Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 239/240: Keine Chance für den Frieden?

Ist das Klima der Verlierer von Russlands Krieg gegen die Ukraine?

Dass Bemühungen zum Umwelt- und Klimaschutz in Kriegszeiten dem militärischen Primat untergeordnet werden und in den Hintergrund treten, erscheint fast schon normal. Wie Astrid Sahm im folgenden Beitrag beschreibt, verstärkt Russlands Krieg gegen die Ukraine auf vielfältige Weise nationale und globale Umwelt- und Klimarisiken. Gleichzeitig gehören sicherheitsrelevante Aspekte der Klimapolitik zur Vorgeschichte dieses Kriegs. Auf dieser Grundlage plädiert sie für mehr Kohärenz im politischen Umgang mit den multiplen globalen Krisen, damit das friedenspolitische Potenzial des Klimaschutzes sich entfalten kann.

Russlands Angriff auf die Ukraine stellte 2022 alle anderen globalen Krisen in den Schatten. Anschaulich zeigt dies die CARE-Medienanalyse „Breaking the Silence“, die insgesamt 5,8 Millionen Online-Artikel auswertete, die von Januar bis Oktober 2022 in den Sprachen Arabisch, Deutsch, Englisch, Französisch und Spanisch erschienen. Hiervon beschäftigten sich 2,2 Millionen Artikel mit dem russischen Krieg gegen die Ukraine, während die Dürre- und Hunger­katastrophen in Afrika nur einen minimalen Bruchteil dieser Aufmerksamkeit erhielten (Stemmler 2023). Freilich drohte mit anhaltender Kriegsdauer selbst im Fall der Ukraine ein Erschöpfungs-, Gewöhnungs- und Verdrängungseffekt in der öffentlichen Wahr­nehmung in Deutschland und anderen EU-Staaten einzutreten – trotz der geographi­schen Nähe und der ständigen Präsenz von Millionen ukrainischer Kriegsflüchtlinge (Lobo 2022). Zudem konzentrierte sich die Aufmerksamkeit in Deutschland auf wenige Themen, insbeson­dere auf die Folgen für die Energieversorgung und ihre sozialen Konsequenzen sowie die Frage, wie weit die militärische Unterstützung der Ukraine gehen soll (Maurer et al. 2022). Dabei erschien die parteipolitische Profilierung in den Statements mancher Politiker wichtiger als die tat­sächliche Situation der Ukraine oder eine differenzierte und selbstkritische Analyse der Kriegs­ursachen, die über die naheliegende Kritik an der einseitigen Ausrichtung der deutschen Energiepolitik auf fossile Brennstoffe aus Russland in der Vergangenheit oder die pauschale Bewertung der NATO-Osterweiterung als einer Art Ursünde westlicher Politik hinausgeht.

Astrid Sahm geb. 1968, Dr. phil., Geschäftsführerin des Internationalen Bildungs- und Begegnungswerks gGmbH und Gastwissenschaftlerin an der Stiftung Wissenschaft und Politik. Zahlreiche Veröffentlichungen zum Thema, u.a.: In der Sackgasse. Die Sanktionsspirale EU-Belarus, in: Osteuropa, 10-12/2021, S. 139-168; Atomenergie nach Tschernobyl und Fukushima. Reaktionen in Ost- und Westeuropa, in: Osteuropa, 7/2013, S. 101-121.

Leider steht dieser Artikel nur in der Kaufversion der Zeitschrift vorgänge zur Verfügung. Sie können das Heft hier im Online-Shop der Humanistischen Union erwerben: die Druckausgabe für 28.- € zzgl. Versand, die PDF-/Online-Version für 10.- €.

nach oben