Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 237/238: Diskriminierende Realitäten

Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen: eine Aufgabe (nicht nur) des Strafrechts

In Deutschland werden Frauen stündlich Opfer von Partnerschaftsgewalt. Die Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, die eine Kombination präventiver und repressiver Bekämpfungsstrategien erfordert. Dabei stellt die effektive Verfolgung von Partnerschaftsgewalt das Strafrecht vor besondere Hürden. Der folgende Beitrag zeigt Ansätze zur geschlechtssensiblen Anwendung des bestehenden Rechts, insbesondere des Strafrechts, auf, um Partnerschaftsgewalt effektiv zu bekämpfen.

Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Deutschland allgegenwärtig. Es handelt sich dabei um Gewalt, die gegen ein bestimmtes Opfer gerade aufgrund seines Geschlechts gerichtet ist, und die Menschen aller Geschlechter betreffen kann. Doch gibt es bestimmte Formen geschlechtsspezifischer Gewalt, die Frauen wesentlich häufiger betreffen als Männer. Dazu gehört Partnerschaftsgewalt, also Übergriffe durch den aktuellen oder früheren Partner. Nach der kriminalstatistischen Auswertung des Bundeskriminalamts waren im Jahr 2020 über 80 Prozent der Opfer von Partnerschaftsgewalt weiblich (BKA 2021:8). In Deutschland werden in jeder Stunde 13 Frauen Opfer von Partnerschaftsgewalt; alle zweieinhalb Tage wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet (BMFSFJ 2021).

Aus menschenrechtlicher Perspektive handelt es sich bei Gewalt gegen Frauen um eine Form von Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, da sie Frauen daran hindert, ihre Rechte und Freiheiten gleichberechtigt mit Männern auszuüben. Als Vertragsstaat der Frauenrechtskonvention der Vereinten Nationen von 1979 ist Deutschland zur Beseitigung aller Formen von Diskriminierung von Frauen verpflichtet. Zwar kann die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt im Allgemeinen und Partnerschaftsgewalt im Besonderen nicht allein mit Mitteln des Strafrechts erfolgen. Und doch spiegeln Strafverfahren in besonderer Weise den gesellschaftlichen Umgang mit Gewalt gegen Frauen wider. Häufig werden in der Praxis ein fehlendes Verständnis für die Funktionsweise geschlechtsbezogener Diskriminierung sowie ein Mangel an Sensibilität für die Dimensionen und Auswirkungen von Partnerschaftsgewalt sichtbar.

Tanja Altunjan Jahrgang 1992, Dr. iur., Volljuristin und Wissenschaftliche Mitarbeiterin. Wichtigste Buchveröffentlichung: Reproductive Violence and International Criminal Law (2021).

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