Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 237/238: Diskriminierende Realitäten

Ein freier, kritischer Geist und ein Streiter im besten demokra­ti­schen Sinne

Martin Kutscha 28.9.1948 – 5.9.2022

Geboren 1948 in Bremen studierte Martin Kutscha Rechtswissenschaften in Kiel, Marburg und Hamburg. Studium und Promotion schloss er im Jahre 1977 ab. Danach war er als Rechtsanwalt und später als wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Konstanz tätig.

Als Professor für Staats- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin unterrichtete er von 1990 bis zu seinem Eintritt in den Ruhestand im Jahr 2013. Es war ihm ein großes Anliegen, den Studierenden nicht nur Inhalte zu vermitteln, sondern sie zu differenziertem Denken und zur wachsamen Reflexion zu ermutigen.

Wissenschaftlich war Martin Kutscha ein Grenzgänger. Seine Offenheit für andere Disziplinen war groß. Sein besonderes Interesse galt der politischen Wissenschaft und der Soziologie. Er suchte den Austausch und den wissenschaftlichen Diskurs. Das schlug sich in seinen Publikationen nieder, die dadurch bestachen, dass sie auch gesellschaftliche Zusammenhänge und Auswirkungen beleuchteten und nicht nur abstrakte juristische Fragestellungen erörterten.

Es war auch dieser umfassende und kluge Blick, der ihn zu einem gefragten Experten bei Anhörungen in Landtagsausschüssen und im Deutschen Bundestag machte. Seine Stellungnahmen waren inhaltlich brillant und klar. In pointierter Weise benannte er Schwachstellen und Missstände.

In seinem Kampf für die Wahrung von Grundrechten war er unbeirrbar und unermüdlich. Neben der wissenschaftlichen Arbeit und der Lehre engagierte sich Martin Kutscha in zahlreichen Nichtregierungsorganisationen. So war er viele Jahre im Bundesvorstand der Humanistischen Union, gehörte der deutschen Sektion der International Association of Lawyers Against Nuclear Arms an, ebenso der Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen, deren Bundesvorsitzender er von 2000 bis 2004 war. Seit er im Jahr 2017 das Institut für Weltanschauungsrecht mitbegründet hatte, begleitete er dessen Arbeit als Mitglied des Beirats. Von 2013 bis 2020 engagierte er sich auch in der Redaktion dieser Zeitschrift.

Martin Kutscha war ein Reisender. Als begeisterter Weinkenner reiste er in seinen Urlauben durch Europas Weinanbaugebiete, als historisch und kulturell Interessierter durch Landschaften und Städte und als Lesender durch Gattungen und Epochen. Zusammen mit seiner Frau pflegte er einen großen Freundeskreis und ein offenes Haus. Die Gastfreundschaft im Hause Kutscha wurde von allen gerühmt, die in ihren Genuss kommen durften. Die Abendrunden waren bisweilen besetzt wie Podien wissenschaftlicher Tagungen zur Sicherheitspolitik und zum Verfassungsrecht. Martin Kutscha brachte Menschen zusammen.

Wir verlieren einen leidenschaftlichen Kämpfer für bürgerliche Freiheitsrechte und einen lieben Freund und Kollegen.

Martina Schlögel

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