Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 245/246: Klima(un)gerechtigkeit

Klimaschutz, Postwachs­tums­öko­nomie und die Trans­for­ma­ti­ons­frage

Die Postwachstumsökonomie gründet auf der Einsicht, dass eine Entwicklung, die das Ziel der ökologischen Überlebensfähigkeit mit jenem der Resilienz und einer erstrebenswerten Lebensqualität koppelt, nur als ökonomisches Reduktionsprogramm darstellbar ist. Der Postwachstumsexperte Niko Paech schreibt in seinem Beitrag über die physischen Wachstumsgrenzen und konzentriert sich dabei insbesondere auf den Klimaschutz und die Frage, ob demokratische Institutionen in der Lage sind, die Überlebensfähigkeit der Menschheit wiederherzustellen. Dabei argumentiert Paech für einen Selbstwandel als ersten Schritt, in dessen weiterem Verlauf die Überlebensfähigkeit noch wiedererlangt werden könnte. Denn dies bilde die einzige Alternative zu makroökonomischen Steuerungsphantasien, deren Beschwörung höchstens noch Alibicharakter hat.

 

1. Das Spiel ist aus: Zurück auf Start

Infolge einer besinnungslosen Ausrichtung auf Wachstum, Technisierung und Globalisierung hat sich die menschliche Spezies innerhalb nur weniger Jahrzehnte ins ökologische Abseits manövriert. Damit ist sie zurückgefallen auf den Boden düsterer Schicksalsabhängigkeit, denn eine immer dichtere Abfolge verschärfter oder neuer Krisen treibt sie vor sich her, allen voran der Klimawandel. Vorherrschende Lösungsansätze orientieren sich an einer ökologischen Modernisierung. Letztere liefert die Basis für eine vermeintlich geläuterte, nunmehr „nachhaltige“ Fortschrittsideologie, die zeitgenössischen Konsumgesellschaften als Rechtfertigung dafür dient, einen angesichts multipler Wachstumsgrenzen naheliegenden Wandel zum Weniger auf unbestimmte Zeit zu verschieben. Allerdings sind es gerade viele der zu diesem Zweck entwickelten Effizienz-, Energiewende- und Kreislaufwirtschaftsinnovationen, die den materiellen Raubbau auf ungeahnte Weise intensivieren, indem sie bislang verschont gebliebene Naturgüter und Landschaftsbestandteile einer „grünen“, nichtsdestotrotz industriellen Verwertung zuführen. Dieses Konzept eines „grünen Wachstums“ erweist sich als äußerst kompatibel mit marktwirtschaftlichen Prozessen, insbesondere, weil es für private Unternehmen neue Geschäftsmodelle und Verwertungsoptionen offeriert.

 

Apl. Prof. Dr. Niko Paech ist Volkswirt. Er lehrt und forscht an der Universität Siegen als außerplanmäßiger Professor im Bereich der Pluralen Ökonomik. Seine Forschungsschwerpunkte liegen unter anderem im Bereich der Umweltökonomie, der Ökologischen Ökonomie und der Nachhaltigkeitsforschung. Paech hat den Begriff der Postwachstumsökonomie geprägt und ist ein Kritiker des Wirtschaftswachstums.

 

Dieser Artikel steht nur in der Kaufversion der Zeitschrift vorgänge zur Verfügung. Sie können das Heft hier im Online-Shop der Humanistischen Union erwerben: die Druckausgabe für 28.- € zzgl. Versand, die PDF-/Online-Version für 10.- €.

nach oben