Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 237/238: Diskriminierende Realitäten

Vom Argwohn gegen ‚die Armen‘: Plädoyer gegen falsche Kausa­li­täten von Diskri­mi­nie­rung und Armut und für einen neugierigen Blick auf Strategien der alltäg­li­chen Armuts­be­wäl­ti­gung

Inwiefern soziale Herkunft und Armut eigenständige Dimensionen der Diskriminierung darstellen, wird seit einigen Jahren verstärkt in den Sozialwissenschaften diskutiert. Im folgenden Beitrag plädieren die Autorinnen dafür, Armut und Diskriminierung als zwei getrennte, eigenständige soziale Phänomene zu analysieren. Ihnen geht es vor allem darum, die soziale Distanz und den Argwohn gegenüber einem alltäglichen Denken und Verhalten armer Menschen abzubauen, um deren Eigensinn und Eigenlogik anzuerkennen, die im distanzierenden Blick der Mehrheitsgesellschaft (wie auch vieler Sozialwissenschaftler*innen) ignoriert werden.

Diskriminierung und Armut werden häufig entweder nicht miteinander in Verbindung gebracht oder in einer falschen Kausalität betrachtet – so wenn behauptet wird, Armut sei Diskriminierung. Im ersten Teil argumentieren wir dafür, Armut und Diskriminierung als eigenständige, gesellschaftliche Realitäten zu kritisieren, um diskriminierende Ausschließungen verstehen zu können.i Wir regen an, Diskriminierungsforschung klassenanalytisch und in einer doppelten Herrschaftskritik zu fundierenii, da sowohl Armut als auch Diskriminierung politisch hervorgebracht werden. Im zweiten Teil stellen wir heraus, dass neben Diskriminierung auch Argwohn und ein Nicht-Verstehen-Wollen es verunmöglichen, den Alltag Armutsbetroffener in einer horizont-erweiternden Perspektive zu verstehen. Das illustrieren wir anhand von zwei Gruppendiskussionen und zeigen so unter anderem Selbstverständlichkeiten des spontanen Teilens auf.

Hannah-Maria Eberle M.A., promoviert zu gesellschaftlicher Wohlfahrtsproduktion an der Universität Wuppertal, lehrt derzeit an der FH für Soziale Arbeit Wien, und beschäftigt sich mit Ausschließungsprozessen von Armutsbetroffenen und freiwilligem Engagement in Projekten an der Grenze zur Sozialen Arbeit. Zuletzt erschien gemeinsam mit Jana Kavermann und Philipp Schäfer der Text „Vom hölzernen Weg zur obersten Sprosse – Zu den Parallelen der Aufstiegslogik in Sozialer Arbeit und Klassismusdebatte“ im forum 4/2021, herausgegeben von BdWi sowie „Kapitalistische Strukturlogiken in der neuen Mitleidsökonomie“, in femina politica 1-2022. Kontakt: hannah-maria.eberle@uni-wuppertal.de.

Jana Kavermann M.A., Dipl.-Soz.Päd./Soz.Arb. promoviert zum Fachdiskurs um Klasse in der Sozialen Arbeit an der Universität Wuppertal. Neben Fragen zu einer klassenanalytischen, reflexiven Sozialen Arbeit, setzt sie sich derzeit mit Wissensorganisation in transitiven Strukturen auseinander und interessiert sich dabei insbesondere für umkämpfte organisationale Räume. Zuletzt erschien gemeinsam mit Hannah-Maria Eberle und Philipp Schäfer der Text „Vom hölzernen Weg zur obersten Sprosse – Zu den Parallelen der Aufstiegslogik in Sozialer Arbeit und Klassismusdebatte“ im forum 4/2021, herausgegeben von BdWi.
Kontakt: jana.kavermann@uni-wuppertal.de.

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