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Über das Fehlen von Utopie

vorgängevorgänge 13806/1997Seite 35-45

Politik in „Star Trek“

Aus: vorgänge Nr. 138 (Heft 2/1997), S. 35-45

Der Verlust von Utopien wird in häufig beklagt. Selbst der Zusammenbruch der osteuropäischen realsozialistischen Systeme brachte nicht den von manchen erhofften Schwall neuer utopischer gesellschaftlicher Entwürfe. Das Kreieren und Formulieren solcher Utopien scheint eine äußerst voraussetzungsvolle Aufgabe zu sein. Denn immerhin sind gerade auch im Bereich des Science Fiction innovative Gesellschaftsentwürfe äußerst rar. In den populären Werken dieser Kulturgattung werden recht eindimensionale Projektionen dargeboten. Ein besonders prägnantes Beispiel für diese Art Denkträgheit bietet die Classic-Serie von Star Trek, die immer wieder in den Fernsehprogrammen ausgestrahlt wird.

In diesem Beitrag sollen drei Aspekte untersucht und erörtert werden. Erstens: Ob und in welcher Weise wird Politik in den ersten beiden Star Trek Serien „Classic“ und „The Next Generation“ thematisiert. „Politik“ wird dabei weit gefaßt und verstanden als individuelle oder kollektive Durchsetzung von Interessen, wobei die prozessuale (politics), die institutionelle (polity) und die inhaltliche (policy) Dimension berücksichtigt werden. Zweitens: Ob und inwiefern werden in den Classic-Serien von Star Trek gesellschaftliche Utopien gezeigt? Drittens: Welches sind die Gründe für den weitgehenden Mangel an gesellschaftlichen Utopien selbst in Science Fiction-Filmen und darüber hinaus?

Nun mag es verwundern, in der US-Serie Star Trek nach politischem Gehalt zu forschen. Aber bereits der bundesdeutsche Filmemacher Wim Wenders hat einmal sinngemäß gesagt, daß gerade diejenigen Filme, die vorgeben sie seien unpolitisch, eigentlich eminent politisch sind, denn mit jeder Einstellung „proklamierten“ sie, so wie es ist, müsse es bleiben. In ähnlicher Weise ließe sich dies auf Science Fiction-Werke übertragen, wenn gerade dort gesellschaftliche Utopien nicht gezeigt werden. Die Frage nach den Gründen für das verbreitete Utopiedefizit ist gerade in einer Zeit der Krisen und Orientierungslosigkeit brisant. Deshalb bietet sich eine populäre SF-Serie wie Star Trek an, um einige Hemmnisse für utopische Entwürfe aufzudecken und zu diskutieren.

Zu untersuchen ist konkret, wie verschiedene Grundaspekte des Politischen, beispielsweise Interesse und Macht, in Star Trek implizit oder explizit gezeigt werden. Nach einer einführenden Charakterisierung von Star Trek sollen deshalb drei wesentliche Bereiche von Star Trek nach ihrem politischen Gehalt betrachtet werden: das Verhältnis der Raumschiffcrew zur Heimat, die Verhältnisse innerhalb der Crew und das Außenverhältnis. Durch Darstellung der politisch „blinden Flecken“ einerseits und der in den Filmen thematisierten Aspekte andererseits werden einige politische Elemente von Star Trek ausgewählt und auf ihren ideologischen Gehalt hin analysiert und diskutiert. Damit verbunden wird nach Fragmenten gesellschaftlicher bzw. politischer Utopien gesucht. Abschließend werden Faktoren erörtert, die erklären können, warum soziale und politische Utopien auch in Star Trek einen sehr geringen Stellenwert einnehmen und welche etwaigen Hürden es zu überwunden gilt – nicht nur im Feld der Science Fiction.

Die Science Fiction-Serie Star Trek

Mitten in der Vorbereitungszeit für das ehrgeizige Mondlandungsprogramm der USA („Apollo“) entwarf der Ex-Weltkriegspilot Gene Roddenberry mit seiner Frau Majel Barrett-Roddenberry 1964/65 die erfolgreichste Science Fiction-Serie aller Zeiten. Bislang wurden fünf Serien (wie die „klassisch“ genannte Raumschiff Enterprise, danach Next Generation, Deep Space Nine, Voyager) mit insgesamt 415 Folgen ausgestrahlt und acht Kinofilme gezeigt. Die eminente Popularität der Serie wird darüber hinaus auch durch die weltweite Fangemeinde und das umfangreiche Devotionalienangebot offenkundig.

Gerade die Science Fiction-Serie Star Trek kann in gewisser Weise als Nachfolger der Westernfilme angesehen werden. Während Western vom Leben bzw. Überleben weißer Männer an einer „Grenze“ (frontier) auf dem neuen Kontinent des Planeten Erde spielten, eilt(e) das Raumschiff Enterprise mit ähnlicher Intention an den Grenzen des Weltalls umher. Roddenberry persönlich hat Star Trek als „Wagon Train to the Stars“ bezeichnet und verweist damit direkt auf die Tradition der Western.

Zugleich, und übereinstimmend mit der Funktion als spezifische Projektionsfläche für US-amerikanische Befindlichkeiten seit den sechziger Jahren, lassen sich insbesondere in der Classic-Serie zahlreiche Reminiszenzen finden, die auf zentrale Themen und Aspekte der zeitgenössischen US-Gesellschaft verweisen (kalter Krieg, Bürgerrechtsbewegung, etc.).

Bei all dem mangelt es der Classic-Serie trotz ihrer Zugehörigkeit zum Bereich Science Fiction allerdings sehr an Elementen gesellschaftlich-politischer Utopie, was in den drei folgenden Abschnitten genauer beschrieben wird.

Das Heimatverhältnis der Enterprise

Über die Heimat der Enterprise-Crew wird in den Star Trek-Episoden nur äußerst selten berichtet. Beispielsweise werden die ökonomischen, sozialen, politischen oder kulturellen Verhältnisse auf der Erde nicht oder nur sehr rudimentär beschrieben. Deutlich wird einzig, daß im 23. Jahrhundert auf der Erde eine Vereinte Weltraumbehörde und eine Vereinte Föderation der Planeten existiert. Die sogenannte Sternenflotte und die Enterprise fungieren als deren militärischer Arm.

Selbst Kommunikation mit der Heimat fehlt fast völlig. Daher erscheinen die Star Trekker in ihrer Rolle als autonome Kreuzzügler oder Entdeckungsreisende. Außerdem werden sie meist als geschichtslose Menschen dargestellt; Einblicke in ihre individuellen oder kollektiven Biographien erfolgen äußerst selten. So fällt Geschichte und Geschichtsbewußtsein als Orientierungsraum oder Maßstab für Entwicklungsprozesse aus.

Nur die generelle Aufgabe der Enterprise-Crew wird immer wieder artikuliert. Als Einleitung jeder Sendung erfolgt die Proklamation über die „Mission“ der Enterprise: „Dies sind die Abenteuer des Raumschiffes Enterprise, das viele Lichtjahre entfernt unterwegs ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen …“ Unter Berücksichtigung der verschiedenen Filme können der Enterprise-Besatzung zwei Aufgaben zugeordnet werden. Die erste besteht in der Sicherung der Außengrenzen der Föderation. Zur zweiten Aufgabe gehört die Erkundung neuer galaktischer Regionen und Planeten. Die Mission der Enterprise ist demnach sowohl polizeilich-militärischer als auch wissenschaftlich-forschender Art. Zu diesem Zweck ist sie grundsätzlich auf Schutz und Verteidigung der bestehenden Grenzen und allem Anschein nach auch der gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichtet. So resümiert beispielsweise Captain Kirk, der Chef der Enterprise-Crew, am Ende seines erfolgreichen letzten Fluges mit der Enterprise stolz: „Wieder einmal haben wir unsere Zivilisation gerettet.“ Dies kann wohl eher als traditionelle denn als utopische Haltung interpretiert werden.

In diesem Zusammenhang spielt die „Hauptdirektive“ der Föderation eine herausragende Rolle. Sie stellt eine Art von Verhaltenskodex für die Crew der Enterprise dar, die sie als rechtliche Grundlage ihrer Aktivitäten zu beachten hat. Die Anwendung und Einhaltung der Hauptdirektive ist jedoch häufig umstritten und wird immer wieder problematisiert, wie weiter unten ausgeführt wird.

Die Personen von Star Trek, zumindest die wichtigsten Mitglieder der Crew, stellen eine neue Art von Volkshelden dar. Sie müssen bzw. wollen immer neue Abenteuer in den Weiten des Weltraums bestehen, allerdings mit althergebrachten Tugenden, wie wir sie beispielsweise aus Westernfilmen kennen. Der Weltraum erscheint dabei als moderne Wildnis, als Chiffre für das Andere. Die Grenze zwischen Innen und Außen, zwischen Zivilisation und Barbarei, zwischen „Wir“ und „Ihnen“, das Wahrnehmungs- und Denkmuster der Unterscheidung zwischen Gut und Böse wird in allen Filmen immer wieder neu thematisiert und reproduziert.

Also auch in dieser Hinsicht lassen sich Parallelen zu Westernfilmen ziehen, genauer: zur allmählichen Westausdehnung der Weißen in Nordamerika während der letzten Jahrhunderte. Damals drangen zur Unterwerfung und Kontrolle der Indianer weißhäutige Abenteurer und Soldaten in Indianergebiete ein und brachten „die Zivilisation“ mit. In dieser Parallele zur Geschichte der USA wird der Name Star Trek auch inhaltlich verständlich: Ähnlich wie der alte Trek der nordamerikanischen Siedler nach Westen, „zur Frontier“ und darüber hinaus fliegen die Star Trek Helden in die äußersten Quadranten des bekannten Weltraums. Ähnlich wie in Western wird nur selten deutlich, von welchen Motiven, Interessen und Triebkräften diese mutigen Typen getrieben werden
bzw. wovon sie sich treiben lassen. Zumindest in der Classic-Serie kommt dies nicht zur Sprache.

Neben diesen inhaltlichen und dramaturgischen Ähnlichkeiten zwischen der Geschichte bzw. Gegenwart in den USA und der Ära Star Trek im 23. Jahrhundert werden auch im Bereich der Symbolik und Ausstattung Parallelen benutzt. So stellt das Emblem des Präsidenten der Planetenföderation in Star Trek eine Mischung aus dem heutigen UN-Emblem und dem Hoheitszeichen des US-Präsidenten dar.

Binnenverhältnis

Innerhalb der Enterprise, im Bereich der Arbeits- und Lebensweise, werden ebenfalls keinerlei utopische Rollen gezeigt oder ausprobiert. Die Hierarchien und Verhaltensstrukturen innerhalb der Crew der Enterprise werden als stabil und frei von grundlegenden bzw. ernsthaften Konflikten dargestellt. Außer einigen kameradschaftlichen Sticheleien herrschen in der Enterprise auch zwischen den Vertretern unterschiedlicher Hierarchieebenen, Geschlechtern und Ethnien Grundkonsens, Akzeptanz und Friedfertigkeit. Das zum Ausdruck kommende Menschenbild ist in einseitiger Weise positiv. Die Individuen der Crew werden als unproblematische Menschen dargestellt, die keine destruktiven Persönlichkeitsanteile ausgebildet haben. Aus diesem Grunde kann das Problematische und Böse, das in den Episoden immer wieder auftaucht, nur außerhalb des Raumschiffes existieren und nur aus den Weiten des Weltalls kommen. Dementsprechend stammen sämtliche Herausforderungen und Aktivitäten aus der Interaktion mit anderen Raumschiffen und Lebewesen. Lediglich „Fremd“-Einwirkung generiert Probleme und Konflikte: diese naive, antiquierte und heute noch weit verbreitete Einschätzung gilt demnach auch noch in 200 Jahren …

Das „ethnisch Fremde“ wurde allerdings in zunehmendem Maße in die EnterpriseBesatzung integriert – je jünger die Episode, umso deutlicher ist dies. Somit tauchen immer exotischere Figuren als Teil der Crew auf, und es etablierte sich eine entsprechende Multikulturalität. Diese hatte zur Zeit der ersten Ausstrahlungen durchaus avantgardistische Qualitäten, erhielt realen Input durch die „Rassenintegration“ in der US-Armee der sechziger Jahre.

An Bord der Enterprise herrscht üblicherweise militärische Hierarchie und eine Arbeitsatmosphäre wie heute zum Beispiel auf Flugzeugträgern. Trotz der gelegentlich auftretenden und mit beschränkten Kompetenzen ausgestatteten Frauen handelt es sich bei Star Trek insbesondere in den ersten Serien um eine Art von Männerbund, in dem unterschiedliche männliche Charaktermerkmale zum Tragen kommen. Als Prototyp der Classic-Serie kann Captain Kirk gelten, der trotz (oder wegen?) seiner Position als Kommandant des Raumschiffes Enterprise in zahlreichen Episoden als Abenteurer auftritt. Durch Entscheidungen und Maßnahmen, die manchmal die Grenzen der Legalität überschreiten, agiert er erfolgreich und meistert sämtliche Aufgaben und Herausforderungen. Selten nur werden die daraus resultierenden Konflikte mit der Föderation der Planeten dargestellt, manchmal wird angedeutet, daß er bei erfolgreichen Missionen trotz illegaler Aktionen – wie unter richtigen Männern – kameradschaftlich und augenzwinkernd gelobt wird und dadurch besondere Anerkennung genießt.

Das gelegentliche riskante oder gar illegale Verhalten von Captain Kirk erfolgt vornehmlich in gefährlichen Ausnahme- und Krisensituationen. Für die Abwehr von Bedrohungen des Systems, die nur von außen zu befürchten sind, können also illegale Maßnahmen ergriffen werden, das heißt, es müssen keine strukturverändernden internen Maßnahmen ergriffen werden. Im Gegenteil: nach jeder erfolgreichen Abwehr von äußeren Gefahren kann die eigene Identität und Kultur gefestigt werden als eine Art von Sieg über die Wandlungsanmaßungen.

Als Alternativmodell männlicher Charaktere steht dem Abenteurer Kirk am anderen Ende des Verhaltensspektrums ein menschenähnliches Lebewesen gegenüber, dessen Loyalität und sogar Freundschaft zu Kirk zweifelsfrei bleibt: der Vulkanier Spock. Mit seinem hochintellektuellen Habitus, seiner durchgängig rational-trockenen Haltung und seinen spitzen Ohren repräsentiert er andere männliche Verhaltensdispositionen als Kirk. Als „komplementäre“ Elemente fehlen eigentlich „nur noch“ sensible, emotionale und ähnliche „weibliche“ Verhaltensweisen, die in der Classic-Serie stark unterbelichtet sind.

In den neueren Serien allerdings, das sei angemerkt, werden diese konservativ-patriarchalen Rollenverteilungen etwas aufgelöst. Das zeigt sich beispielsweise bei einem Vergleich der Führungsstile von Captain Kirk und seinem Nachfolger Picard (in der Serie „Next Generation“). Die beiden Raumschiffkommandanten sind charaktermäßig sehr unterschiedlich. Picard spielt nicht einen abenteurerhaften, sondern einen besonnenen und sehr reflektierten Kommandeur. Bemessen an den vielfältigen und wohl auch komplizierten Aufgaben der Enterprise verfügt die Crew erstaunlicherweise über keinen erwähnenswerten Stab nicht-technischer Experten (wie z.B. Völkerkundler, Kulturwissenschaftler, Mediatoren). Zur Entscheidungsfindung dienen keine Gruppenberatungen geschweige denn Vollversammlungen, sondern meist nur bilaterale Besprechungen oder Debatten; Rückfragen zur Erde bzw. zur Föderation kommen nicht vor. Nur Computer unterstützen die Entscheidungsfindung durch Lieferung von Daten und Wissen. Selbst der Konferenzraum von Captain Jean-Luc Picard wird nur einmal bei einer Personalentscheidung kollektiv genutzt, suggeriert aber – im Unterschied zu Captain Kirk – gleichwohl Teamwork und erscheint als Reminiszenz an demokratische Verfahren oder kollektive Beratungen.

Wie bereits für das Heimatverhältnis der Enterprise konstatiert, wird über soziale Verhältnisse und Hintergründe wenig gezeigt und ausgesagt. Über die Erwerbsarbeit, die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitszeitsysteme, über Familien- bzw. Beziehungsleben, Freizeit und Urlaub, über Kunst und Kultur (die Serie ist übrigens im Vergleich mit vielen anderen Science Fiction-Filmen äußerst arm an Musik) wird kaum ein Wort oder eine Szene verloren. In welcher Weise gesellschaftlicher Reichtum erzeugt und ausgetauscht wird, verbleibt unklar. Demokratische Prozesse und Willensbildung u.ä. wird nicht thematisiert; kollektive Interessenvertretung, Wahlen, Abstimmungen, etc., also allesamt Mechanismen zur Klärung von Handlungsoptionen und Regeln und organisierte Formen letztendlich zur erfolgreichen Meisterung der komplizierten Lebensprozesse, finden nicht statt bzw. werden nicht gezeigt. Oppositionelles Denken und Verhalten kommt daher auch nicht vor. Unterschiedliche Interessen und Machtkonstellationen bleiben im Dunkeln, Geschlechterverhältnisse und Sexualität sind tabu. Die existierende Ordnung gilt dadurch als selbstverständlich. Dies wiederum wirkt einerseits steril, andererseits aber sicher, weil es für die Zuschauer keinerlei persönliche Herausforderung bedeutet. Gesellschaftlich-politische Utopien kommen nicht vor.

Außenverhältnis

Die beiden Hauptfunktionen der Enterprise sind zum einen die Verteidigung der Außengrenzen der Föderation und zum zweiten die Erkundung neuer galaktischer Räume. Beide Funktionen bringen es mit sich, daß Kontakte mit Lebewesen anderer Zivilisationsformen und Entwicklungsstufen eingegangen und gestaltet, daß also Differenzen und Ungleichzeitigkeiten überbrückt werden müssen. Von grundsätzlicher Bedeutung für die Außenkontakte ist die oben erwähnte „Hauptdirektive“ der Föderation. Diese ist vergleichbar mit dem Prinzip der „Nichteinmischung“ wie es in heutigen internationalen Organisationen wie der UN festgeschrieben ist. Danach ist es nur unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Ausnahmesituationen gestattet, sich in die internen Angelegenheiten anderer (Mitglieds-)Länder einzumischen. Im 23. Jahrhundert gilt der Grundsatz der Nichteinmischung nicht nur gegenüber den Mitgliedern der Föderation, sondern auch gegenüber Nichtmitgliedern. Dementsprechend ist es den Mitgliedern der Sternenflotte gemäß der Hauptdirektive nicht gestattet, in die Entwicklung anderer Kulturen direkt oder indirekt einzugreifen. Die eigenständige, natürliche Entwicklung darf demnach nicht gestört oder beeinflußt werden. Aber insbesondere Captain Kirk interpretiert die Hauptdirektive gelegentlich etwas sehr weit und übergeht sie von Fall zu Fall. Er begründet dies damit, daß er den anderen Völkern aufgrund seiner Erfahrungen mit der Geschichte der Menschen harte Umwege und unnötiges Leid ersparen und der Freiheit zum Durchbruch verhelfen möchte – übrigens eine geradezu leninistische oder maoistische Haltung.

Fast ohne Ausnahme handelt die Enterprise-Crew aus einer Position der zivilisatorisch-technischen Überlegenheit heraus. Die Kameraführung untermauert diese einseitige Sicht der Enterprise-Crew, die in jeder Situation aus der Perspektive der Stärke denkt und handelt und auch nicht aus anderer alternativer Sicht gezeigt wird. Aus ihrer Position erscheinen andere Kulturen und Lebensweisen als unterentwickelt und defizitär. Eine in ähnlicher Weise kritische Sicht auf die eigene Kultur, auf das eigene Tun und Lassen wird jedoch nie entwickelt und zu einem Dialog entfaltet. Entsprechend simpel sind zu Beginn der Serien die Feindbilder. Sie verkörpern das geschichtslose Böse schlechthin. Warum die Anderen so böse Wesen wurden, ihre Beweggründe, Motivationen, Interessen und Hintergründe werden nicht beleuchtet. In den späten Folgen der ClassicSerie sind die Feindbilder etwas differenzierter, nun sind es oft Lebewesen und Kulturen, die andere gesellschaftliche Vorstellungen haben und tyrannisch regiert werden. Doch auch hier werden „Fremde“ und „Andersdenkende“ nach den üblichen Klischees mit Masken und Kostümen „kenntlich gemacht“. Das zivilisatorische und humanitäre Ziel des „Verstehen“ wird weder angestrebt noch möglich gemacht oder erleichtert.

Mit einer solchen Projektion des „Bösen“ nach Außen, die wohl nur zum Teil der Aufgabenstellung der Enterprise geschuldet ist, wird von eigenen immanenten Problemen und Defiziten abgelenkt. Es herrschen nach außen gerichtete und außengelenkte und extrovertierte Muster der Identitäts- und Sinnsuche vor, was wiederum als expansiv-maskuliner Modus definiert werden kann. Statt unterschiedliche Sicht- und Lebensweisen deutlich darzustellen und alternative Entwicklungspfade aufzuzeigen, steht klischeebeladene Unterhaltung eindeutig im Vordergrund. Polititsche Utopien fehlen auch in diesem Bereich der Star Trek-Classic-Serie.

Ideologischer Gehalt

Wie sich oben zeigte, werden in den frühen Star Trek-Episoden äußerst selten politische Themen offen angesprochen. Doch gerade deshalb ist es spannend, die in den Filmen unterschwellig verbreiteten Ideologieelemente näher zu betrachten.

In verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten über Star Trek ist herausgestellt worden, daß diese US-Serie u.a. dazu beiträgt, den „American Dream“ im Kontext moderner Zeiten und Verhältnisse neu zu definieren. So finden sich zahlreiche politische Elemente des American Dream in Star Trek wieder, wie zum Beispiel der missionarische Eifer zur Weltverbesserung und die (zeitweilig arrogante) Haltung der überlegenen Zivilisation.

Außerdem gibt es unzählige Analogien mit realen Zuständen und Geschehnissen in den USA der 60er und 70er Jahre. Beispielsweise wird die Föderation im 23. Jahrhundert als Weltpolizist dargestellt. Auch der Krieg der USA in Vietnam wird „gespielt“, wie zum Beispiel in der Episode „A Private Little War“. In dieser Episode sind zahlreiche Analogien identifizierbar: Die Föderation ist vergleichbar mit den USA, die Klingonen repräsentieren die Einwohner der UdSSR, das Bergvolk weckt Assoziationen mit Südvietnamesen, die Dorfbewohner stellen die Nordvietnamesen dar, und die Person Apella repräsentiert Ho Chi Minh.

Die Überheblichkeit der weißen männlichen Eliten wird an einem Dialog zwischen dem Vulkanier Spock und Doktor McCoy in dem Film „The Apple“ nachvollziehbar. Spock: „Doctor, you insist an applying human standards to non-human cultures. I remind you that humans are only a tiny minority in this galaxy.“ McCoy: „There are certain absolutes, Mr. Spock, and one of them is the right of humanoids to a free and unchained environment. The right to have conditions that permit growth.“ Die Kehrseiten dieser „Arroganz der Macht“, die Perspektive von Nichtmenschen, werden nicht dargestellt, immer nur wird die Perspektive des Stärkeren eingenommen; vermutlich bringt genau das für Zuschauer eine gewisse Befriedigung durch simple Identifikation.

Auffallend ist, daß einige zentrale Aspekt von Gesellschaften weder in Wort noch Bild vorkommen. Insbesondere die Ökonomie findet keinerlei Erwähnung, sogar von Geld wird überhaupt nicht gesprochen, Macht- und Verteilungsfragen tauchen nicht auf, Ökologie und Habitat sind kein Thema, zivilgesellschaftliche Strukturen und politische Organisationen existieren nur am Rande, systemimmanente Konflikte, geschweige denn Interessengegensätze kommen nicht vor. Wichtige gesellschaftliche Gruppen wie Kinder und Senioren sind überhaupt nicht, Frauen und Minderheiten nur unzureichend repräsentiert.

Aus diesen Beobachtungen lassen sich einige ideologische Muster ableiten, aus denen sichtbar wird, welche politisch relevanten Inhalte und Klischees in Star Trek transportiert werden. Hier sei nur ein zentrales Ideologiemuster diskutiert: der Vergleich mit alternativen Lebensweisen, Kulturen und Gesellschaftsordnungen in Star Trek.

Dies wird in der Episode über den „Gott der Mintakaner“ sichtbar. Auf seinem Planeten sind alle Lebewesen zufrieden, es herrscht Friede, und die Leute glauben an einen Gott. Aber der Enterprise-Besatzung mißfällt dieses Paradiesmodell. Erstens verurteilen sie die herrschende Unterwürfigkeit und Gehorsamkeit der Mintakaner. Zweitens fehlt Ihnen dort eine dynamische und mit Mühen betriebene Entwicklung (ggf. als Synonym oder Metapher für Wirtschaftswachstum?) und Fortschritt. Verglichen mit dem für die Crew gewohnten Individualismus, dem Erfolgsdenken, dem Leistungsstreben, der technologischen Dynamik erscheint ihnen dieses Paradies als stagnierende und unterentwickelte Lebensform, in der nur das Kollektiv zählt, Einzelne nichts.

Interessanterweise ist in all den Episoden noch niemand ernsthaft auf die Idee gekommen, die Lebensweise der Enterprise bzw. Föderation radikal in Frage zu stellen.

Das heißt, am Allgemeingültigkeitsanspruch der irdischen – also der US-amerikanischen – Lebensweise wird nicht gerüttelt. Sie wird als am weitesten entwickelt, als Maßstab und Vorbild zur allgemeinen Nachahmung empfohlen. Kehrseite ist, daß diese Haltung der Föderalen ihre mangelnde und defizitäre Selbstreflexion (und die der Zuschauerinnen) zementiert und die soziale und politische Reifung hemmt.

Aus den meisten Classics-Episoden läßt sich schließen, daß die irdische – das heißt die US-amerikanische – Zivilisation als die beste aller Welten angesehen werden muß. Fazit der politisch-sozialen Aspekte der Ideologie von Star Trek: Das Eigene ist gut. So wie es ist, soll es bleiben. Akzeptable Alternativen zum Bestehenden gibt es keine. Gesellschaftliche Utopien werden nicht benötigt. Fortschritt ist nur als technischer Fortschritt begreifbar, sinnvoll und wünschbar.

Doch genau an diesem Punkt deutet sich ein grundlegender Widerspruch an, der sich in der gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit, also im Verlauf der Zivilisationsgeschichte zeigte und auf den Wissenschaftler immer wieder kritisch hingewiesen haben: das Auseinanderklaffen zwischen technischen Fertigkeiten und menschlichen Fähigkeiten. Dieser Widerspruch wird in Star Trek in einer Episode der Classics-Serie besonders deutlich. Dort wird ein Mann namens Gary Seven unbeabsichtigt an Bord der Enterprise gebeamt. Er befindet sich auf dem Weg zurück in die Vergangenheit, um die Erde am Ende des 20. Jahrhunderts vor dem Untergang zu retten, der aufgrund verschiedener selbstzerstörerischer Prinzipien unausweichlich scheint. Ein gravierendes Problem besteht seiner Auffassung nach darin, daß „Earth technology and science have progressed faster than political and social knowledge.“ Auch Captain Kirk
äußert ähnliches in der Episode „A Private Little War“: „We once were as you are. Spears and arrows. Came a time when our weapons grew faster than our wisdom, and we almost destroyed ourselves. We learned from this to make a rule during all of our travels: never to cause the same to happen to other worlds.“ Dieses „selbstzerstörerische Grundübel“ scheint demnach im 23. Jahrhundert immer noch zu bestehen und von Star Trek nicht überwunden zu sein.

Allerdings kommen in einigen Star Trek Episoden auch progressive Prinzipien facettenhaft vor, die eine fortgeschrittene und reife politische Kultur auch in Zukunft kennzeichnen werden: Pluralismus, Toleranz, Multikulturalismus. In einigen Hinsichten war die Enterprise sogar Vorreiter in den USA der sechziger Jahre: Eine Afroamerikanerin wurde in die Crew aufgenommen, während im Lande schlimme Rassenunruhen tobten. Und in der Folge „Das unentdeckte Land“ klingt sogar leichte Selbstkritik an der zeitgenössischen Zivilisation und Politik an. Der weißhaarige Präsident der Föderation hält zu Beginn einer Friedenskonferenz eine Rede und sagt darin unter anderem: „Lassen Sie uns den Begriff Fortschritt neu definieren in dem Sinne, daß es nicht unbedingt notwendig ist etwas zu tun, nur weil wir in der Lage sind, auf diesem Gebiet etwas zu tun.“ Damit wurde ein zentrales Element von Hans Jonas‘ Prinzip Verantwortung zum Ausdruck gebracht.

Derartige Offenheit und Reflektiertheit wird in den neueren, hier aber nicht berücksichtigten, Star Trek-Serien „Deep Space Nine“ und „Voyager“ häufiger sichtbar. Sie sind allem Anschein nach pluraler und mit einem demokratischeren Geist angereichert. Doch auch ihnen mangelt es in hohem Maße an Elementen gesellschaftlicher Utopie.

Der Mangel an gesellschaftlichen Utopien

Anhand der Classic-Serie von Star Trek wurde versucht, exemplarisch nachzuweisen, daß diese als unpolitisch angesehenen Filme einerseits eminent politisch sind und andererseits trotz des Anspruches, Science Fiction zu sein, gerade gesellschaftliche Utopien völlig ignorieren. Außer technischen Utopien werden für den Bereich des menschlichen Zusammenlebens, insbesondere für politische Strukturen und Prozesse, keinerlei Ideen entwickelt und keinerlei Entwürfe skizziert.

In dieser Art der Science Fiction wird so getan, als wäre das menschliche Zusammenleben und dessen Regelung auch in dreihundert Jahren noch nach denselben oder ähnlichen Prinzipien und Maßstäben organisiert wie im heutigen zwanzigsten Jahrhundert. Vielleicht muß man bei dieser kritischen Betrachtung dreihundert Jahre zurückgehen, um die politische Naivität bzw. Phantasielosigkeit (oder Ignoranz) dieser Serie zu ermessen: Die politischen Strukturen vor der Zeit der US-amerikanischen oder der französischen Revolution wären dementsprechend in der damaligen Science Fiction bis heute verlängert worden!

Woraus resultiert nun dieses eklatante Defizit hinsichtlich gesellschaftlich-politischer Utopien? In Bezug auf Star Trek lassen sich einige spezifische Gründe benennen.

Im „Star Trek Guide for writers“ ist erklärt, daß die Menschheit im 23. Jahrhundert eine gewisse Art von Zusammenhalt und Einigkeit gefunden hat, daß aber Details der Politik auf der Erde möglichst nicht erwähnt werden sollten. Dies wird leider nicht weiter begründet. Des weiteren antwortet der Guide auf die Frage, ob sich denn die Bedürfnisse der Menschen hinsichtlich Nahrung, körperliche Liebe, Schlaf, etc. bis zum 23. Jahrhundert nicht verändert haben würden: „Probably. But remember, the only Westerns which failed miserably were those which authentically portrayed the men, values, and morals of 1870. The audience applauds John Wayne playing what is essentially a 1966 man.“ Der vermeintliche apolitische Geschmack des zahlungsfähigen Publikums und der damit verbundene Erfolg und Profit der TV-Serie werden als Legitimation für die Gestaltung der Rollen und Plots herangezogen.

Im utopischen Defizit der Star Trek-Serien spiegelt sich meines Erachtens ein weit verbreitetes, allgemeines Defizit an gesellschaftlichen Utopien. In unseren Gesellschaften existieren verschiedene Ursachen für die verbreitete Schwierigkeit, soziale Utopien zu entwerfen und zu kultivieren. Hier seien einige skizziert.

Allgemein werden langfristige Perspektiven vom permanenten Überlebenskampf und den alltäglichen Routinen verschüttet. Das kurzfristige Überleben, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, läßt langfristiges Denken und Handeln besonders luxuriös erscheinen.

Aufgrund der durch die herrschende Sozialisationspraxis und aktuelle Zwänge kultivierten Selbstentfremdung sind viele Menschen nicht gewohnt, ihre ureigensten Bedürfnisse wahrzunehmen, anzuerkennen, zu reflektieren und zu artikulieren. Gerade das Bewußtsein gegenüber Bedürfnissen und Räume zu deren Artikulation sind Voraussetzung für utopisches Denken. Ein weiteres Hemmnis sind die üblichen Mühen kollektiven Engagements und demokratischer Aktivitäten. Sie werden durch die zunehmende Individualisierung und die damit verbundene „instant satisfaction“ für die derart sozialisierten Individuen „zu teuer“. Die Mühe kollektiver Aktion und nachhaltiger Partizipation wird gescheut.

Das in den meisten älteren Star Trek-Folgen festgestellte „Politik-Defizit“ korrespondiert mit einem prinzipiellen Merkmal bürgerlicher Gesellschaften: der Ideologie, daß die Verhältnisse, so wie sie sind, auch weiterhin existieren werden. Der Status quo wird nicht als historische Periode, sondern absolut gesetzt (Fukuyamas These vom Ende der Geschichte nach 1989 ist ein prononciertes aktuelles Beispiel für diese Haltung).

In vielen Science Fiction- und noch stärker in anderen Kulturerzeugnissen werden Veränderungen häufig nur in technischer oder persönlicher Hinsicht für möglich gehalten oder erwartet. Macht- und Herrschaftsstrukturen, Ausbeutungsprozesse und ungerechte Verhältnisse werden weder theoretisch noch praktisch angetastet. Daraus ergibt sich auch als „Ausweichstrategie“ entweder die zunehmende Personalisierung oder die Entfremdung von Politik.

Angesichts der von Kirk angedeuteten Notwendigkeit, daß auf der Erde statt technologischer eher politisch-soziale Innovationen notwendig sind, um das Überleben der Menschheit zu ermöglichen, stimmt das Ergebnis der vorliegenden Überlegungen – daß politische Utopien in den älteren Episoden der SF-Serie Star Trek derart unterbelichtet und unterentwickelt sind – bedenklich. Schlimmer noch: Gerade die offengelegte Ideologie des „weiter so“ ermöglicht und unterstützt unser Weitertreiben in „stille Katastrophen“ (Charles Perrow).

Eine Basis bzw. Bedingung für den Mangel an politischen Utopieentwürfen ist die Ignoranz gegenüber systemimmanenten Problemen und strukturellen Konflikten.

Resumie

Bei der Suche nach dem Politischen und Utopischen in der Star Trek-Classic Serie wurde gezeigt, daß dort das Politische und Utopische selten in offener Weise thematisiert, aber dennoch massive politisch-ideologische Inhalte vermittelt werden. Zweitens ist das Politische in Star Trek weit weniger phantasievoll entwickelt als die dargebotenen technischen Neuheiten. Drittens beinhalten die Star Trek-Episoden in Bezug auf das Politische nichts Utopisches, sie zeigen weder Organisationsformen oder Verfahren, die über heute existierendes hinausgehen, noch werden alternative Lebensweisen und Gesellschaftssysteme ausführlich und einfühlsam gezeigt und ernsthaft mit den eigenen verglichen. Im Gegenteil, einige Episoden dienen der lapidaren Ablehnung alternativer gesellschaftlicher Konzeptionen. So gesehen kann Star Trek als Propagandist des American Way of Life betrachtet werden, der vor allem in Zeiten des Kalten Krieges entsprechende Feindbilder spiegelte und vermutlich entsprechende Haltungen reproduziert(e). Wichtige Elemente der hegemonialen US-amerikanischen Ideologie finden sich in den Serien wieder, Denkmuster und Ideologieelemente des „American Way of Life“ dominieren die Episoden: ausgeprägter Individualismus, der Ethos des einzelnen maskulinen Helden, männerbündischer-militärischer Teamgeist, Technikfixiertheit und entsprechende filmische Effekte, Antikommunismus, Entpolitisierung und scheinbare Entideologisierung.

Die hier geäußerte kritische Einschätzung der älteren Star Trek-Serien in Bezug auf ihren politischen Gehalt und ihr utopisches Defizit ist allerdings in einer Hinsicht zu relativieren: Die Hürden für utopisches Denken sind zahlreich, auch der Zukunftsforschung sind die Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung plausibler utopischer Entwürfe bekannt. Dazu bedarf es beispielsweise der Zusammenarbeit unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen, einer langfristigen Sichtweise, und einem Denken in komplexen und dynamischen Zusammenhängen. Mit besonderen Methoden versuchen Zukunftsforscher dieses Ziel zu erreichen. Die Nutzung solcher Erkenntnisse kann von Science Fiction-Serien nicht erwartet werden, denn letztere werden auf den vermuteten Unterhaltungsbedarf des Publikums zugeschnitten. Grundsatzkritik, Infragestellung von Selbstverständlichem, und „radikal Neues“ wird meist nur in vorsichtig dosierter und oberflächlicher Weise angeboten, um die Vermarktungschancen und Gewinnspannen zu maximieren.

Das in der Classics-Serie von Star Trek aufgespürte Defizit an politischen Utopien und die darin vermittelte Ideologie des „weiter so“ scheint in diesem Ausmaß allerdings unnötig. Die neuen Star Trek-Serien bieten eine Kost an, die weiterhin technikfixiert, aber hinsichtlich des „Politischen“ schon komplexer und anregender ist. Interessante politisch-gesellschaftliche Utopieangebote können wir davon aber auch nicht erwarten. Wir sollten daher unsere eigenen Erfahrungen, Hoffnungen und Phantasien ausprobieren.
Der Verlust von Utopien wird in häufig beklagt. Selbst der Zusammenbruch der osteuropäischen realsozialistischen Systeme brachte nicht den von manchen erhofften Schwall neuer utopischer gesellschaftlicher Entwürfe. Das Kreieren und Formulieren solcher Utopien scheint eine äußerst voraussetzungsvolle Aufgabe zu sein. Denn immerhin sind gerade auch im Bereich des Science Fiction innovative Gesellschaftsentwürfe äußerst rar. In den populären Werken dieser Kulturgattung werden recht eindimensionale Projektionen dargeboten. Ein besonders prägnantes Beispiel für diese Art Denkträgheit bietet die Classic-Serie von Star Trek, die immer wieder in den Fernsehprogrammen ausgestrahlt wird.

In diesem Beitrag sollen drei Aspekte untersucht und erörtert werden. Erstens: Ob und in welcher Weise wird Politik in den ersten beiden Star Trek Serien „Classic“ und „The Next Generation“ thematisiert. „Politik“ wird dabei weit gefaßt und verstanden als individuelle oder kollektive Durchsetzung von Interessen, wobei die prozessuale (politics), die institutionelle (polity) und die inhaltliche (policy) Dimension berücksichtigt werden. Zweitens: Ob und inwiefern werden in den Classic-Serien von Star Trek gesellschaftliche Utopien gezeigt? Drittens: Welches sind die Gründe für den weitgehenden Mangel an gesellschaftlichen Utopien selbst in Science Fiction-Filmen und darüber hinaus?

Nun mag es verwundern, in der US-Serie Star Trek nach politischem Gehalt zu forschen. Aber bereits der bundesdeutsche Filmemacher Wim Wenders hat einmal sinngemäß gesagt, daß gerade diejenigen Filme, die vorgeben sie seien unpolitisch, eigentlich eminent politisch sind, denn mit jeder Einstellung „proklamierten“ sie, so wie es ist, müsse es bleiben. In ähnlicher Weise ließe sich dies auf Science Fiction-Werke übertragen, wenn gerade dort gesellschaftliche Utopien nicht gezeigt werden. Die Frage nach den Gründen für das verbreitete Utopiedefizit ist gerade in einer Zeit der Krisen und Orientierungslosigkeit brisant. Deshalb bietet sich eine populäre SF-Serie wie Star Trek an, um einige Hemmnisse für utopische Entwürfe aufzudecken und zu diskutieren.

Zu untersuchen ist konkret, wie verschiedene Grundaspekte des Politischen, beispielsweise Interesse und Macht, in Star Trek implizit oder explizit gezeigt werden. Nach einer einführenden Charakterisierung von Star Trek sollen deshalb drei wesentliche Bereiche von Star Trek nach ihrem politischen Gehalt betrachtet werden: das Verhältnis der Raumschiffcrew zur Heimat, die Verhältnisse innerhalb der Crew und das Außenverhältnis. Durch Darstellung der politisch „blinden Flecken“ einerseits und der in den Filmen thematisierten Aspekte andererseits werden einige politische Elemente von Star Trek ausgewählt und auf ihren ideologischen Gehalt hin analysiert und diskutiert. Damit verbunden wird nach Fragmenten gesellschaftlicher bzw. politischer Utopien gesucht. Abschließend werden Faktoren erörtert, die erklären können, warum soziale und politische Utopien auch in Star Trek einen sehr geringen Stellenwert einnehmen und welche etwaigen Hürden es zu überwunden gilt – nicht nur im Feld der Science Fiction.

Die Science Fiction-Serie Star Trek

Mitten in der Vorbereitungszeit für das ehrgeizige Mondlandungsprogramm der USA („Apollo“) entwarf der Ex-Weltkriegspilot Gene Roddenberry mit seiner Frau Majel Barrett-Roddenberry 1964/65 die erfolgreichste Science Fiction-Serie aller Zeiten. Bislang wurden fünf Serien (wie die „klassisch“ genannte Raumschiff Enterprise, danach Next Generation, Deep Space Nine, Voyager) mit insgesamt 415 Folgen ausgestrahlt und acht Kinofilme gezeigt. Die eminente Popularität der Serie wird darüber hinaus auch durch die weltweite Fangemeinde und das umfangreiche Devotionalienangebot offenkundig.

Gerade die Science Fiction-Serie Star Trek kann in gewisser Weise als Nachfolger der Westernfilme angesehen werden. Während Western vom Leben bzw. Überleben weißer Männer an einer „Grenze“ (frontier) auf dem neuen Kontinent des Planeten Erde spielten, eilt(e) das Raumschiff Enterprise mit ähnlicher Intention an den Grenzen des Weltalls umher. Roddenberry persönlich hat Star Trek als „Wagon Train to the Stars“ bezeichnet und verweist damit direkt auf die Tradition der Western.

Zugleich, und übereinstimmend mit der Funktion als spezifische Projektionsfläche für US-amerikanische Befindlichkeiten seit den sechziger Jahren, lassen sich insbesondere in der Classic-Serie zahlreiche Reminiszenzen finden, die auf zentrale Themen und Aspekte der zeitgenössischen US-Gesellschaft verweisen (kalter Krieg, Bürgerrechtsbewegung, etc.).

Bei all dem mangelt es der Classic-Serie trotz ihrer Zugehörigkeit zum Bereich Science Fiction allerdings sehr an Elementen gesellschaftlich-politischer Utopie, was in den drei folgenden Abschnitten genauer beschrieben wird.

Das Heimatverhältnis der Enterprise

Über die Heimat der Enterprise-Crew wird in den Star Trek-Episoden nur äußerst selten berichtet. Beispielsweise werden die ökonomischen, sozialen, politischen oder kulturellen Verhältnisse auf der Erde nicht oder nur sehr rudimentär beschrieben. Deutlich wird einzig, daß im 23. Jahrhundert auf der Erde eine Vereinte Weltraumbehörde und eine Vereinte Föderation der Planeten existiert. Die sogenannte Sternenflotte und die Enterprise fungieren als deren militärischer Arm.

Selbst Kommunikation mit der Heimat fehlt fast völlig. Daher erscheinen die Star Trekker in ihrer Rolle als autonome Kreuzzügler oder Entdeckungsreisende. Außerdem werden sie meist als geschichtslose Menschen dargestellt; Einblicke in ihre individuellen oder kollektiven Biographien erfolgen äußerst selten. So fällt Geschichte und Geschichtsbewußtsein als Orientierungsraum oder Maßstab für Entwicklungsprozesse aus.

Nur die generelle Aufgabe der Enterprise-Crew wird immer wieder artikuliert. Als Einleitung jeder Sendung erfolgt die Proklamation über die „Mission“ der Enterprise: „Dies sind die Abenteuer des Raumschiffes Enterprise, das viele Lichtjahre entfernt unterwegs ist, um fremde Welten zu entdecken, unbekannte Lebensformen und neue Zivilisationen …“ Unter Berücksichtigung der verschiedenen Filme können der Enterprise-Besatzung zwei Aufgaben zugeordnet werden. Die erste besteht in der Sicherung der Außengrenzen der Föderation. Zur zweiten Aufgabe gehört die Erkundung neuer galaktischer Regionen und Planeten. Die Mission der Enterprise ist demnach sowohl polizeilich-militärischer als auch wissenschaftlich-forschender Art. Zu diesem Zweck ist sie grundsätzlich auf Schutz und Verteidigung der bestehenden Grenzen und allem Anschein nach auch der gesellschaftlichen Verhältnisse ausgerichtet. So resümiert beispielsweise Captain Kirk, der Chef der Enterprise-Crew, am Ende seines erfolgreichen letzten Fluges mit der Enterprise stolz: „Wieder einmal haben wir unsere Zivilisation gerettet.“ Dies kann wohl eher als traditionelle denn als utopische Haltung interpretiert werden.

In diesem Zusammenhang spielt die „Hauptdirektive“ der Föderation eine herausragende Rolle. Sie stellt eine Art von Verhaltenskodex für die Crew der Enterprise dar, die sie als rechtliche Grundlage ihrer Aktivitäten zu beachten hat. Die Anwendung und Einhaltung der Hauptdirektive ist jedoch häufig umstritten und wird immer wieder problematisiert, wie weiter unten ausgeführt wird.

Die Personen von Star Trek, zumindest die wichtigsten Mitglieder der Crew, stellen eine neue Art von Volkshelden dar. Sie müssen bzw. wollen immer neue Abenteuer in den Weiten des Weltraums bestehen, allerdings mit althergebrachten Tugenden, wie wir sie beispielsweise aus Westernfilmen kennen. Der Weltraum erscheint dabei als moderne Wildnis, als Chiffre für das Andere. Die Grenze zwischen Innen und Außen, zwischen Zivilisation und Barbarei, zwischen „Wir“ und „Ihnen“, das Wahrnehmungs- und Denkmuster der Unterscheidung zwischen Gut und Böse wird in allen Filmen immer wieder neu thematisiert und reproduziert.

Also auch in dieser Hinsicht lassen sich Parallelen zu Westernfilmen ziehen, genauer: zur allmählichen Westausdehnung der Weißen in Nordamerika während der letzten Jahrhunderte. Damals drangen zur Unterwerfung und Kontrolle der Indianer weißhäutige Abenteurer und Soldaten in Indianergebiete ein und brachten „die Zivilisation“ mit. In dieser Parallele zur Geschichte der USA wird der Name Star Trek auch inhaltlich verständlich: Ähnlich wie der alte Trek der nordamerikanischen Siedler nach Westen, „zur Frontier“ und darüber hinaus fliegen die Star Trek Helden in die äußersten Quadranten des bekannten Weltraums. Ähnlich wie in Western wird nur selten deutlich, von welchen Motiven, Interessen und Triebkräften diese mutigen Typen getrieben werden
bzw. wovon sie sich treiben lassen. Zumindest in der Classic-Serie kommt dies nicht zur Sprache.

Neben diesen inhaltlichen und dramaturgischen Ähnlichkeiten zwischen der Geschichte bzw. Gegenwart in den USA und der Ära Star Trek im 23. Jahrhundert werden auch im Bereich der Symbolik und Ausstattung Parallelen benutzt. So stellt das Emblem des Präsidenten der Planetenföderation in Star Trek eine Mischung aus dem heutigen UN-Emblem und dem Hoheitszeichen des US-Präsidenten dar.

Binnenverhältnis

Innerhalb der Enterprise, im Bereich der Arbeits- und Lebensweise, werden ebenfalls keinerlei utopische Rollen gezeigt oder ausprobiert. Die Hierarchien und Verhaltensstrukturen innerhalb der Crew der Enterprise werden als stabil und frei von grundlegenden bzw. ernsthaften Konflikten dargestellt. Außer einigen kameradschaftlichen Sticheleien herrschen in der Enterprise auch zwischen den Vertretern unterschiedlicher Hierarchieebenen, Geschlechtern und Ethnien Grundkonsens, Akzeptanz und Friedfertigkeit. Das zum Ausdruck kommende Menschenbild ist in einseitiger Weise positiv. Die Individuen der Crew werden als unproblematische Menschen dargestellt, die keine destruktiven Persönlichkeitsanteile ausgebildet haben. Aus diesem Grunde kann das Problematische und Böse, das in den Episoden immer wieder auftaucht, nur außerhalb des Raumschiffes existieren und nur aus den Weiten des Weltalls kommen. Dementsprechend stammen sämtliche Herausforderungen und Aktivitäten aus der Interaktion mit anderen Raumschiffen und Lebewesen. Lediglich „Fremd“-Einwirkung generiert Probleme und Konflikte: diese naive, antiquierte und heute noch weit verbreitete Einschätzung gilt demnach auch noch in 200 Jahren …

Das „ethnisch Fremde“ wurde allerdings in zunehmendem Maße in die EnterpriseBesatzung integriert – je jünger die Episode, umso deutlicher ist dies. Somit tauchen immer exotischere Figuren als Teil der Crew auf, und es etablierte sich eine entsprechende Multikulturalität. Diese hatte zur Zeit der ersten Ausstrahlungen durchaus avantgardistische Qualitäten, erhielt realen Input durch die „Rassenintegration“ in der US-Armee der sechziger Jahre.

An Bord der Enterprise herrscht üblicherweise militärische Hierarchie und eine Arbeitsatmosphäre wie heute zum Beispiel auf Flugzeugträgern. Trotz der gelegentlich auftretenden und mit beschränkten Kompetenzen ausgestatteten Frauen handelt es sich bei Star Trek insbesondere in den ersten Serien um eine Art von Männerbund, in dem unterschiedliche männliche Charaktermerkmale zum Tragen kommen. Als Prototyp der Classic-Serie kann Captain Kirk gelten, der trotz (oder wegen?) seiner Position als Kommandant des Raumschiffes Enterprise in zahlreichen Episoden als Abenteurer auftritt. Durch Entscheidungen und Maßnahmen, die manchmal die Grenzen der Legalität überschreiten, agiert er erfolgreich und meistert sämtliche Aufgaben und Herausforderungen. Selten nur werden die daraus resultierenden Konflikte mit der Föderation der Planeten dargestellt, manchmal wird angedeutet, daß er bei erfolgreichen Missionen trotz illegaler Aktionen – wie unter richtigen Männern – kameradschaftlich und augenzwinkernd gelobt wird und dadurch besondere Anerkennung genießt.

Das gelegentliche riskante oder gar illegale Verhalten von Captain Kirk erfolgt vornehmlich in gefährlichen Ausnahme- und Krisensituationen. Für die Abwehr von Bedrohungen des Systems, die nur von außen zu befürchten sind, können also illegale Maßnahmen ergriffen werden, das heißt, es müssen keine strukturverändernden internen Maßnahmen ergriffen werden. Im Gegenteil: nach jeder erfolgreichen Abwehr von äußeren Gefahren kann die eigene Identität und Kultur gefestigt werden als eine Art von Sieg über die Wandlungsanmaßungen.

Als Alternativmodell männlicher Charaktere steht dem Abenteurer Kirk am anderen Ende des Verhaltensspektrums ein menschenähnliches Lebewesen gegenüber, dessen Loyalität und sogar Freundschaft zu Kirk zweifelsfrei bleibt: der Vulkanier Spock. Mit seinem hochintellektuellen Habitus, seiner durchgängig rational-trockenen Haltung und seinen spitzen Ohren repräsentiert er andere männliche Verhaltensdispositionen als Kirk. Als „komplementäre“ Elemente fehlen eigentlich „nur noch“ sensible, emotionale und ähnliche „weibliche“ Verhaltensweisen, die in der Classic-Serie stark unterbelichtet sind.

In den neueren Serien allerdings, das sei angemerkt, werden diese konservativ-patriarchalen Rollenverteilungen etwas aufgelöst. Das zeigt sich beispielsweise bei einem Vergleich der Führungsstile von Captain Kirk und seinem Nachfolger Picard (in der Serie „Next Generation“). Die beiden Raumschiffkommandanten sind charaktermäßig sehr unterschiedlich. Picard spielt nicht einen abenteurerhaften, sondern einen besonnenen und sehr reflektierten Kommandeur. Bemessen an den vielfältigen und wohl auch komplizierten Aufgaben der Enterprise verfügt die Crew erstaunlicherweise über keinen erwähnenswerten Stab nicht-technischer Experten (wie z.B. Völkerkundler, Kulturwissenschaftler, Mediatoren). Zur Entscheidungsfindung dienen keine Gruppenberatungen geschweige denn Vollversammlungen, sondern meist nur bilaterale Besprechungen oder Debatten; Rückfragen zur Erde bzw. zur Föderation kommen nicht vor. Nur Computer unterstützen die Entscheidungsfindung durch Lieferung von Daten und Wissen. Selbst der Konferenzraum von Captain Jean-Luc Picard wird nur einmal bei einer Personalentscheidung kollektiv genutzt, suggeriert aber – im Unterschied zu Captain Kirk – gleichwohl Teamwork und erscheint als Reminiszenz an demokratische Verfahren oder kollektive Beratungen.

Wie bereits für das Heimatverhältnis der Enterprise konstatiert, wird über soziale Verhältnisse und Hintergründe wenig gezeigt und ausgesagt. Über die Erwerbsarbeit, die Beschäftigungsverhältnisse und Arbeitszeitsysteme, über Familien- bzw. Beziehungsleben, Freizeit und Urlaub, über Kunst und Kultur (die Serie ist übrigens im Vergleich mit vielen anderen Science Fiction-Filmen äußerst arm an Musik) wird kaum ein Wort oder eine Szene verloren. In welcher Weise gesellschaftlicher Reichtum erzeugt und ausgetauscht wird, verbleibt unklar. Demokratische Prozesse und Willensbildung u.ä. wird nicht thematisiert; kollektive Interessenvertretung, Wahlen, Abstimmungen, etc., also allesamt Mechanismen zur Klärung von Handlungsoptionen und Regeln und organisierte Formen letztendlich zur erfolgreichen Meisterung der komplizierten Lebensprozesse, finden nicht statt bzw. werden nicht gezeigt. Oppositionelles Denken und Verhalten kommt daher auch nicht vor. Unterschiedliche Interessen und Machtkonstellationen bleiben im Dunkeln, Geschlechterverhältnisse und Sexualität sind tabu. Die existierende Ordnung gilt dadurch als selbstverständlich. Dies wiederum wirkt einerseits steril, andererseits aber sicher, weil es für die Zuschauer keinerlei persönliche Herausforderung bedeutet. Gesellschaftlich-politische Utopien kommen nicht vor.

Außenverhältnis

Die beiden Hauptfunktionen der Enterprise sind zum einen die Verteidigung der Außengrenzen der Föderation und zum zweiten die Erkundung neuer galaktischer Räume. Beide Funktionen bringen es mit sich, daß Kontakte mit Lebewesen anderer Zivilisationsformen und Entwicklungsstufen eingegangen und gestaltet, daß also Differenzen und Ungleichzeitigkeiten überbrückt werden müssen. Von grundsätzlicher Bedeutung für die Außenkontakte ist die oben erwähnte „Hauptdirektive“ der Föderation. Diese ist vergleichbar mit dem Prinzip der „Nichteinmischung“ wie es in heutigen internationalen Organisationen wie der UN festgeschrieben ist. Danach ist es nur unter bestimmten Bedingungen und in bestimmten Ausnahmesituationen gestattet, sich in die internen Angelegenheiten anderer (Mitglieds-)Länder einzumischen. Im 23. Jahrhundert gilt der Grundsatz der Nichteinmischung nicht nur gegenüber den Mitgliedern der Föderation, sondern auch gegenüber Nichtmitgliedern. Dementsprechend ist es den Mitgliedern der Sternenflotte gemäß der Hauptdirektive nicht gestattet, in die Entwicklung anderer Kulturen direkt oder indirekt einzugreifen. Die eigenständige, natürliche Entwicklung darf demnach nicht gestört oder beeinflußt werden. Aber insbesondere Captain Kirk interpretiert die Hauptdirektive gelegentlich etwas sehr weit und übergeht sie von Fall zu Fall. Er begründet dies damit, daß er den anderen Völkern aufgrund seiner Erfahrungen mit der Geschichte der Menschen harte Umwege und unnötiges Leid ersparen und der Freiheit zum Durchbruch verhelfen möchte – übrigens eine geradezu leninistische oder maoistische Haltung.

Fast ohne Ausnahme handelt die Enterprise-Crew aus einer Position der zivilisatorisch-technischen Überlegenheit heraus. Die Kameraführung untermauert diese einseitige Sicht der Enterprise-Crew, die in jeder Situation aus der Perspektive der Stärke denkt und handelt und auch nicht aus anderer alternativer Sicht gezeigt wird. Aus ihrer Position erscheinen andere Kulturen und Lebensweisen als unterentwickelt und defizitär. Eine in ähnlicher Weise kritische Sicht auf die eigene Kultur, auf das eigene Tun und Lassen wird jedoch nie entwickelt und zu einem Dialog entfaltet. Entsprechend simpel sind zu Beginn der Serien die Feindbilder. Sie verkörpern das geschichtslose Böse schlechthin. Warum die Anderen so böse Wesen wurden, ihre Beweggründe, Motivationen, Interessen und Hintergründe werden nicht beleuchtet. In den späten Folgen der ClassicSerie sind die Feindbilder etwas differenzierter, nun sind es oft Lebewesen und Kulturen, die andere gesellschaftliche Vorstellungen haben und tyrannisch regiert werden. Doch auch hier werden „Fremde“ und „Andersdenkende“ nach den üblichen Klischees mit Masken und Kostümen „kenntlich gemacht“. Das zivilisatorische und humanitäre Ziel des „Verstehen“ wird weder angestrebt noch möglich gemacht oder erleichtert.

Mit einer solchen Projektion des „Bösen“ nach Außen, die wohl nur zum Teil der Aufgabenstellung der Enterprise geschuldet ist, wird von eigenen immanenten Problemen und Defiziten abgelenkt. Es herrschen nach außen gerichtete und außengelenkte und extrovertierte Muster der Identitäts- und Sinnsuche vor, was wiederum als expansiv-maskuliner Modus definiert werden kann. Statt unterschiedliche Sicht- und Lebensweisen deutlich darzustellen und alternative Entwicklungspfade aufzuzeigen, steht klischeebeladene Unterhaltung eindeutig im Vordergrund. Polititsche Utopien fehlen auch in diesem Bereich der Star Trek-Classic-Serie.

Ideologischer Gehalt

Wie sich oben zeigte, werden in den frühen Star Trek-Episoden äußerst selten politische Themen offen angesprochen. Doch gerade deshalb ist es spannend, die in den Filmen unterschwellig verbreiteten Ideologieelemente näher zu betrachten.

In verschiedenen wissenschaftlichen Arbeiten über Star Trek ist herausgestellt worden, daß diese US-Serie u.a. dazu beiträgt, den „American Dream“ im Kontext moderner Zeiten und Verhältnisse neu zu definieren. So finden sich zahlreiche politische Elemente des American Dream in Star Trek wieder, wie zum Beispiel der missionarische Eifer zur Weltverbesserung und die (zeitweilig arrogante) Haltung der überlegenen Zivilisation.

Außerdem gibt es unzählige Analogien mit realen Zuständen und Geschehnissen in den USA der 60er und 70er Jahre. Beispielsweise wird die Föderation im 23. Jahrhundert als Weltpolizist dargestellt. Auch der Krieg der USA in Vietnam wird „gespielt“, wie zum Beispiel in der Episode „A Private Little War“. In dieser Episode sind zahlreiche Analogien identifizierbar: Die Föderation ist vergleichbar mit den USA, die Klingonen repräsentieren die Einwohner der UdSSR, das Bergvolk weckt Assoziationen mit Südvietnamesen, die Dorfbewohner stellen die Nordvietnamesen dar, und die Person Apella repräsentiert Ho Chi Minh.

Die Überheblichkeit der weißen männlichen Eliten wird an einem Dialog zwischen dem Vulkanier Spock und Doktor McCoy in dem Film „The Apple“ nachvollziehbar. Spock: „Doctor, you insist an applying human standards to non-human cultures. I remind you that humans are only a tiny minority in this galaxy.“ McCoy: „There are certain absolutes, Mr. Spock, and one of them is the right of humanoids to a free and unchained environment. The right to have conditions that permit growth.“ Die Kehrseiten dieser „Arroganz der Macht“, die Perspektive von Nichtmenschen, werden nicht dargestellt, immer nur wird die Perspektive des Stärkeren eingenommen; vermutlich bringt genau das für Zuschauer eine gewisse Befriedigung durch simple Identifikation.

Auffallend ist, daß einige zentrale Aspekt von Gesellschaften weder in Wort noch Bild vorkommen. Insbesondere die Ökonomie findet keinerlei Erwähnung, sogar von Geld wird überhaupt nicht gesprochen, Macht- und Verteilungsfragen tauchen nicht auf, Ökologie und Habitat sind kein Thema, zivilgesellschaftliche Strukturen und politische Organisationen existieren nur am Rande, systemimmanente Konflikte, geschweige denn Interessengegensätze kommen nicht vor. Wichtige gesellschaftliche Gruppen wie Kinder und Senioren sind überhaupt nicht, Frauen und Minderheiten nur unzureichend repräsentiert.

Aus diesen Beobachtungen lassen sich einige ideologische Muster ableiten, aus denen sichtbar wird, welche politisch relevanten Inhalte und Klischees in Star Trek transportiert werden. Hier sei nur ein zentrales Ideologiemuster diskutiert: der Vergleich mit alternativen Lebensweisen, Kulturen und Gesellschaftsordnungen in Star Trek.

Dies wird in der Episode über den „Gott der Mintakaner“ sichtbar. Auf seinem Planeten sind alle Lebewesen zufrieden, es herrscht Friede, und die Leute glauben an einen Gott. Aber der Enterprise-Besatzung mißfällt dieses Paradiesmodell. Erstens verurteilen sie die herrschende Unterwürfigkeit und Gehorsamkeit der Mintakaner. Zweitens fehlt Ihnen dort eine dynamische und mit Mühen betriebene Entwicklung (ggf. als Synonym oder Metapher für Wirtschaftswachstum?) und Fortschritt. Verglichen mit dem für die Crew gewohnten Individualismus, dem Erfolgsdenken, dem Leistungsstreben, der technologischen Dynamik erscheint ihnen dieses Paradies als stagnierende und unterentwickelte Lebensform, in der nur das Kollektiv zählt, Einzelne nichts.

Interessanterweise ist in all den Episoden noch niemand ernsthaft auf die Idee gekommen, die Lebensweise der Enterprise bzw. Föderation radikal in Frage zu stellen. Das heißt, am Allgemeingültigkeitsanspruch der irdischen – also der US-amerikanischen – Lebensweise wird nicht gerüttelt. Sie wird als am weitesten entwickelt, als Maßstab und Vorbild zur allgemeinen Nachahmung empfohlen. Kehrseite ist, daß diese Haltung der Föderalen ihre mangelnde und defizitäre Selbstreflexion (und die der Zuschauerinnen) zementiert und die soziale und politische Reifung hemmt.

Aus den meisten Classics-Episoden läßt sich schließen, daß die irdische – das heißt die US-amerikanische – Zivilisation als die beste aller Welten angesehen werden muß. Fazit der politisch-sozialen Aspekte der Ideologie von Star Trek: Das Eigene ist gut. So wie es ist, soll es bleiben. Akzeptable Alternativen zum Bestehenden gibt es keine. Gesellschaftliche Utopien werden nicht benötigt. Fortschritt ist nur als technischer Fortschritt begreifbar, sinnvoll und wünschbar.

Doch genau an diesem Punkt deutet sich ein grundlegender Widerspruch an, der sich in der gesellschaftlichen Entwicklung der Menschheit, also im Verlauf der Zivilisationsgeschichte zeigte und auf den Wissenschaftler immer wieder kritisch hingewiesen haben: das Auseinanderklaffen zwischen technischen Fertigkeiten und menschlichen Fähigkeiten. Dieser Widerspruch wird in Star Trek in einer Episode der Classics-Serie besonders deutlich. Dort wird ein Mann namens Gary Seven unbeabsichtigt an Bord der Enterprise gebeamt. Er befindet sich auf dem Weg zurück in die Vergangenheit, um die Erde am Ende des 20. Jahrhunderts vor dem Untergang zu retten, der aufgrund verschiedener selbstzerstörerischer Prinzipien unausweichlich scheint. Ein gravierendes Problem besteht seiner Auffassung nach darin, daß „Earth technology and science have progressed faster than political and social knowledge.“ Auch Captain Kirk
äußert ähnliches in der Episode „A Private Little War“: „We once were as you are. Spears and arrows. Came a time when our weapons grew faster than our wisdom, and we almost destroyed ourselves. We learned from this to make a rule during all of our travels: never to cause the same to happen to other worlds.“ Dieses „selbstzerstörerische Grundübel“ scheint demnach im 23. Jahrhundert immer noch zu bestehen und von Star Trek nicht überwunden zu sein.

Allerdings kommen in einigen Star Trek Episoden auch progressive Prinzipien facettenhaft vor, die eine fortgeschrittene und reife politische Kultur auch in Zukunft kennzeichnen werden: Pluralismus, Toleranz, Multikulturalismus. In einigen Hinsichten war die Enterprise sogar Vorreiter in den USA der sechziger Jahre: Eine Afroamerikanerin wurde in die Crew aufgenommen, während im Lande schlimme Rassenunruhen tobten. Und in der Folge „Das unentdeckte Land“ klingt sogar leichte Selbstkritik an der zeitgenössischen Zivilisation und Politik an. Der weißhaarige Präsident der Föderation hält zu Beginn einer Friedenskonferenz eine Rede und sagt darin unter anderem: „Lassen Sie uns den Begriff Fortschritt neu definieren in dem Sinne, daß es nicht unbedingt notwendig ist etwas zu tun, nur weil wir in der Lage sind, auf diesem Gebiet etwas zu tun.“ Damit wurde ein zentrales Element von Hans Jonas‘ Prinzip Verantwortung zum Ausdruck gebracht.

Derartige Offenheit und Reflektiertheit wird in den neueren, hier aber nicht berücksichtigten, Star Trek-Serien „Deep Space Nine“ und „Voyager“ häufiger sichtbar. Sie sind allem Anschein nach pluraler und mit einem demokratischeren Geist angereichert. Doch auch ihnen mangelt es in hohem Maße an Elementen gesellschaftlicher Utopie.

Der Mangel an gesellschaftlichen Utopien

Anhand der Classic-Serie von Star Trek wurde versucht, exemplarisch nachzuweisen, daß diese als unpolitisch angesehenen Filme einerseits eminent politisch sind und andererseits trotz des Anspruches, Science Fiction zu sein, gerade gesellschaftliche Utopien völlig ignorieren. Außer technischen Utopien werden für den Bereich des menschlichen Zusammenlebens, insbesondere für politische Strukturen und Prozesse, keinerlei Ideen entwickelt und keinerlei Entwürfe skizziert.

In dieser Art der Science Fiction wird so getan, als wäre das menschliche Zusammenleben und dessen Regelung auch in dreihundert Jahren noch nach denselben oder ähnlichen Prinzipien und Maßstäben organisiert wie im heutigen zwanzigsten Jahrhundert. Vielleicht muß man bei dieser kritischen Betrachtung dreihundert Jahre zurückgehen, um die politische Naivität bzw. Phantasielosigkeit (oder Ignoranz) dieser Serie zu ermessen: Die politischen Strukturen vor der Zeit der US-amerikanischen oder der französischen Revolution wären dementsprechend in der damaligen Science Fiction bis heute verlängert worden!

Woraus resultiert nun dieses eklatante Defizit hinsichtlich gesellschaftlich-politischer Utopien? In Bezug auf Star Trek lassen sich einige spezifische Gründe benennen.

Im „Star Trek Guide for writers“ ist erklärt, daß die Menschheit im 23. Jahrhundert eine gewisse Art von Zusammenhalt und Einigkeit gefunden hat, daß aber Details der Politik auf der Erde möglichst nicht erwähnt werden sollten. Dies wird leider nicht weiter begründet. Des weiteren antwortet der Guide auf die Frage, ob sich denn die Bedürfnisse der Menschen hinsichtlich Nahrung, körperliche Liebe, Schlaf, etc. bis zum 23. Jahrhundert nicht verändert haben würden: „Probably. But remember, the only Westerns which failed miserably were those which authentically portrayed the men, values, and morals of 1870. The audience applauds John Wayne playing what is essentially a 1966 man.“ Der vermeintliche apolitische Geschmack des zahlungsfähigen Publikums und der damit verbundene Erfolg und Profit der TV-Serie werden als Legitimation für die Gestaltung der Rollen und Plots herangezogen.

Im utopischen Defizit der Star Trek-Serien spiegelt sich meines Erachtens ein weit verbreitetes, allgemeines Defizit an gesellschaftlichen Utopien. In unseren Gesellschaften existieren verschiedene Ursachen für die verbreitete Schwierigkeit, soziale Utopien zu entwerfen und zu kultivieren. Hier seien einige skizziert.

Allgemein werden langfristige Perspektiven vom permanenten Überlebenskampf und den alltäglichen Routinen verschüttet. Das kurzfristige Überleben, insbesondere im wirtschaftlichen Bereich, läßt langfristiges Denken und Handeln besonders luxuriös erscheinen.

Aufgrund der durch die herrschende Sozialisationspraxis und aktuelle Zwänge kultivierten Selbstentfremdung sind viele Menschen nicht gewohnt, ihre ureigensten Bedürfnisse wahrzunehmen, anzuerkennen, zu reflektieren und zu artikulieren. Gerade das Bewußtsein gegenüber Bedürfnissen und Räume zu deren Artikulation sind Voraussetzung für utopisches Denken. Ein weiteres Hemmnis sind die üblichen Mühen kollektiven Engagements und demokratischer Aktivitäten. Sie werden durch die zunehmende Individualisierung und die damit verbundene „instant satisfaction“ für die derart sozialisierten Individuen „zu teuer“. Die Mühe kollektiver Aktion und nachhaltiger Partizipation wird gescheut.

Das in den meisten älteren Star Trek-Folgen festgestellte „Politik-Defizit“ korrespondiert mit einem prinzipiellen Merkmal bürgerlicher Gesellschaften: der Ideologie, daß die Verhältnisse, so wie sie sind, auch weiterhin existieren werden. Der Status quo wird nicht als historische Periode, sondern absolut gesetzt (Fukuyamas These vom Ende der Geschichte nach 1989 ist ein prononciertes aktuelles Beispiel für diese Haltung).

In vielen Science Fiction- und noch stärker in anderen Kulturerzeugnissen werden Veränderungen häufig nur in technischer oder persönlicher Hinsicht für möglich gehalten oder erwartet. Macht- und Herrschaftsstrukturen, Ausbeutungsprozesse und ungerechte Verhältnisse werden weder theoretisch noch praktisch angetastet. Daraus ergibt sich auch als „Ausweichstrategie“ entweder die zunehmende Personalisierung oder die Entfremdung von Politik.

Angesichts der von Kirk angedeuteten Notwendigkeit, daß auf der Erde statt technologischer eher politisch-soziale Innovationen notwendig sind, um das Überleben der Menschheit zu ermöglichen, stimmt das Ergebnis der vorliegenden Überlegungen – daß politische Utopien in den älteren Episoden der SF-Serie Star Trek derart unterbelichtet und unterentwickelt sind – bedenklich. Schlimmer noch: Gerade die offengelegte Ideologie des „weiter so“ ermöglicht und unterstützt unser Weitertreiben in „stille Katastrophen“ (Charles Perrow).

Eine Basis bzw. Bedingung für den Mangel an politischen Utopieentwürfen ist die Ignoranz gegenüber systemimmanenten Problemen und strukturellen Konflikten.

Resumie

Bei der Suche nach dem Politischen und Utopischen in der Star Trek-Classic Serie wurde gezeigt, daß dort das Politische und Utopische selten in offener Weise thematisiert, aber dennoch massive politisch-ideologische Inhalte vermittelt werden. Zweitens ist das Politische in Star Trek weit weniger phantasievoll entwickelt als die dargebotenen technischen Neuheiten. Drittens beinhalten die Star Trek-Episoden in Bezug auf das Politische nichts Utopisches, sie zeigen weder Organisationsformen oder Verfahren, die über heute existierendes hinausgehen, noch werden alternative Lebensweisen und Gesellschaftssysteme ausführlich und einfühlsam gezeigt und ernsthaft mit den eigenen verglichen. Im Gegenteil, einige Episoden dienen der lapidaren Ablehnung alternativer gesellschaftlicher Konzeptionen. So gesehen kann Star Trek als Propagandist des American Way of Life betrachtet werden, der vor allem in Zeiten des Kalten Krieges entsprechende Feindbilder spiegelte und vermutlich entsprechende Haltungen reproduziert(e). Wichtige Elemente der hegemonialen US-amerikanischen Ideologie finden sich in den Serien wieder, Denkmuster und Ideologieelemente des „American Way of Life“ dominieren die Episoden: ausgeprägter Individualismus, der Ethos des einzelnen maskulinen Helden, männerbündischer-militärischer Teamgeist, Technikfixiertheit und entsprechende filmische Effekte, Antikommunismus, Entpolitisierung und scheinbare Entideologisierung.

Die hier geäußerte kritische Einschätzung der älteren Star Trek-Serien in Bezug auf ihren politischen Gehalt und ihr utopisches Defizit ist allerdings in einer Hinsicht zu relativieren: Die Hürden für utopisches Denken sind zahlreich, auch der Zukunftsforschung sind die Schwierigkeiten bei der Ausarbeitung plausibler utopischer Entwürfe bekannt. Dazu bedarf es beispielsweise der Zusammenarbeit unterschiedlicher wissenschaftlicher Disziplinen, einer langfristigen Sichtweise, und einem Denken in komplexen und dynamischen Zusammenhängen. Mit besonderen Methoden versuchen Zukunftsforscher dieses Ziel zu erreichen. Die Nutzung solcher Erkenntnisse kann von Science Fiction-Serien nicht erwartet werden, denn letztere werden auf den vermuteten Unterhaltungsbedarf des Publikums zugeschnitten. Grundsatzkritik, Infragestellung von Selbstverständlichem, und „radikal Neues“ wird meist nur in vorsichtig dosierter und oberflächlicher Weise angeboten, um die Vermarktungschancen und Gewinnspannen zu maximieren.

Das in der Classics-Serie von Star Trek aufgespürte Defizit an politischen Utopien und die darin vermittelte Ideologie des „weiter so“ scheint in diesem Ausmaß allerdings unnötig. Die neuen Star Trek-Serien bieten eine Kost an, die weiterhin technikfixiert, aber hinsichtlich des „Politischen“ schon komplexer und anregender ist. Interessante politisch-gesellschaftliche Utopieangebote können wir davon aber auch nicht erwarten. Wir sollten daher unsere eigenen Erfahrungen, Hoffnungen und Phantasien ausprobieren.

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