lösten bislang aber die Proteste gegen den Bau eine Moschee aus. Mit Demonstrationen und Kongressen, Plakataktionen und Unterschriftensammlungen konnte man offenbar in Köln genügend Bürger ansprechen, welche „Pro Köln” bei den Kommunalwahlen 2004 4,7 Prozent und 2009 5,4 Prozent der Stimmen gaben. Aufgrund dieses Achtungserfolges gingen Beisicht und Rouhs dann dazu über, auch außerhalb von Köln Parteistrukturen und Wahllisten aufzubauen. 2005 entstand „Pro Deutschland” und 2007 „Pro NRW”. Die gesamte Mitgliederzahl scheint sich aber unter 1.000 zu bewegen. An weiteren elektoralen Erfolgen mangelte es, kann doch eine Zustimmung von lediglich 1,2 Prozent der Stimmen bei den Wahlen zum Berliner Abgeordnetenhaus 2011 angesichts der hohen Erwartungen noch nicht einmal als Achtungserfolg gelten. Gleichwohl hofft die „Pro Bewegung”, mit Kampagnen gegen eine „Islamisierung” oder den Moscheebau in einzelnen Städten insbesondere bei Kommunalwahlen Stimmen für sich mobilisieren zu können.

II.2 Die „Nati­o­nal­de­mo­kra­ti­sche Partei Deutsch­lands” (NPD)

Bei der „Nationaldemokratischen Partei Deutschlands” (NPD)[6] handelt es sich einerseits um eine eindeutig rechtsextremistische Organisation und andererseits um die älteste Partei in diesem politischen Lager. Für die Einschätzung ihrer historisch-politischen Entwicklung bietet sich die Unterscheidung einer „alten” und „neuen” NPD vor und nach dem Jahr 1996 an. Die Partei entstand 1964 als Sammelbecken von Anhängern verschiedener rechtsextremistischer Kräfte, die zuvor in Konkurrenz zueinander bei Wahlen angetreten sowie aus organisationspolitischen Gründen lange nicht zu einer Zusammenarbeit bereit waren. Gerade diese Einigkeit bildete eine besondere lagerinterne Voraussetzung für die kommenden Erfolge, konnte die NPD doch fortan sowohl als Mitglieder- wie als Wahlpartei aufblühen. Im Zeitraum zwischen 1966 und 1969 zog man in nahezu alle Landtage der „alten” Bundesrepublik ein. Und die Mitgliederzahlen stiegen kontinuierlich an und erreichten 1968 mit 28.000 Personen den höchsten Stand für eine rechtsextremistische Partei.

1969 hatte man mit nachvollziehbaren Gründen in der NPD gehofft, in den Bundestag mit einer eigenen Fraktion einziehen zu können. Entgegen dieser Erwartungen er-reichte die Partei aber nur 4,3 Prozent der Stimmen. Die latent vorhandenen Konflikte um ideologische und strategische Fragen brachen fortan offen aus und führten seit Beginn der 1970er Jahre zu einem Rückgang der Mitglieder und Wähler. Ideologisch war die NPD in der Phase bis 1996 mehrheitlich deutsch-nationalistisch und nicht national-sozialistisch ausgerichtet. Zwar gab es politische Anhänger des Hitler-Regimes in deren Reihen und nicht wenige Funktionäre hatten einen entsprechenden Vorlauf. Gleichwohl konnte man die NPD in dieser Zeit nicht als eine Art Nachfolgeorganisation der NSDAP ansehen. Offiziell distanzierte man sich von der Neonazi-Bewegung, die ab Mitte der 1970er Jahre als eine Art Rechtsabspaltung der NPD entstand und sich offen auf den historischen Nationalsozialismus bezog. Dies änderte sich allerdings 1996 mit der Wahl des neuen Vorsitzenden Udo Voigt.

Bereits zu Beginn der 1970er Jahre war die Partei aus allen Landtagen herausgeflogen und musste seit dem ein kontinuierliches Schrumpfen der Mitgliedschaft bis auf 3.500 hinnehmen. Unter Voigts Führung kam es zu einer ideologischen und strategischen Umorientierung, die vor allem in den östlichen Bundesländern von Wahlerfolgen geprägt war: Man engagierte sich mehr im kommunalen Bereich, verstärkte die Agitation zu tagespolitischen Themen, öffnete die Partei jungen aktionsorientierten Menschen, ermöglichte auch Protagonisten der Neonazi-Szene intern Engagement und Katriere, entwickelte sich dadurch ideologisch in Richtung eines „deutschen” und „nationalen Sozialismus” und führte regelmäßig öffentliche Demonstrationen durch. In Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen gelang der NPD so jeweils ein erneuter Einzug in den Landtag mit Ergebnissen zwischen fünf und neun Prozent der Stimmen. Bei allen anderen Wahlen scheiterte man jedoch an der Fünf-Prozent-Hürde. Die Mitgliedschaft wuchs auf unterer Ebene auf zwischen 6.000 und 7.000 Personen an.

II.3 Die Neona­zi-­Szene

Die Angehörigen der bereits erwähnten Neonazi-Szene[7] bekennen ihren Extremismus noch offener als die NPD, steht der Begriff doch für „Neue Nationalsozialisten” und damit als Sammelbezeichnung für die Anhänger von Hitler-Bewegung und NS-System. Einschlägige Gruppierungen entstanden im Laufe der 1970er Jahre und setzten sich mit Ausnahme von wenigen älteren „Vorbildfiguren” aus jüngeren Männern zusammen. Sie hatten die Zeit vor 1945 nicht miterlebt und entstammten häufig dem Umfeld der seinerzeit kriselnden NPD. Politisch strebten die Neonazis die Etablierung eines „Vierten Reichs” nach vorheriger Wiederzulassung der NSDAP an. Öffentlich machte man durch provozierende Aktionen zur Leugnung des Holocaust oder durch martialische Aufmärsche in SA-Manier, aber auch durch Gewalttaten bis hin zu Anschlägen auf sich auf merksam. Im Laufe der 1970er Jahre stieg die Aktivistenzahl von 400 Personen 1975 auf 1.200 Personen 1980 an, stagnierte in der Gesamtschau auf die 1980er Jahre aber bei 1.500 Personen.

Nach der Auflösung der DDR blühte in Ostdeutschland eine bereits zuvor bestehen-de Neonazi-Szene auf und fand dort in Protagonisten der „alten” Bundesrepublik wie etwa Michael Kühnen politische Vorbilder. Gleichzeitig entstanden eigenständige Gruppen, handelte es sich doch keinesfalls um ein „importiertes” Phänomen. Damit ging ein kontinuierlicher Anstieg der Neonazi-Szene einher: 1991 gehörten ihr bereits 2.100, 1995 2.480, 2000 2.200, 2005 4.100 und 2010 5.600 Personen an. Diese Entwicklung macht auch deutlich, dass die seit Beginn der 1990er Jahre einsetzende Welle von Verboten gegen Organisationen keineswegs den Zulauf zu diesem politischen Lager des Rechtsextremismus stoppte. Vielmehr ging man ebendort dazu über, eine Umstrukturierung im organisatorischen Bereich vorzunehmen. Um von zukünftigen Verbotsmaß-nahmen nicht mehr betroffen zu sein, wandelte man festere Organisationen zulosen Personenzusammenschlüssen um.

Seit Mitte der 1990er Jahre entstanden so um die 140 „Kameradschaften”.

Dabei handelt es sich um relativ eigenständige und regional verankerte Kleingruppen, die mehr durch persönliche Beziehungen und weniger durch organisatorische Strukturen zusammengehalten werden. Neue Kommunikationsformen wie das Internet oder das Mobiltelefon ermöglichten fortan jene Aktions- und Kampagnenbereitschaft, die zuvor durch eine vereinsähnliche Regelung der politischen Handlungen gegeben war. Offenbar wirkten derartige „Bewegungsformen” für jüngere Aktivisten attraktiv, wandten sie sich doch in den 2000er Jahren verstärkt der Neonazi-Szene zu. Ebendort entstanden auch neue und ungewöhnliche Bestrebungen wie etwa die „Autonomen Nationalisten” (AN)[8]. Sie ahmen in Habitus, Kleidung, Militanz, Slogans und Symbolik die linksextremistischen Autonomen nach und lassen sich nur noch durch ideologiebezogene Aspekte in Einstellungen und Handlungen von ihnen unterscheiden. Gut zwanzig Prozent der Neonazi-Szene können mit steigender Tendenz den AN zugerechnet werden.

II.4 Die rechts­ex­tre­mis­ti­sche Gewalt­di­men­sion

Das Agieren des politischen Rechtsextremismus beschränkte sich nicht auf Propaganda in den öffentlichen Raum hinein, gingen damit doch in unterschiedlicher Intensität und Regelmäßigkeit auch immer wieder Gewalttaten einher. Idealtypisch kann man zwei Formen unterscheiden: Zum einen gehören dazu einzelne Täter und kleine Gruppen, die relativ spontan brutale Akte bis hin zur Tötung von Menschen begehen und nicht in eine festere organisatorische Struktur eingebunden sind. Zum anderen zählen dazu Personenzusammenschlüsse, die ihr gewalttätiges Vorgehen als Bestandteil einer längerfristigen Strategie ansehen und kontinuierlich Anschläge begehen. In den letzten Jahrzehnten dominierte in der Gesamtzahl der rechtsextremistisch motivierten Gewaltdelikte die erstgenannte Form. Einschlägige Handlungen hatten hauptsächlich einen fremdenfeindlichen Hintergrund, gehörten doch „Ausländer” und „Fremde” mit deutlichem Abstand vor „Juden” oder „Linken” zu der häufigsten Opfergruppe.

Seit Beginn der 1990er Jahre stiegen derartige Vorfälle stark an, gingen zwar Mitte der 1990er Jahren wieder zurück, aber nur, um sich auf relativ hohem Niveau zu stabilisieren. Nach der Einführung einer neuen Zählweise gab es 2003 430 (759), 2007 414 (980) und 2010 285 (762) „rechte” Gewalttaten mit einem fremdenfeindlichen Hintergrund (in Klammern jeweils dahinter die Gesamtsumme). Auch wenn demnach in den letzten Jahren ein tendenzielle Rückgang auszumachen ist, kann in der Gesamtschau auf die 2000er Jahre tagtäglich eine fremdenfeindliche Gewalttat (bzw. fast zwei „rechte” Gewalttaten insgesamt) konstatiert werden. Detaillierte Untersuchungen zu Besonderheiten und Motivation der Täter ergaben aber schon in den 1990er Jahren, dass allen-falls die Hälfte von ihnen auch in einer rechtsextremistischen Organisation fest eingebunden und politisch aktiv war .[9] Demnach lassen sich die Ausgangspunkte für fremdenfeindlich motivierte Gewalt nicht nur auf diesen besonderen politischen Randbereich der Gesellschaft reduzieren.

Zwar erfolgten die Taten in der Regel aus Gruppen heraus, wobei sie aber nicht mit einer längerfristigen Planung verbunden waren. Anders verhält es sich bei rechtsterroristischen Strukturen, die kontinuierlich einschlägige Gewalthandlungen in Folge einf entwickelten Strategie durchführten. Solche Akteure gab es bereits in den 1970er und 1980er Jahren[10], stehen hierfür doch exemplarisch die „Deutschen Aktionsgruppen 1980 begingen deren Aktivisten fünf Sprengstoff- und zwei Brandanschläge, wobei zwei Menschen getötet wurden. Erst 2011 wurde bekannt, dass eine im Kern aus drPersonen aus der Neonazi-Szene bestehende Gruppe mit der Bezeichnung „Nationalsozialistischer Untergrund” (NSU) neun griechisch- bzw. türkischstämmige Mensche zwischen 2000 und 2006 und eine Polizistin 2007 brutal ermordet hatte. Die über 1 Jahre lang im Untergrund lebende terroristische Zelle hatte sich nicht durch Symbole oder Taterklärungen zu ihren Taten bekannt. Ihr Wirken offenbarte eine neue Dimension der Fremdenfeindlichkeit wie des Rechtsterrorismus.[11]

III. Sozialer Rechts­ex­tre­mismus

III.I Ergebnisse einschlä­giger empirischer Unter­su­chungen

Nachdem die organisierten Formen im Sinne des „politischen Rechtsextremismus`,` bhandelt wurden, sollen nun die gesellschaftlichen Einstellungspotentiale im Sinne des
„sozialen Rechtsextremismus” inhaltliche Aufmerksamkeit finden. Die Bezeichnur „sozial” ist in diesem Kontext nicht bewertend, also als moralisch positive Einstellung, sondern sphärenbezogen, also hinsichtlich der Erscheinungsebene, gemeint. Es geht um die in der Gesellschaft vorhandenen Auffassungen, Mentalitäten und Orientierunge die als rechtsextremistische Einstellungen gelten können, aber nicht notwendigerweise  auch in einschlägige Handlungen umschlagen müssen. Auskunft über deren Ausmr und Kontexte liefert die empirische Forschung, die in Form von repräsentativen Umfr gen nach der Akzeptanz entsprechender Meinungen fragt. Bei deren Analyse ergebe sich aber folgende Probleme: Erstens erfolgen solche Datenerhebungen meist nicht kontinuierlich  und zweitens messen die genutzten Einstellungsstatements nicht immer genau das Gemeinte.

Bezogen auf den erstgenannten Gesichtspunkt gibt es mittlerweile aber zwei Au nahmen: Das Bielefelder „Institut für Gewalt- und Konfliktforschung” unter der Leitur von Wilhelm Heitmeyer führte seit 2001 jährlich Untersuchungen zu „Gruppenbezogner Menschenfeindlichkeit” (GMF) durch.[12] Darunter verstehen die Forscher ein Syndrom von Einstellungen, das u. a. Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit, Islamfeinidlichkeit und Rassismus einschließt. Demnach findet man hier auch Datenmaterial, das  Auskunft über die Entwicklung und Verbreitung rechtsextremistischer Einstellungen  gibt. Die zweite Ausnahme stellen die im Auftrag der Friedrich Ebert-Stiftung von Emar Brähler und Oliver Decker seit 2002 alle zwei Jahre durchgeführten Untersuchungen dar.[13] Sie präsentieren Erkenntnisse über die Akzeptanz einer rechtsautoritären Diktatur, von Chauvinismus, Ausländerfeindlichkeit, Antisemitismus, Sozialdarwinismus und der Verharmlosung des Nationalsozialismus. Dabei fragen die Autoren auch nach gesellschaftlichen Kontexten.

Bei aller Anerkennung für den hohen Erkenntniswert der Daten und Analysen in diesen beiden regelmäßig durchgeführten Untersuchungen, muss aber die Angemessenheit mancher Einstellungsstatements zur Messung von rechtsextremistischen Auffassungen problematisiert werden. Hierzu gehören bei dem Bielefelder Institut etwa Aussagen wie „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland” oder „Der Islam hat eine bewundernswerte Kultur hervorgebracht” (ablehnende Einstellung dazu). Und Brähler und Decker nutzen Items wie „Wir sollten endlich wieder Mut zu einem starken Nationalgefühl haben” oder „Was unser Land heute braucht, ist ein hartes und energisches Durchsetzen deutscher Interessen gegenüber dem Ausland”. Da bei der quantitativen Einschätzung des Akzeptanzpotentials eben nicht nur die „stimme voll und ganz zu“-, sondern auch die „stimme überwiegend zu“-Daten aufsummiert werden, sollen hier fortan nur Zustimmungswerte für eindeutig rechtsextremistische Aussagen im oben definierten Sinne inhaltlich Verwendung finden.

III.2 Akzeptanz von Autori­ta­rismus und Diktatur

Erstens geht es dabei um die Erkenntnisse zur Akzeptanz von Autoritarismus, wobei die Bezeichnung nicht im Sinne einer persönlichen Charakterdisposition gemeint ist. [14] Viel-mehr spielt sie auf eine bestimmte Auffassung vom Staat bzw. vom Verhältnis von Gesellschaft und Staat an. In dieser Perspektive sieht man nicht den Staat als Institution, welche das soziale Miteinander in der Gesellschaft im allseitigen Interesse regeln soll. Vielmehr steht der Staat hier über der Gesellschaft und soll sie mit nur geringen Möglichkeiten der Rückwirkung einseitig dominieren. Eine solche Auffassung läuft auf die Etablierung einer Diktatur im Sinne eines autoritären bis totalitären Staates hinaus. Der Pluralismus in einer Gesellschaft als legitimer Ausdruck von Interessengruppen und Meinungsunterschieden gilt dabei als Gefahr für die Stabilität des Gemeinwesens. Auch ein positives Bild vom Nationalsozialismus kann durch eine Einstellung im Sinne des Autoritarismus motiviert sein, woraus sich die folgende Benennung einschlägiger Daten in diesem Kontext erklärt.

Zunächst aber zu den Zustimmungswerten über die allgemeine Akzeptanz autoritärer Politik, die aber nicht immer nur politisch „rechts” motiviert sein muss. Laut der Studie von Brähler/Decker stimmten 2010 der Aussage „Im nationalen Interesse ist unter bestimmten Umständen eine Diktatur die bessere Staatsform”: 8,8 Prozent der Befragten (davon 2 Prozent „voll und ganz”) zu. Da dieses Ergebnis eben nicht in einer Phase innenpolitischer Konflikte im Sinne einer „Leviathan“-Situation[15] entstand, handelt es sich – noch dazu mit 18 Prozent Indifferenten mit „stimme teils zu, teils nicht zu” um einen relativ hohen Anteil. Dies gilt noch stärker für die Zustimmungswerte zu „Was Deutschland jetzt braucht, ist eine einzige starke Partei, die die Volksgemeinschaft insgesamt verkörpert”, wofür die Zustimmungswerte bei 23,6 Prozent (davon 7,3 Prozent „voll und ganz”) lagen. Berücksichtigt man noch den Anteil von 21 Prozent In-differenten mit teils zustimmender und teils ablehnender Auffassung, so hat man es auch hier mit erstaunlich hohen Werten für eine derartige Einstellung zu tun.

Dies gilt auch für die Ergebnisse bezüglich des folgenden Statements, das mit den Begriff „Führer” ebenso wie zuvor mit dem Wort „Volksgemeinschaft” einen in der deutschen Sprache NS-belasteten Terminus nutzt: „Wir sollten einen Führer haben, de: Deutschland zum Wohle aller mit starker Hand regiert”, wo 13,2 Prozent (davon 3 Prozent „voll und ganz”) zustimmten und 15,9 Prozent indifferent blieben. Bei den di rekten Fragen zur Einschätzung des Nationalsozialismus konnten folgende ErgebnissE ermittelt werden: Der Aussage „Ohne Judenvernichtung würde man Hitler heute als  großen Staatsmann ansehen” stimmten 10,7 Prozent (davon 2,3 Prozent „voll und ganz“), „Die Verbrechen des Nationalsozialismus sind in der Geschichtsschreibung wei übertrieben worden” 7,3 Prozent (davon 2 Prozent „voll und ganz”) und „Der National sozialismus hatte auch seine guten Seiten” 10,3 Prozent (davon 3,2 Prozent „voll und ganz”) zu. Auch hier gab es mit 18,8 Prozent, 16,8 Prozent und 22,5 Prozent jeweils relativ hohe Anteile von Indifferenten.[16]

III.3 Akzeptanz von Natio­na­lismus und Antise­mi­tismus

Zweitens geht es dabei um die Zustimmungswerte zu Einstellungen im Sinne des Nationalismus als Bestandteil rechtsextremistischer ldeologie im oben definierten Sinne Demnach meint die Formulierung nicht ein Bewusstsein von nationaler ldentität oder ein nationales Interesse in der Außenpolitik, was jeweils in einem demokratischen Sinne verstanden als „Nationalpatriotismus” bezeichnet werden sollte. „Nationalismus” steht hier fortan für eine Grundposition, die dem Bekenntnis zur Nation den höchsten Stellenwert im politischen Selbstverständnis und demgegenüber anderen Werten wie de: Menschenrechten einen geringeren Stellenwert einräumt. Damit verbindet sich objekti eine Negierung der Minimalbedingungen moderner demokratischer Verfassungsstaater gilt doch als deren konstitutives Prinzip das Bekenntnis zur individuellen Menschen würde. Meist geht der Nationalismus darüber hinaus noch mit einer Abwertung vo Angehörigen anderer ethnischer Gruppen und einem Exklusivitätsanspruch für die deul sche Nation einher.

Eine solche Auffassung kommt mustergültig in dem Einstellungsstatement „Eigentlich sind die Deutschen anderen Völkern von Natur aus überlegen” zum Ausdrucl Nach der Umfrage von Brähler/Decker stimmten dem 2010 13,3 Prozent (davon 3, Prozent „voll und ganz”) zu, während immerhin 22,7 Prozent indifferent blieben. Gan eng damit inhaltlich verkoppelt ist meist eine sozialdarwinistische Auffassungen, die i der Herrschaft und Überlegenheit des angeblich Stärkeren über den angeblich Schwächeren ein moralisches Gebot sehen: So meinten etwa 15,5 Prozent (davon 3 Prozent „voll und ganz”) „Wie in der Natur sollte sich in der Gesellschaft immer der Stärker durchsetzen”, wobei 21,6 Prozent indifferent blieben. Nicht ganz so hoch war die Zi stimmung zu einer ähnlichen Auffassung, die in der Wortwahl an die NS-Euthanasif Politik erinnert: „Es gibt wertvolles und unwertes Leben”. Dieser Auffassung ware 10,8 Prozent (davon 3, 6 Prozent „voll und ganz“), während sich in ihrem Antwortverhalten 16,8 Prozent indifferent verhielten.

Aufgrund der Jahrhunderte langen Tradition des Antisemitismus in der deutschen Geschichte geht eine nationalistische Auffassung im skizzierten Sinne häufig mit einer judenfeindlichen Grundhaltung einher. Auch dazu findet man in den Umfragen von Brähler/Decker von 2010 interessante Ergebnisse: Der Aussage „Die Juden haben ein-fach etwas Besonderes und Eigentümliches an sich und passen nicht so recht zu uns” als Ausdruck einer negativen Abgrenzung von den Deutschen stimmten 14,9 Prozent (da-von 4, 2 Prozent „voll und ganz”) bei 24 Prozent Indifferenten zu. Und: „Die Juden arbeiten mehr als andere Menschen mit üblen Tricks, um das zu erreichen, was sie wollen” meinten 14,8 Prozent (davon 4,2 Prozent „voll und ganz“), wobei 21,8 Prozent indifferent blieben. Auf das antisemitische Stereotyp von einer „jüdischen Macht” spielte das Einstellungsstatement „Auch heute noch ist der Einfluss der Juden zu groß” an, dem 17,2 Prozent (davon 4,7 Prozent „voll und ganz”) bei 24,9 Prozent Indifferenten zustimmten. [17]

III.4 Akzeptanz von Fremden- und Musli­men­feind­lich­keit

Und schließlich steht drittens hinsichtlich der rechtsextremistischen Einstellungen noch die Fremden- und Muslimenfeindlichkeit im Zentrum des Interesse. Bei den damit gemeinten Auffassungen geht es nicht um Bedenken hinsichtlich der Folgen einer multikulturellen Gesellschaft oder um Kritik an der Praxis des Islam. Derartige Auffassungen stehen für sich allein bei differenzierter Argumentation und fehlender Pauschalisierung nicht für eine rechtsextremistische Position im oben gemeinten Sinne. Davon kann um einer angemessenen Differenziertheit und Trennschärfe nur dann gesprochen werden, wenn die konkrete Grundposition auf die allgemeine Diffamierung von Fremden oder Muslimen im Sinne der Herabwürdigung des Einzelnen als Angehörigem eines Kollektivs hinausläuft. Sie mündet dann in Forderungen nach konkreter Benachteiligung oder in Zuschreibungen von negativen Stereotypen. Für die Einschätzung des Ausmaßes von Fremden- und Muslimenfeindlichkeit wurden daher nur einschlägige Einstellungsstatements ausgewählt.

Hierzu gehört bei Brähler/Decker in der Untersuchung von 2010 die Aussage „Wenn Arbeitsplätze knapp werden, sollte man die Ausländer wieder in ihre Heimat zurückschicken”, da mit einer solchen Forderung ein legitimes Aufenthaltsrecht entsprechend der ökonomischen Entwicklung einfach zur Disposition gestellt werden würde. Dem Einstellungsstatement stimmten 31,7 Prozent (davon 14,9 Prozent „voll und ganz”) zu, wobei es 28,4 Prozent Indifferente gab. In Richtung einer pauschalen Abwertung kann das Einstellungsstatement „Die Ausländer kommen nur hierher, um unseren Sozialstaat auszunutzen” interpretiert werden. 24,3 Prozent Zustimmung (davon 13,8 Prozent „voll und ganz”) bei 31,4 Prozent Indifferenten bedeutet hier eine Verallgemeinerung von wohlmöglich wahrgenommenen Einzelfällen.[18] Das vom GMF-Projekt genutzten Einstellungsstatements zu Fremdenfeindlichkeit „Es leben zu viele Ausländer in Deutschland“[19] findet hier keine nähere Beachtung, da ihm die nötige Trennschärfe zur Messung des Gemeinten fehlt.[20]

Und schließlich sei als besondere Form der Fremdenfeindlichkeit noch auf die Muslimenfeindlichkeit verwiesen, artikulierten sich doch vor allem nach den Terroranschlägen vom 11. September 2011 einschlägige Aversionen häufig in der Form von Ressen
timents gegen die Anhänger des Islam. Dabei müssen kritische Einwände zun Sozialverhalten von Muslimen wie etwa bezüglich einer Segregationsneigung von pau schalen Herabwürdigungen wie etwa hinsichtlich eines Rechtsstatus unterschieden wer den. Nach einer Umfrage des GMF-Projekts von 2005 waren 14,8 Prozent (davon 7,8 „voll und ganz”) der Auffassung: „Muslimen sollte jede Form der Religionsausübung in Deutschland untersagt werden”. Demnach würde man aber den Angehörigen einer reli giösen Minderheit ein Grundrecht absprechen. Ein potentielles Wahlverhalten wollte das Einstellungsstatement „Ich werde nur solche Parteien wählen, die gegen den weiteren Zuzug von Moslems sind” erfassen, wobei 21,3 Prozent (davon 11,6 Prozent „voll und ganz”) zustimmten[21]

IV. Der Kontext von politischem und sozialem Rechts­ex­tre­mismus

IV.1 Rechts­ex­tre­mis­ti­scher Einstel­lungen als Teil der Politischen Kultur

Die oben referierten Ergebnisse der empirischen Sozialforschung verdeutlichen, dass  auch klar rechtsextremistische Aussagen in nicht unbeträchtlichen Teilen der Bevölkerung affirmativ kommentiert werden. Sicherlich darf man die einzelnen quantitativei Angaben nicht pauschal auf die Gesamtgesellschaft übertragen, könnten doch in nich wenigen Fällen auch Fehlwahrnehmungen und Missverständnisse zu ganzer oder über wiegender Zustimmung zu einzelnen Einstellungsstatements geführt haben. Gleichwoh muss unabhängig von damit einhergehenden Relativierungen, je nach gewählter Zähl weise von nur „stimme voll und ganz zu” bis „stimme überwiegend zu”, das zumindes latente rechtsextremistische Einstellungspotential unterschiedlicher Intensität auf fün bis 20 Prozent der Bevölkerung beziffert werden. Darüber hinaus verdient das hohe Ausmaß von Indifferenten mit „stimmte teils zu, teils nicht zu” hier Beachtung, artikuliert sich darin doch eine Unentschiedenheit gegenüber der klaren Ablehnung von rechtsextremistischen Auffassungen.

Beachtet man die Ergebnisse früherer empirischer Studien zum Thema, dann könne: die erwähnten hohen Werte nicht überraschen. Bereits in der mittlerweile als „klassisch” in diesem Bereich geltenden SINUS-Studie von 1979 machte man bei 13 Prozenz der Wahlbevölkerung ein geschlossenes rechtsextremistisches Weltbild[22], bei rum sechs Prozent die Billigung rechtsextremistischer Gewalttaten und bei weiteren 37 Prozent aufgrund ihrer autoritären Einstellung eine Empfänglichkeit für rechtsextremistische Propaganda aus.[23] Auch wenn gegen diese Studie durchaus tragfähige methodisch Einwände erhoben werden konnten[24], belegen die hohen Zustimmungswerte für einzel ne Einstellungsstatements doch ein hohes rechtsextremistisches Einstellungspotentia (in Klammern „teilweise richtig“): „Wir sollten wieder eine einzige starke Partei haber die wirklich die Interessen aller Schichten unseres Volks vertritt”: 11 Prozent (17 Prozent) oder „Nicht nur unsere Umwelt, sondern auch unsere Rasse muss rein erhalten werden”: 12 Prozent (27 Prozent).[25]

Der Blick auf die Ergebnisse dieser sozialwissenschaftlichen Studie macht deutlich, dass die rechtsextremistischen Einstellungspotentiale bereits seit Jahrzehnten präsent und keineswegs nur durch die Situation in Ostdeutschland erklärbar sind. Es kann sogar die Auffassung begründet werden, dass einschlägige Auffassungen einen festen, wenn auch eher latenten Bestandteil der „politischen Kultur” der Bundesrepublik Deutschland bilden. Dieser Begriff steht hier als Sammelbezeichnung für Einstellungen und Verhaltensweisen der Bürger eines Landes zur Politik[26] und nicht als Synonym für die Respektierung von Konventionen in der politischen Auseinandersetzung. Es geht also um subjektive Meinungen und Orientierungen, die mitunter längerfristig in einer Gesellschaft verankert sind und nur schrittweise anderen Prägungen weichen. Letzteres scheint trotz aller Liberalisierung und Modernisierung des gesellschaftlichen Lebens nur ansatzweise gelungen zu sein. Zumindest in einem latenten Sinne blieben die rechtsextremistischen Einstellungen präsent.

IV.2 Rechts­ex­tre­mismus und die „Mitte der Gesell­schaft”

In welchen gesellschaftlichen Bereichen findet man sie? Und wie muss von daher ihre soziale Relevanz eingeschätzt werden? Antworten auf diese Fragen vermitteln die Erkenntnisse der empirischen Studien zur sozialen Zusammensetzung der rechtsextremistisch Eingestellten. Demnach handelt es sich weniger um Frauen und mehr um Männer, häufiger um Ältere und weniger um Jüngere, seltener um Abiturienten und mehr um Haupt- und Realschulabsolventen, häufiger um Arbeitslose und Ruheständler, weniger um Auszubildende und Erwerbstätige. Auch diese Ergebnisse der neueren Sozialforschung bestätigen nur die Erkenntnisse aus früheren einschlägigen Untersuchungen. Bezogen auf die Verteilung der Einstellungen in Ost- und Westdeutschland lässt sich zwar ein höherer Anteil in den neuen Bundesländern konstatieren. Gleichwohl kann diese Erkenntnis nicht verallgemeinert werden: Während Autoritarismus und Fremdenfeindlichkeit im Osten höher ausgeprägt sind, sind Antisemitismus und NS-Verharmlosung im Westen stärker präsent.[27]

Demnach finden sich rechtsextremistisch Eingestellte insbesondere unter älteren und erwerbslosen Männern mit formal geringer Bildung. Die relativ hohen Anteile in anderen Bereichen der sozialstrukturellen Zusammensetzung machen aber auch deutlich, dass derartige politische Dispositionen in allen sozialen Schichten nur eben mit unter-schiedlicher Verteilung zu finden sind. Kann daher von einem „Extremismus der Mitte” bzw. einem Rechtsextremismus in der „Mitte der Gesellschaft” gesprochen werden? Beide Schlagworte begleiten die Debatte[28] um die Bedeutung und Ursachen einschlägiger Entwicklungen meist ohne klare Begriffsbestimmung und Zuordnung. Was soll genau gemeint sein? Eine „politische Mitte” macht in diesem Kontext keinen Sinn, wäre dann doch eben diese „Mitte” in einer Demokratie selbst rechtsextremistisch geworden. Eine „soziale Mitte” würde hier aber durchaus angemessen auf die gesellschaftliche Verortung des Einstellungspotentials – nicht nur an den sozialen Rändern der Gesellschaftinhaltlich Bezug nehmen.

Daher dient die Formulierung „Extremismus der Mitte” nicht zur politischen Verortung antidemokratischen Denkens, während die Rede vom „Extremismus aus der Mitte” zw gesellschaftlichen Erfassung antidemokratischen Denkens durchaus angemessen seir kann. So galt etwa die NSDAP in der Endphase der Weimarer Republik als eine „Volkspartei mit Mittelstandsbauch“[29]. Ihre Wähler stammten aus allen sozialen Schichten, dabei aber vor allem aus den Mittelschichten. Politisch waren sie indessen nach ganz rechts außen gewandert. Die in diesem Kontext von dem US-amerikanischen So. zialwissenschaftler Seymour M. Lipset geprägte Auffassung von einem „Extremismus der Mitte“[30], die auch bezogen auf die politische Einordnung gemeint sein sollte, ver kennt diese klare Positionierung im rechtsextremistischen Sinne. Ansonsten müsste mar die NPD in der zweiten Hälfte der 1960er Jahre – sie wurde primär von Angehöriger des alten Mittelstandes gewählt – als eine mittel- und nicht als eine rechtsextremistische Partei einschätzen.

IV.3 Begrenzte Mobili­sier­bar­keit des sozialen Rechts­ex­tre­mismus

Betrachtet man die oben referierten Daten zum politischen und sozialen Rechtsextremismus, so fällt ein starkes „Auseinanderklaffen” der jeweiligen Personenpotential auf: Nur ein verschwindend geringer Teil der rechtsextremistisch Eingestellten ist aucl rechtsextremistisch organisiert. Und meist wählt nur ein geringer Teil der rechtsextremistisch Eingestellten auch eine rechtsextremistische Partei. Ansonsten hätte sich bei den hohen Angaben für einschlägige Auffassungen in der Bevölkerung schon längst  einschlägige Partei mit kontinuierlicher Präsenz im Parlament als Wahlpartei  etabliert. Davon kann aber nur für Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen angesichts eine jeweils erneuten Einzugs der NPD in den Landtag gesprochen werden. Im Westen gil dies allenfalls in Ansätzen für die „Pro-Bewegung”, verbuchte sie doch nur in wenige] Fällen Erfolge bei Kommunalwahlen. Somit besteht eine nur begrenzte Mobilisierbar keit des sozialen, also der einschlägigen Einstellungen, für den politischen Rechtsextremismus, also die entsprechenden Parteien.

Wie erklärt sich nun dieser – scheinbare – Widerspruch? Als erster Schritt in Richtung einer Antwort auf diese Frage bietet sich eine Unterscheidung nach der „Angebots”- und „Nachfrage“-Ebene an. Im erstgenannten Sinne geht es um die politisch Präsentation der rechtsextremistischen Partei, die öffentlich um Anerkennung und Zu stimmung beim Wähler wirbt. Zwar ist die langjährige Konkurrenz in diesem politischen Lager nun zugunsten der NPD überwunden, konzentriert sich doch bis auf di wenigen „Hochburgen” der „Pro-Bewegung” das ganze Spektrum auf diese Partei. Si konnte aber nicht in bedeutendem Maße Mitglieder gewinnen, gehörten ihr doch 201 nur 6.600 Personen an (Höchststand 1968: 28.000). Außerdem schrecken die ideolog sche Ausrichtung am „deutschen Sozialismus” und die offene Kooperation mit dE Neonazi-Szene offenbar selbst rechtsextremistisch eingestellte Wähler ab. Darauf will der NPD-Ansatz der „seriösen Radikalität” mit einer formalen Mäßigung unter Beibehaltung der politischen Positionen reagieren [31]

Immerhin würde man auf der „Nachfrageseite”, also im gesellschaftlichen Meinungsbild, auf die rechtsextremistischen Einstellungspotenziale stoßen. Diese konnten durch die erwähnten Parteien bislang nur phasen- und teilweise beim Wahlverhalten mobilisiert werden. Einerseits findet sich dafür eine Erklärung in deren fehlender Attraktivität, mangelt es der NPD doch ebenso wie der „Pro-Bewegung” an beeindrucken-dem Führungspersonal, entwickelten Organisationsstrukturen, seriöser Programmatik und tagesaktuellen Themen. Andererseits wählen die meisten rechtsextremistisch Ein-gestellten noch die etablierten Parteien, was sich aus Angst vorm „Stimmeverschenken”, Gewohnheit des Handelns und Mangel an Alternativen ergibt. Noch entscheiden-der dürfte aber eine allgemeine Akzeptanz der politischen und sozialen Situation sein. Ergeben sich hier Änderungen, wofür etwa eine drohende oder tatsächliche Arbeitslosigkeit steht, können aus latenten Einstellungen manifeste Handlungen durch Stimmabgaben für rechtsextremistische Parteien werden.

IV.4. Politischer und sozialer Rechts­ex­tre­mismus im europä­i­schen Vergleich

Diesen Kontext von politischem und sozialem Rechtsextremismus kann man auch in anderen Ländern ausmachen, was eine vergleichende Betrachtung auf europäischer Ebene zeigen soll: Dort bestehen in der Bevölkerung ebenfalls solche Einstellungspotentiale. Darauf weisen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die von dem er-wähnten GMF-Projekt 2008 in acht ausgewählten Ländern durchgeführt wurde, hin. Demnach stimmen der Aussage „Es gibt eine natürliche Hierarchie zwischen schwarzen und weißen Völkern” in Deutschland 30,5 Prozent, in Frankreich 38,5 Prozent, in Großbritannien 34,6 Prozent, in Italien 18,7 Prozent, in den Niederlanden 32,4 Prozent, in Polen 41,6 Prozent, in Portugal 45,1 Prozent und in Ungarn 41,8 Prozent „eher zu” und „voll und ganz zu”. Und „Schwarze und Weiße sollten besser nicht heiraten” meinten 13,5 Prozent in Deutschland, 13,6 Prozent in Frankreich, 10,6 Prozent in Großbritannien, 7,5 Prozent in Italien, 4,7 Prozent in den Niederlanden, 23,5 Prozent in Polen, 17,9 Prozent in Portugal und 30,3 Prozent in Ungarn.[32]

In den genannten und anderen Ländern können rechtsextremistische Parteien, wobei der jeweilige Intensitätsgrad der Ablehnung von Normen und Regeln des demokratischen Verfassungsstaates unterschiedlich ist, mal mehr und mal weniger Wahlerfolge erringen. Dafür stehen etwa die „Freiheitliche Partei Österreichs”, der „Front National” in Frankreich, die „Sverigedemokraterna” in Schweden oder der „Vlaams Belang” in Belgien[33], gelten sie doch aufgrund ihrer kontinuierlich relativ hohen Zustimmungswerte als etablierte Wahlparteien. Auch hier hängt dies mit einer Kombination bzw. einem Zusammenwirken von Faktoren auf der „Angebots-” und der „Nachfrageseite” zusammen. Einerseits besteht in einem bestimmten sozialen Milieu großer Unmut über die Ausländer- und Sozialpolitik, wobei darüber die Deutung von Alltagsproblemen erfolgt. Andererseits greifen die Parteien „am rechten Rand” die damit einhergehende Sicht auf Lebenssituationen auf, um über die Entfaltung eines solchen Diskurses die jeweili Wähler anzusprechen.

Meist handelt es sich bei ihnen tatsächlich um die Betroffenen von Modernisierungsschüben und Umbruchprozessen, welche zu sozialen Ängsten und Unsicherhe führen. In einer solchen Stimmung steigt die Bereitschaft zur Wahl einer rechtsextremistischen  Partei. Daraus leitet sich häufig die Deutung ab, dass eine solche Hand lediglich Ausdruck von Protestverhalten der Modernisierungsverlierer sei. Betrac man die soziale Zusammensetzung der Wählerschaft, dann gehören die damit anges~ chenen sozialen Gruppen in der Tat überdurchschnittlich stark dazu. Gleichwohl suggeriert diese Interpretation eine monokausale Deutung, frei nach dem Motto „Betrof heit von Modernisierungsschüben gleich Wahl einer rechtsextremistischen Par Warum in der erwähnten sozialen Situation dann aber die Richtung der Wahlentscheidung nach „rechts” geht, findet so keine Erklärung. Betrachtet man das Ausmaß der schlägigen Einstellungen dazu in der Bevölkerung, so offenbart sich hier noch ein anderer bedeutsamer Faktor.[34]

V. Schlusswort und Zusam­men­fas­sung

Demnach löst die angebliche oder tatsächliche Betroffenheit von Modernisierungs zessen die Bereitschaft zu einem Wahlverhalten zugunsten einer rechtsextremistischen Partei aus. Diese spezifische politische Richtung der Entscheidung, die häufig nur primär als Ausdruck von Protest und Unmut gedeutet wird, geht aber nicht nur auf einen willkürlichen oder zufälligen Akt zurück. Vielmehr entsprechen zumindest latente stellungen und Mentalitäten eines großen Anteils der Wähler auch den Forderungen Positionen einer solchen Partei. Individuen, die demokratische Prinzipien nicht nur mal, sondern auch normativ verinnerlicht haben, dürften auch in einer persönlichen Konfliktsituation wohl kaum eine rechtsextremistische Partei wählen. Es bestehen demnach sehr wohl ideologische Übereinstimmungen von einschlägigen Parteien und ihren  Wählern. Die erwähnten Einstellungen bilden dabei eine latente Ausgangsbasis, die in  einer gesellschaftlichen oder individuellen Umbruchphase von einschlägiger Agitation  erfolgreich angesprochen wird.

Warum artikulieren sich die erwähnten rechtsextremistischen Einstellungen aber ansonsten nicht manifest und offen? Auf diese Frage kann hier eine allgemeine und besondere Antwort formuliert werden: In gefestigten und stabilen Demokratien besteht auch für das angesprochene Personenpotential nicht die Notwendigkeit, sich entsprechend politisch zu artikulieren. Es geht bei den erwähnten Einstellungen ja meln diffuse Mentalitäten und weniger um geschlossene Weltanschauungen. Erst in politischen, sozialen und wirtschaftlichen Krisenphasen entsteht eine Situation und Stimmung, die sich dann in manifesten Bekenntnissen oder Verhaltensweisen artikuliert, besondere Antwort verweist auf die historisch-politische Situation der Bundesrepublik Deutschlands: Hier stellt aufgrund der NS-Vergangenheit ein anti-rechtsextremistischer Grundkonsens in Medien und Politik eine bedeutende Konstante dar. Insofern stehen  einschlägige Auffassungen und Bestrebungen noch in „Hitlers Schatten” und artikulieren sich nur eingeschränkt öffentlich.

Bilanzierend kann somit für den Kontext von politischem und sozialem Rechtsextremismus konstatiert werden: Empirische Studien belegen seit Jahren die Existenz eines nicht unbeträchtlichen Anteils von rechtsextremistischen Einstellungen in der Bevölkerung, die sich aber mehr in latenten Mentalitäten und weniger in manifesten Weltanschauungen manifestieren. Das damit angesprochene Potential bildet aufgrund der entsprechenden Kontinuität einen festen Bestandteil der politischen Kultur. Es artikuliert sich aber meist nur in Phasen von gesellschaftlichen Modernisierungs- und Umbruchprozesse, erfolgt doch in der Regel ein Übergang zu manifesten Erscheinungen erst in der Folge von damit einhergehenden Entwicklungen. Der politische Rechtsextremismus in Gestalt von Gruppen und Parteien konnte dieses Einstellungspotenzial bis-lang nur eingeschränkt und zeitweise mobilisieren, was einerseits mit der mangelnden Attraktivität einschlägiger Organisationen und andererseits mit einem öffentlichen antirechtsextremistischen Konsens zusammenhängt.

[1] Vgl. Kirsten Boje, Erwachsene reden, Marco hat was getan, München 1995.

[2] Vgl. aus Sicht des Autors die nähere Erläuterung in: Armin Pfahl-Traughber, Extremismus und Ter-
rorismus. Eine Definition aus politikwissenschaftlicher Sicht, in: Armin Pfahl-Traughber (Hrsg.), Jahrbuch für Extremismus- und Terrorismusforschung 2008, Brüh12008, S. 9—33.

[3] Vgl. Bundesministerium des Innern (Hrsg.), Verfassungsschutzbericht 2010, Berlin 2011, S. 55. Alle folgenden Zahlenangaben – falls nicht anders angegeben –sind den Verfassungsschutzberichten des Bundes oder der Länder entnommen.

[4] Vgl. Armin Pfahl-Traughber, Rechtsextremismus in der Bundesrepublik Deutschland, 4. Auflage,
München 2006, S.16-20 und 79-96; Richard Stöss, Rechtsextremismus im Wandel, Berlin 2005, S. 23—28 und 58—74.

[5] Vgl. u. a. Alexander Häusler, Rechtspopulismus in Gestalt einer „Bürgerbewegung”. Struktur und politische Methodik von PRO NRW und PRO DEUTSCHLAND, hrsg. von der Landesarbeitsgemeinschaft der kommunalen Migrantenvertretungen, Düsseldorf 2007; Alexander Häusler (Hrsg.),
Rechtspopulismus als „Bürgerbewegung”. Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien, Wiesbaden 2008.

[6] Vgl. u. a. Uwe Backes/Henrik Steglich (Hrsg.), Die NPD. Erfolgsbedingungen einer rechtsextremistischen Partei, Baden-Baden 2007; Armin Pfahl-Traughber, Der „zweite Frühling” der NPD. Ent-
wicklung, Ideologie, Organisation und Strategie eine rechtsextremistischen Partei, Sankt Augustin 2008.

[7] Vgl. u. a. Andrea Röpke/Andreas Speit (Hrsg.), Braune Kameradschaften. Die neuen Netzwerke der militanten Neonazis, Berlin 2004; Martin Thein, Wettlauf mit dem Zeitgeist. Der Neonazismus im Wandel. Eine Fallstudie, Göttingen 2009.

[8] Vgl, u. a. Christian Mehnhorn, „Autonome Nationalisten” – Generations- und Paradigmenwechsel im neonazistischen Lager?, in: Uwe Backes/Eckhard Jesse (Hrsg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Bd. 19, Baden-Baden 2007, S. 213–225; Jan Schedler/Alexander Häusler (Hrsg.), Autonome Nationalisten. Neonazismus in Bewegung, Wiesbaden 2011.

[9] Vgl. u. a. Helmut Willems u. a., Fremdenfeindliche Gewalt. Einstellungen, Täter, Konflikteskalati-
on, Opladen 1993; Helmut Willems/Stefanie Würtz/Roland Eckert, Analyse fremdenfeindlicher Straftäter, Bonn 1994.

[10] Vgl. u, a. Armin Pfahl-Traughber, Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepub Deutschland. Eine Analyse zu Entwicklung, Gruppen und Vergleich, in: Einsichten und Perspek ven, Nr. 1/2012, S. 16–31; Bernhard Rabert, Links- und Rechtsterrorismus in der Bundesrepub Deutschland von 1970 bis heute, Bonn 1995, S. 231–330.

[11] Vgl. u. a. Maik Baumgärtner u. a., Letzte Ausfahrt Eisenach, in: Der Spiegel, Nr. 46 vom 14.1` vember 2011, S. 67–75; Armin Pfahl-Traughber, Der neue Rechtsterrorismus. Versuch einer Ai wort auf zwölf Fragen, in: Mut, Nr. 530 vom Januar 2012, S. 58—65.

[12] Vgl. Wilhelm Heitmeyer, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die theoretische Konzepti und erste empirische Ergebnisse, in: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.), Deutsche Zustände. Folge Frankfurt/M. 2002, S. 15—34, worin die inhaltliche und methodische Ausrichtung der späteren Sdien skizziert wurde.

[13] Vgl. Oliver Decker/Oskar Niedermayer/Elmar Brähler, Rechtsextreme Einstellungen in Deuts~ land. Ergebnisse einer repräsentativen Erhebung, in: Zeitschrift für Psychotraumatologie und P; chologische Medizin, 1 (2003), S. 65–77, worin sich die ersten Ergebnisse der später regelmäl durchgeführten Datenerhebungen und -analysen finden.
[14] Dies ist die Perspektive in der als „klassisch” geltenden Studie der Vorurteilsforschung: Theoc W.Adorno, Studien zum autoritären Charakter (1950), Frankfurt/M. 1973.

[15] Diese Formulierung spielt auf das gleichnamige Hauptwerk von Thomas Hobbes an, welcher da eine vertragstheoretische Konzeption für einen autoritären Staat zur Vermeidung von blutigen B gerkriegen entwickelte.

[16] Vgl. Oliver Decker u. a., Die Mitte in der Krise. Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 20 hrsg. von der Friedrich Ebert-Stiftung. Forum Berlin, Berlin 2010, S.73.

[17] Vgl. ebenda.

[18] Vgl. ebenda.

[19] Vgl. Wilhelm Heitmeyer, Gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit. Die theoretische Konzeption und empirische Ergebnisse aus 2002 sowie 2003, in: Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.), Deutsche stände. Folge 2, Frankfurt/M. 2003, 5.13–32, hier S. 21.

[20] Die Auffassung kann auch zentral gegen die einschlägige Einwanderungspolitik gerichtet sein t muss nicht mit entsprechenden Aversionen gegen alle Fremden einhergehen. Darüber hinaus äuf sie sich nicht direkt über die Angehörigen der gemeinten Minderheit.

[21] Vgl. Jürgen Leibold/Steffen Kühnel, Islamophobie. Differenzierung tut not, in: Wilhelm Heitme; (Hrsg.), Deutsche Zustände. Folge 4, Frankfurt/M. 2005, S.135–155, hier S,112 und 114.

[22] Da ein solches „geschlossenes Weltbild” auch bei vielen aktiven Rechtsextremisten nicht vorhanc ist, sollte besser von rechtsextremistischen Einstellungen, Mentalitäten oder Orientierungen 1 sprochen werden.

[23] Vgl. 5 Millionen Deutsche: „Wir sollten wieder einen Führer haben  Die SINUS-Studie ül rechtsextremistische Einstellungen bei den Deutschen, Reinbek 1981, S. 78, 83 und 93.

[24] Vgl. u. a. Uwe Backes/Eckhard Jesse, Politischer Extremismus in der Bundesrepublik Deutschla Bd. I: Literatur, Köln 1989, S.118-121; Friedhelm Neidhardt, Rezension, in: Kölner Zeitschrift Soziologie und Sozialpsychologie, 32 (1981), S. 794—796.

[25] Weitere Beispiele: „Wir sollten streng darauf achten, dass wir das Deutschtum rein erhalten i Völkermischung unterbinden”: 11 Prozent (25 Prozent), „Der Einfluss von Juden und Freimaur‘ auf unser Land ist auch heute noch groß”: 6 Prozent (19 Prozent), „Was uns fehlt, ist wieder e echte Volksgemeinschaft, also weder Kommunismus noch Kapitalismus”: 19 Prozent (34 Proze oder „Gäbe es bei uns wieder Arbeitslager, kämen Zucht und Ordnung von alleine”. 8 Prozent 1 Prozent). Vgl. 5 Millionen Deutsche (Anm. 23), S. 79–81.

[26] Vgl. u. a. Kurt Sontheimer, Deutschlands Politische Kultur, München 1990; Bettina Westle/Os W. Gabriel (Hrsg.), Politische Kultur. Eine Einführung, Baden-Baden 2009.

[27] Vgl. 0. Decker u. a. (Anm. 16), S.75–84.

[28] Vgl. als frühere Stellungnahmen dazu mit unterschiedlicher Positionierung: Uwe Backes/Eckh Jesse, Extremismus der Mitte? – Kritik an einem modischen Schlagwort, in: Uwe Backes/Eckh Jesse (Hrsg.), Jahrbuch Extremismus & Demokratie. Bd. 7, Baden-Baden 1995, S. 13–26; Hans-Martin Lohmann (Hrsg.), Extremismus der Mitte. Vom rechten Verständnis deutscher Nation, Frankfiut/M.1994.

[29] So der Wahlforscher Jürgen W. Falter, Hitlers Wähler, München 1993, S. 372; vgl. auch Heinrich August Winkler, Extremismus der Mitte? Sozialgeschichtliche Aspekte der nationalsozialistischen Machtergreifung, in: Vierteljahreshefte für Zeitgeschichte 20 (1972), 5.175–191.

[30] Vgl. Seymour M. Lipset, Der „Faschismus”, die Linke, die Rechte und die Mitte, in: Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 11 (1959), S. 401–444; kritisch dazu: Jürgen W. Falter, Radikalisierung des Mittelstandes oder Mobilisierung der Unpolitischen? Die Theorien von Seymour Martin Lipset und Reinhard Bendix über die Wählerschaft der NSDAP im Lichte neuerer Forschungsergebnisse, in: Peter Steinbach (Hrsg.), Probleme politischer Partizipation im Modernisierungsprozess, Stuttgart 1982, S. 438-469.

[31] Dabei will man gleichzeitig aktuelle Themen stärker aufgreifen: „Die thematische Gewichtung sollte sich aber verschieben. Das marode Bankensystem, die Euro-Krise, die systematische Überfremdung unseres Volkes – die Themen liegen auf der Straße und liefern genügend Sprengstoff, um oh-ne ständige Vergangenheitsbezüge Klartext zu reden und systemüberwindende Lösungsvorschläge zu erarbeiten.” Vgl. Holger Apfel, Seriöse Radikal ität, in: Deutsche Stimme, Nr. 11 vom November 2011, S. 17.

[32] Vgl. Andreas Zick/Beate Klipper/Andreas Hövermann, Die Abwertung der anderen. Eine europäi= sche Zustandsbeschreibung zu Intoleranz, Vorurteilen und Diskriminierung, hrsg. von der Friedrich Ebert-Stiftung, Berlin 2011, S. 68.

[33] Vgl, u. a. Uwe Backes/Patrick Moreau, The Extreme Right in Europe. Current Trends and Perspectives, Göttingen 2002; Claudia Globisch/Agnieszka Pafelska/Volker Weiß (Hrsg.), Die Dynamik der europäischen Rechten. Geschichte, Kontinuitäten und Wandel, Wiesbaden 2010.

[34] Vgl. u, a. Kai Arzheimer, Die Wähler der extremen Rechten 1980–2002, Wiesbaden 2008, S. 286E und 333; Tim Speer, Modernisierungsverlierer? Die Wählerschaft rechtspopulistischer Parteien in Westeuropa, Wiesbaden 2010, 5.193 und 272.

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