Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 237/238: Diskriminierende Realitäten

Gedanken zur Aktualität von Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“

Der Krieg in der Ukraine bestimmt seit Februar diesen Jahres die politische Berichterstattung. In den Nachrichten dominieren dabei Berichte über wechselnde Geländegewinne und -verluste beider Seiten, die angesichts der zahlreichen damit verbunden Opfer kaum als Erfolge zu werten sind. Aus der militärischen Logik scheint derzeit kaum ein Entkommen möglich. Der folgende Beitrag von Jörg Arnold versucht genau dies, indem er Immanuel Kants Schrift „Zum ewigen Frieden“ neu interpretiert. Mit ihr unterzieht er nicht nur die Positionen der unmittelbaren Kriegsparteien, sondern auch das Verhalten der deutschen Regierung bzw. ihrer westlichen Verbündeten einer kritischen Prüfung, inwiefern sie Schritte zu einem möglichen Frieden unternehmen oder den Weg dazu verbauen. Einige der hier geäußerten Gedanken finden sich bereits in Jörg Arnolds Beitrag „Kants Schrift ‚Zum ewigen Frieden‘ und der Russland-Ukraine-Krieg“ in der Berliner Zeitung vom 5.11.2022, S. 24/25.

Vorbemerkung

Vor fünf Jahren habe ich einen Vortrag an der Kant-Universität in Kaliningrad mit dem Titel „Zur Aktualität von Kants Schrift ‚Zum ewigen Frieden‘“ gehalten. Ich war eingeladen zu einer Konferenz über juristische Aspekte der Staatensouveränität. Der Teilnehmerkreis beschränkte sich außer mir und einer deutschen Philosophie-Lehrerin allein auf russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Der Tenor der Konferenz war auf die Stärkung der Staatensouveränität und den Schutz dieser Souveränität vor Kriegen gerichtet.i Heute bekommt dieses Thema eine damals ungeahnte, bedrückende und schmerzliche Aktualität. Deshalb habe ich meinen damaligen Vortrag noch einmal zur Hand genommen und Kants Friedensschrift erneut gelesen. Meine Gedanken dazu möchte ich im Folgenden wiedergeben. Wie die an der damaligen Konferenz russischen Teilnehmenden heute über das Thema denken, ist mir nicht bekannt. Aber ein Austausch darüber sollte zu gegebener Zeit stattfinden.

Einleitung

Gegenwärtig erscheint wohl kein anderer historischer Text als Kants Friedensschrift besser dazu geeignet, vor dem Hintergrund des Krieges in der Ukraine erneut gelesen zu werden. Dabei mag man den Eindruck gewinnen, eine Illusion vor Augen geführt zu bekommen. Zudem existieren vielfältige philosophische wie rechtliche und historische Interpretationen von Kants Friedensschrift. Zu Recht wird auch davor gewarnt, Gleichsetzungen heutiger Ereignisse mit Kants damaligen Friedensforderungen und seinem Völkerrechtsverständnis vorzunehmen. Dennoch sind Gedanken über Frieden und Recht, über Krieg und Frieden anhand der Friedensschrift von Kant nicht etwa obsolet geworden. Ganz im Gegenteil verlangt die heutige Aktualität des Krieges eine erneute Beschäftigung damit. Dies von vornherein als zwar schöne, aber naive Vision abzutun, verkennt, dass es genau solcher Vision bedarf, um überhaupt noch eine Hoffnung auf die Realisierung von Friedensvernunft aufrechterhalten zu können. Dabei steht nicht die Devise „Zurück zu Kant!“ im Vordergrund, sondern wie es der Rechtsphilosoph Hermann Klenner vor fast 20 Jahren angesichts der damaligen Kriege der Bush-Administration anmahnte, „Kein Zurück hinter Kant!“.ii Und wenn Heribert Prantl zu eben dieser Zeit analysierte, warum es der deutschen Politik egal ist, was Immanuel Kant sagt, indem nämlich Recht nur dann Recht bleibt, solange es passt,iii so gilt das mehr denn je auch für die russische Politik. Kant – so Klenner vor fast 20 Jahren – hat Einsichten in den Fortschrittsprozess der Menschheit beigesteuert, hinter die zurückzugehen ihr das Überleben kosten oder sie zumindest in ihr barbarisches Zeitalter zurückwerfen könnte.iv In „Der Streit der Fakultäten“ bezeichnet Kant den Krieg als die „Umkehrung des Endzwecks der Schöpfung selbst.“v Das ist heute aktueller denn je.

In den gegenwärtigen gesellschaftlichen, politischen und moralischen Auseinandersetzungen über Krieg und Frieden werden jene Stimmen, die sich für unverzügliche Verhandlungen und Frieden einsetzen, als nicht besonders ernst zu nehmende Mindermeinungen angesehen. Sie werden mitunter diffamiert und aus dem Diskurs ausgegrenzt, obwohl sie die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges Russlands gegen die Ukraine klar benennen, die sich schon mit Kant, aber auch mit dem aktuellen Völkerrecht ergibt. Es ist aber gerade das Beharren von Kant auf der Vernunft des Friedens, die bei ihm zugleich die Pflicht zum Frieden ist, an die es zu erinnern gilt. Deshalb sind die Gedanken des nachfolgenden Textes anhand Kants Friedensschrift sowohl auf die Völkerrechtswidrigkeit des Krieges gegen die Ukraine gerichtet wie auch auf die von Kant geforderte Vernunft und Pflicht, die Kriegslogik zu durchbrechen.

Zur Friedens­schrift

Kants Schrift mit dem Titel „Zum ewigen Frieden. Ein philosophischer Entwurf“, erscheint 1795. Sie entsteht unter dem Eindruck des sogenannten „Baseler Friedens“, der am 5. April 1795 zwischen Preußen und der Französischen Republik geschlossen wurde. Kant begrüßt diesen Friedensschluss, obwohl es sich dabei auf der Seite Preußens wohl um einen Verrat an seinen Verbündeten handelte. Mutmaßlich war Kant sich dessen bewusst, dass der Baseler Friede mit seinen Geheimklauseln über spätere territoriale Abfindungen nur ein Waffenstillstand war und den Keim künftiger Konflikte in sich trug. Doch gerade deshalb scheint Kant darüber nachgedacht zu haben, wie die Geschichte der Völker eine entschiedene Wende zum Besseren nehmen könnte. Kant spricht sich für die Idee der Entstehung einer Weltordnung als Friedensordnung aus und dafür, dass der Friede zwischen den Staaten im Rahmen des Völkerrechts verwirklicht werden soll. Dabei geht es Kant zuerst um den zwischenstaatlichen Frieden als Voraussetzung zur Vermeidung von Krieg unter den Völkern.

Die „Streitschrift für den Friedenvi wendet sich an die Menschheit allgemein, indem sie Prinzipien des internationalen Rechts für alle menschlichen Wesen als kollektiv bindend ansieht. Aus diesem Grund gehen diese Prinzipien besonders jene an, wie Kant schreibt, die die Macht über Staaten haben. Kant betrachtet den ewigen Frieden zwischen den Völkern als eine Forderung des Rechts und gleichsam als den Endzweck des Menschengeschlechts. Der Frieden müsse deshalb für alle moralisch veranlagten Menschen von Interesse sein. Wie es Kant später in seiner Rechtslehre ausdrückt, ist der ewige Friede „das letzte Ziel des ganzen Völkerrechts“.vii Das freiheitsgesetzliche Rechtsdenken Kants rezipiert mit der Idee des ewigen Friedens den Begriff des „gerechten Krieges“ kritisch und hebt ihn zugleich auf. Die Grundlage für diese Aufhebung des „gerechten Krieges“ in der Idee des ewigen Friedens bildet ein Rechtsbegriff, für den menschliche Selbstbestimmung und Gemeinschaft konstitutiv sind – und zwar als Form humaner Selbstverwirklichung in allen pragmatischen, ethischen, religiösen, wissenschaftlichen, ästhetischen, kurz: kulturellen Hinsichten: „Das Recht ist der Inbegriff der Bedingungen unter denen die Willkür des einen mit der Willkür des anderen nach einem allgemeinen Gesetz der Freiheit zusammen vereinigt werden kann.“ – so Kant.viii

Die Friedensschriftix ist in sogenannte Präliminarartikel und Definitivartikel eingeteilt. Die Präliminarartikel zählen verschiedene den Frieden sowohl tangierende Verbote, als auch daraus resultierende Rechtsverletzungen auf. Die Definitivartikel umreißen ein vollständiges System des öffentlichen Rechts und der Naturgeschichte der Menschheit, das im Frieden zu seinem Endzweck kommt.

Verletzung der Staaten­sou­ve­rä­nität der Ukraine

Im Hinblick auf das Einmischungsverbot in die Staatensouveränität sind besonders jene Präliminar- und Definitivartikel der Friedensschrift wichtig, die bestimmen, dass kein Staat sich in die Verfassung und Regierung eines anderen Staates gewalttätig einmischen,x dass die Verfassung in jedem Staat republikanischxi und dass das Völkerrecht auf einen Föderalismus freier Staaten gegründet sein solle.xii

Gemessen an diesen Punkten ist der Krieg Russlands gegen die Ukraine eine klare Verletzung ihrer Staatensouveränität. Es widerspricht der Friedensvernunft Kants, dass der Ukraine ihre Staatensouveränität abgesprochen wird. Als einen von mehreren Kriegsgründen – wie durch Putin – anzugeben, dass die Ukraine historisch zu Russland gehöre, was sich nebenbei gesagt zugleich auch gegen Lenins Nationalitätenpolitik richtet, ist nicht nur illegitim, sondern stellt zugleich einen Angriff auf die Verfassung der Ukraine dar und einen erheblichen Völkerrechtsverstoß. Das lässt sich auch nicht mit der offiziellen russischen Bezeichnung des Krieges als „militärische Operation“ kaschieren. Das offensichtliche Verständnis der Machthaber Russlands, wonach es sich nicht um einen Krieg handelt, sondern um die legitime militärische Durchsetzung territorialer Ansprüche gegenüber der Ukraine, steht damit in diametralen Gegensatz zu Kants Friedensschrift.

Der Maßstab des Völker­rechts als Maßstab von Univer­sa­lität

Die heutige Wirklichkeit, also gewissermaßen der „Weltzustand“ im Blickwinkel der in Kants Friedensschrift erwähnten friedenstheoretischen Sollens-Maßstäbe, ergibt bei über den Ukraine-Krieg hinausgehender universeller Betrachtung – und die ist mit Kant zwingend – unter anderem folgendes Bild:

Im Hinblick auf die Missachtung staatlicher Souveränität existiert eine Vielzahl von Eingriffen, die sich als Verstöße gegen Kants Sollens-Maßstäbe darstellen. Solche Verstöße sind es vor allem dann, wenn es sich um gewaltsame Eingriffe in die staatliche Souveränität handelt, nicht zuletzt unter Berufung auf die unter Völkerrechtlern durchaus umstrittenen sogenannten „humanitären Interventionen“ bzw. die sog. „Schutzverantwortung“ (responsibility to protect); diese werden immer wieder auch als „gerechte Kriege“ bezeichnet, mit denen schwere Menschenrechtsverletzungen in verschiedenen Staaten verhindert oder beseitigt werden sollen, die durch das militärische Eingreifen aber nicht selten selbst mit verursacht und in Kauf genommen werden. In aller Regel sollen diese Interventionen zugleich einen politischen Systemwechsel (regime change) herbeiführen. Beispiele dafür sind die in den letzten Jahrzehnten erfolgten militärischen Interventionen der USA und der Nato in Jugoslawien/Kosovo, im Irak, in Afghanistan und in Libyen (hier mit zweifelhafter Billigung des UN-Sicherheitsrates), zuvor freilich der Aggressionskrieg der USA gegen Vietnam. Auch der sogenannte „Krieg gegen den Terror“ ist für Staaten oder militärische Bündnisse immer wieder Veranlassung, die Souveränität anderer Staaten zu verletzen. Dazu gehören auch die beiden Tschetschenien-Kriege Russlands.

Mit Kants Friedensschrift ergibt sich eine friedensphilosophische Rechtswidrigkeit der Einmischungen. Kant sieht in der Friedensschrift das Völkerrecht als für alle Staaten gültig an. Noch elf Jahre zuvor geht er in seinem Essay Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absichtdavon aus, dass der vorbürgerliche Staat durch einen gesetzlosen Zustand der Wildenxiii geprägt sei, und dieser Zustand durch Kriege beendet werde, in deren Ergebnis bürgerliche Gemeinwesen entstünden. Könnte hieraus noch geschlussfolgert werden, dass Kant Kriege zur Erreichung der bürgerlichen Gesellschaft und der bürgerlichen Verfassung als legitim ansieht, bezieht er hingegen in das in der Friedensschrift entwickelte Völkerrecht die „Wilden mit ihrer gesetzlosen Freiheit“ ausdrücklich mit ein. Denn das Völkerrecht ist gerade die Überwindung des Naturzustandes durch einen Rechtszustand. Der Friedenszustand auf der Grundlage der Vernunft wird mit Kant durch das Völkerrecht zur unmittelbaren politischen und moralischen Pflicht.

Die Grundsätze der heute geltenden Völkerrechtsordnung lassen sich in gewisser Weise bis zu Kants Friedensschrift zurückverfolgen. Gleichwohl scheint eine aktuelle Interpretation des Völkerrechts unter anderen darin zu bestehen, dass es legitim und legal sei, die Behebung des „gesetzlosen Zustandes der Wilden“ – oder in heutiger Sprache: schwere Menschenrechtsverletzungen in Staaten – mit den Mitteln des Krieges zu beheben. Dabei wird sich – wie bereits hingewiesen – auf sogenannte „humanitäre Interventionen“ bzw. die sogenannteSchutzverantwortung“ (responsibility to protect) bezogen. Diese werden sowohl in der Völkerrechtspolitik als auch in der herrschenden Völkerrechtslehre – beispielsweise durch solche renommierten Stimmen wie Albin Eser und Claus Kress – als eine faktische Weiterentwicklung des Völkerrechts betrachtet und zum Völkergewohnheitsrecht gezählt. In der UN-Charta hat das jedoch keine Grundlage gefunden. Zwar hat die International Commission on Intervention and State Sovereignty (ICISS) im Jahre 2001 versucht, dieses Konzept an die UN-Charta zu binden. Es ist strittig, ob und inwieweit das gelungen ist. Jedenfalls wird damit nicht der Gefahr entgangen, dass das als Friedensrecht konzipierte Völkerrecht den Fakten von Gewalt und Kriegen angepasst und somit faktisch zum Recht des Stärkeren wird. Der Stärkere bestimmt dann, was Völkerrecht ist und was nicht, befindet darüber, ob Völkerrecht verletzt wird oder nicht. Dieser Gefahr entgeht auch Jürgen Habermas nicht, der den Nato-Krieg gegen Jugoslawien philosophisch als eine Reaktion auf die „Unterinstitutionalisierung des Weltbürgerrechts“ in einer von souveränen Staaten geprägten Völkerrechtsordnung betrachtet.xiv

Gerade auch hierauf wirft der Krieg Russlands gegen die Ukraine ein besonderes Schlaglicht, indem sich sowohl Präsident Putin wie auch Außenminister Lawrow mehrfach auf den völkerrechtswidrigen Krieg der Nato gegen Jugoslawien und die „Schutzverantwortung“ berufen haben. Das geschah vor dem Hintergrund der militärischen Auseinandersetzungen im Donbass seit 2014. Russland sieht darin einen illegitimen Krieg der Ukraine gegen diese Gebiete. Die Ukraine und das westliche Bündnis stehen auf dem Standpunkt, dass es sich dabei um ein legitimes militärisches Vorgehen der Ukraine aufgrund separatistischer bzw. sezessionistischer Bestrebungen mit dem Ergebnis von jedenfalls verfassungswidrigen Unabhängigkeitserklärungen der Gebiete Donezk und Luhansk zu „Volksrepubliken“ handele. Zudem sei dadurch die territoriale Integrität der Ukraine verletzt worden. Die Darstellung Russlands, dass diese Auseinandersetzung, die bisher 14.000 Menschenleben gefordert habe, einen Völkermord darstellt, ist im Hinblick darauf, dass dabei im Sinne des modernen Völkerrechts Genozid vorliege, deutlich zu bezweifeln. Jedenfalls rechtfertigen sie ohne Mandat des UNO-Sicherheitsrats oder der Einwilligung der Regierung in Kiew keine militärische Intervention.xv Damit ist allerdings weder eine Geringschätzung der Opfer dieses Krieges, noch des Ausmaßes des menschlichen Leides und der Zerstörungen im Donbass verbunden. Norman Paech verweist darauf, dass dieser Krieg im Westen nie richtig wahrgenommen wurde.xvi

Die Befürwortung der „Schutzverantwortung“ durch Völkerrechtler im Falle des völkerrechtswidrigen Krieges gegen Jugoslawien bezieht sich darauf, dass im Vergleich mit dem völkerrechtswidrigen Krieg Russlands gegen die Ukraine der Krieg der Nato gegen Jugoslawien aufgrund der schwersten Menschheitsverbrechen in Jugoslawien erfolgte und deshalb geboten war. Eine vergleichbare Schwere von Menschenrechtsverletzungen durch die ukrainische Armee und – so sei hinzugefügt – das ultranationalistische bzw. rechtsextremistische Asow-Regiment gegen die Donbass-Gebiete sei nicht vorhanden. Ferner sei der Krieg gegen Jugoslawien im Gegensatz zum Krieg Russlands gegen die Ukraine nicht mit Gebietsansprüchen verbunden gewesen.

Jedenfalls mit dem Maßstab von Kant bleibt zumindest der erste Teil dieser Argumentation problematisch. Denn für Kant geht es bei der Berufung auf Völkerrecht um dessen äußere Wahrung als Rechts- und Friedensprinzip. Mit völkerrechtswidrigen Kriegen Frieden schaffen zu können, lässt sich mit Kant nicht begründen. Oder anders gesagt: Bei Statuierung einer Rechtspflicht zur Herstellung äußeren Friedens ist eine Vergleichbarkeit der Schwere der Völkerrechtsverletzung durch Kriege ebenso schwierig, wie eine Antwort auf jene Frage zu finden, welches innerstaatliche oder Bürgerkriegs-Unrecht schwerer wiegt, um einen Krieg von außen zur Beseitigung der schweren Menschenrechtsverletzungen im Inneren anderer Staaten für geboten zu halten.

So wie demnach die Inanspruchnahme einer „Schutzverantwortung“ beim Angriffskrieg der Nato im Jahre 1999 höchst zweifelhaft ist, so geht sie auch im Jahre 2022 beim Angriff Russlands gegen die Ukraine fehl; und dies wie schon 1999 allein deshalb, weil sie gerade keine Grundlage in der UN-Charta hat und dem dortigen Gewaltverbot widerspricht. Soweit stattdessen Völkergewohnheitsrecht herangezogen wird, darf dieses jedoch nicht im Gegensatz zur UN-Charta stehen. Nur wenn Art. 51 UN-Charta in legaler Weise als Nothilferecht zur Anwendung kommt, und dazu ein UN-Sicherheitsratsbeschluss gefasst würde, wäre der Kontext zu einer Art „Schutzverantwortung“ durch die dem angegriffenen Staat zur Hilfe eilenden anderen Staaten gegeben. Da die sich verfassungswidrig für unabhängig erklärten „Volksrepubliken“ im Donbass auf dem Staatsgebiet der Ukraine keine anerkannten Völkerrechtssubjekte sind, und dies werden sie auch nicht durch einseitige Anerkennung Russlands, scheidet die Berufung Putins und Lawrows auf eine Nothilfe durch Russland aus.

Im Hinblick auf die Ende September dieses Jahres im Donbass sowie in den Gebieten Cherson und Saporoschje stattgefundenen Referenden ist davon auszugehen, dass sich Russland dabei – wie bereits bei dem Referendum auf der Krim – auf das Gutachten des Internationalen Gerichtshofes zu Kosovo bezieht, wonach die Unabhängigkeitserklärung Kosovos im Jahre 2008 das allgemeine internationale Recht nicht verletzt. Indes wird in der völkerrechtlichen Literatur darauf hingewiesen, dass der Internationale Gerichtshof damit aber nichts zu der Frage gesagt hat, ob das Kosovo durch die Unabhängigkeitserklärung auch ein unabhängiger Staat geworden ist. Der Internationale Gerichtshof hat sich demnach weder grundlegend zur Reichweite des Selbstbestimmungsrechts der Völker geäußert, noch zum Recht auf Sezession und zum Status des Kosovo.xvii Russland kann der Kosovo-Entscheidung des Internationalen Gerichtshofes mithin keine Legitimation für die Abspaltung der Donbassgebiete von der Ukraine und der damit verbundenen Aufnahme in die Russische Föderation entnehmen. Gleichwohl gibt es trotz der einhelligen westlichen Verurteilung der Referenden mit dem Ergebnis des Anschlusses an Russland als Annexion auch bedenkenswerte Stimmen, die demgegenüber von einer Sezession ausgehen.xviii

Der Krieg Russlands gegen die Ukraine lässt sich schon gar nicht durch eine pseudopragmatische Haltung des „Wie du mir, so ich dir“ bzw. „Wenn du das Völkerrecht gebrochen hast, kann ich das auch“, legitimieren, geschweige denn legalisieren. Solche Haltung bleibt immer ein einseitiger Legitimationsversuch des Angreifers, legal wird der Angriffskrieg dadurch nicht.

Ein weiteres Argument der politisch und militärisch Herrschenden Russlands zur Legitimation des Krieges gegen die Ukraine ist die angenommene Bedrohung und Gefährdung der Sicherheit Russlands durch die Nato-Osterweiterung, insbesondere dadurch, dass die Aufnahme der Ukraine in die Nato mehrfach in Aussicht gestellt worden war. Ferner wurde von Putin – wenn auch erst Monate nach Kriegsbeginn – behauptet, dass Russland mit der militärischen Operation“ gegen die Ukraine einem Angriff gegen Russland zuvorgekommen sei, was sich offenbar auf die Gefahr eines Angriffs auf die Krim bezog.

Hier nun ist zurückzugehen zum völkerrechtswidrigen Krieg der USA gegen Irak im Jahre 2003. Es ist an die Bedrohungsargumente zu erinnern, die die damalige Bush-Regierung gebrauchte, um Irak zu überfallen. Erst später erfuhr die Weltgemeinschaft von der Bedrohungslüge. Jener, der sie in der UN-Vollversammlung vortrug, der damalige US-Außenminister Colin Powell, räumte später öffentlich ein, dass das eine Lüge war. Demgegenüber ist die Bedrohungssituation Russlands durch die Nato kaum von der Hand zu weisen; sie kann jedenfalls nicht als Lüge bezeichnet werden. Die Behauptung, dass ein Angriff auf Russland bzw. die Krim bevorstand, ist aber kaum verifizierbar und zumindest hinsichtlich eines unmittelbar bevorstehenden Angriffs zu bezweifeln. Indes ist die völkerrechtliche Situation damals wie heute ähnlich einzuschätzen.

Für Russland besteht kein Recht auf präventive Selbstverteidigung, das wäre nur bei Unmittelbarkeit des bevorstehenden Angriffs und bei Vorliegen eines UN-Sicherheitsratsbeschlusses der Fall gewesen. Die USA beriefen sich zur Legitimierung des Angriffskrieges gegen Irak darauf, dass bei „Schurkenstaaten“, die irgendwann einmal Massenvernichtungswaffen einsetzen, allein schon diese Möglichkeit für einen Präventivkrieg ausreichen muss. So wie Völkerrechtler dazu fast einhellig die Auffassung vertraten, dass Präventivkriege völkerrechtswidrig sind, gilt dies auch für den Präventivkrieg Russlands gegen die Ukraine. Allen Versuchen der USA und anderer Nato-Staaten, Präventivkriege allein durch Praxis, das heißt durch Schaffung vollendeter Tatsachen, zu legalisieren, indem es nicht mehr auf die Unmittelbarkeit ankommt und eine Angriffsabsicht nicht mehr nachgewiesen werden muss, ist eine Absage zu erteilen. Diese Absage muss auch für derartige Versuche Russlands gelten, im Übrigen auch dem von russischer Seite immer mal wieder vorgetragenen militärischen Ziel des Krieges, einen politischen Systemwechsel (regime change) in der Ukraine herbeizuführen.

Doch zeigt sich eben auch hier, dass die Negierung des Völkerrechts quasi im Namen des Völkerrechts Fakten schafft, auf die sich je nach politischer und militärischer Interessenlage unterschiedliche Staaten berufen können. Der Völkerrechtler Norman Paech verweist auf die Ohnmacht des Völkerrechts bei solchen wie von Putin geäußerten Drohungen: „An alle, die beabsichtigen, sich von außen einzumischen: Wenn ihr das tut, werdet ihr Konsequenzen erleben, die größer sind als alles, was ihr in der Geschichte erlebt habt.xix

Insoweit der ukrainische Präsident Selenskyi daraufhin die Nato aufforderte, die Möglichkeit eines russischen Atomwaffeneinsatzes „notfalls mit Präventivschlägen zu verhindern“,xx ist auf ein Gutachten des Internationalen Gerichtshofs aus dem Jahre 1996 zu verweisen. Darin wird festgestellt, dass der Einsatz und die Androhung des Einsatzes von Atomwaffen grundsätzlich völkerrechtswidrig sind. Für den extremen Fall von Selbstverteidigung, in dem die Existenz eines Staates gefährdet wäre, konnte der Gerichtshof nicht entscheiden, ob der Einsatz von Atomwaffen gegen Völkerrecht verstoßen würde.xxi

Zu verweisen ist aber auf den Atomwaffensperrvertrag sowie den Atomwaffenverbotsvertrag. Letzterer trat am 22.1.2021 in Kraft und wurde zuvor bei den Vereinten Nationen verabschiedet.xxii Zu den Unterzeichnern gehören allerdings weder die Atommächte noch die NATO-Staaten inklusive Deutschland.xxiii Über 80 Länder sind dem Vertrag aber mittlerweile beigetreten. Eingeschätzt wird, dass der Vertrag das wichtigste Instrument des humanitären Völkerrechts ist, um die katastrophalen humanitären Folgen eines Einsatzes von Atomwaffen bzw. entsprechender Atomwaffentests abzuschwächen. Der Vertrag formuliere ein klares internationales Verständnis seitens der Staaten und der Zivilgesellschaft, dass der Einsatz von nuklearen Waffen unabhängig von den Gründen inakzeptabel ist.xxiv Letztlich lässt sich einschätzen, dass der Atomwaffenverbotsvertrag so etwas wie die „Friedensschrift“ für die weltweite Ächtung von Atomwaffen ist. Aber so wie bei der Friedensschrift von Kant gilt auch für die Friedensschrift gegen Atomwaffen, dass an die Vernunft vor allem der Atomwaffenmächte und der Nato nur immer wieder zu appellieren ist, und dies mit einer möglichst kraftvollen gesellschaftlich-weltweiten Bewegung. Die herrschende Politik nicht zuletzt Deutschlands ist immer wieder aufzufordern, sich aktiv daran zu beteiligen, „diese Geißel der Menschheit loszuwerden“, so der außenpolitische Sprecher der Linken Gregor Gysi.xxv

Legitime Suche nach Kriegs­ur­sa­chen

Zu Beginn des Krieges gegen die Ukraine berief sich die offizielle russische Seite darauf, dass man die Ukraine von Nazismus befreien und sie entmilitarisieren wolle. Nicht zuletzt in diesem Kontext wurde der gewaltsame Maidan-Konflikt im Jahre 2014 mit der damaligen Regierung unter Janukowitsch in die russische Argumentation ebenso mit einbezogen (wohl nicht zu Unrecht wird dabei auch von einem gewaltsamen Putsch durch rechtsradikale Kräfte gesprochen),xxvi wie die erfolglose Umsetzung der Minsker Abkommen, wobei Russland die Hauptschuld daran der ukrainischen und westlichen Seite zuschreibt.

Über die historische Wahrheit, über die Interpretation der historischen Tatsachen und deren politische Einordnung – auch im Zusammenhang mit der Annexion der Krim (Rechtswissenschaftler wie beispielsweise Hermann Klenner, Reinhard Merkel und Norman Paech sprechen von Sezession) – wird heftig gestritten. Die herrschende politische wie mediale Meinung hierzulande grenzt nicht selten Mindermeinungen, wie sie beispielsweise von Teilen der Friedensforschung und der Friedensbewegung vertreten werden, aus. Diese wollen entgegen einem bellizistischen Zeitgeist sowohl der Vorgeschichte des Krieges wie auch realen Bedrohungsrealitäten auf den Grund gehen. Damit rechtfertigt die Mindermeinung keineswegs den Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine – wie oft unterstellt wird. Denn selbst wenn hypothetisch gesehen die „russische Wahrheit“ tatsächlich darin bestünde, dass es sich bei alledem in der Ukraine – um wieder mit Kant zu sprechen – um einen „gesetzlosen Zustand von Wilden“ handelt, möglicherweise tatsächlich in einem nazistischen bzw. faschistoiden Gewand, verbietet es sich sowohl mit Kants Friedensschrift als auch mit dem aktuellen Völkerrecht, diesen Zustand durch Krieg beseitigen zu wollen. Die Suche nach der Vorgeschichte des Krieges und nach der historischen oder auch geopolitischen Einordnung (nicht Relativierung!) wird damit nicht etwa obsolet, und dies allein schon deshalb nicht, weil damit gerade auch Vergleiche gezogen werden können, die dem Frieden dienen sollen. Die Marginalisierung solchen historischen Herangehens, die durch die vorherrschende Politik und einem Großteil der Medien vorgenommen wird, ist gerade nicht friedensfördernd.

Auch für die USA waren und sind verschiedene Staaten im „gesetzlosen Zustand von Wilden“ – wie gezeigt – gleichsam „Schurkenstaaten“. Das hat zu Kriegen gegen derartige Staaten geführt. Wenn man verschiedene aktuelle Konfliktsituationen in der Welt betrachtet, die alle ihre Vorgeschichte haben, muss befürchtet werden, dass der Krieg weiterhin als das legitime Mittel gegenüber Staaten angesehen wird, die als solche „Wilden“ betrachtet werden. Die Interpretationshoheit dafür liegt dann freilich bei dem potentiellen Aggressor. Das führt nicht selten dazu, dass sich Staaten gegenseitig der potentiellen Aggression bezichtigen. Krieg wird damit wieder normal, wird zum bevorzugten Mittel der Durchsetzung von politischen, ökonomischen, ideologischen, religiösen, kulturellen und militärischen Interessen. Diese Interessen sind komplex. Auch dafür ist der Krieg Russlands gegen die Ukraine ein Beispiel.

In Abwandlung der berühmten Metapher eines Volks von Teufeln“ aus Kants Friedensschrift stehen sich auf beiden Seiten des Ukraine-Kriegs in Gestalt der Staats- und Kriegsmächtigen „Teufel“ unversöhnlich gegenüber, und die Bosheit des einen „Teufels“ bedroht auch die böse Absicht des anderen, wie das schon vor Jahren der Sozialwissenschaftler Uli Jähner in Anlehnung an Kant so treffend formuliert hat.

Putin und Lawrow scheinen der Meinung sein, dass ihr militärisches Vorgehen gegen die Ukraine zugleich ein Krieg gegen die „Teufel“ des Westens sei. Neuerdings spricht Putin von einer Horde seelenloser Sklaven, zu denen der Westen den Rest der Welt machen wolle.xxvii  Mit dem russischen Kampf dagegen solle die unipolare Weltordnung durch ein kollektives, multipolares Sicherheitssystem ersetzt werden. Gerade erst dadurch – so offenbar die Vorstellung von Putin – würden Völkerrecht wie auch Frieden gesichert. Das freilich bezeugt die ganze Paradoxie von Krieg. Frieden und Recht sollen durch Krieg geschaffen werden. Das ist das Gegenteil von Kant, der in seiner Friedensschrift nicht müde wird zu fordern, dass die Ursachen von Konflikten zwischen Staaten nur mit friedlichen Mitteln ausgeräumt werden dürfen, dass der Weltzustand des Friedens nur durch Frieden selbst erreicht werden kann.

Aber was ist mit solchen aktuellen Kriegen wie im Jemen, in Syrien, in Israel/Palästina, im Nordirak, um nur einige zu nennen? Bei nicht allen dieser und weiterer Kriege handelt es sich um Kriege zwischen Staaten. Der heutige Kriegsbegriff umfasst weitaus mehr und ist heterogen, der Kriegswirklichkeit angepasst. Dazu gehören Bürgerkriege, Stellvertreterkriege, Söldnerkriege, hybride Kriege, asymmetrische Kriege und weitere. Wenn Kants Friedensschrift einer Weiterentwicklung bedarf, dann nicht zuletzt im Hinblick darauf. Dann ist seine originäre Sicht auf den äußeren Frieden zwischen Staaten auf die Herstellung jedweden Friedens zu erweitern. Das wiederum aber bedeutet die Wahrnehmung von Friedensverantwortung der Staaten für die friedliche Behebung derartiger „innerer“ Kriege.

Wenn es entsprechend der heutigen realen Situation im Inneren von Staaten schwerste Menschenrechtsverletzungen mit universeller Betroffenheit gibt (unter anderem Genozid), die als Verbrechen an der Menschheit (Hannah Arendt) aufgefasst werden müssen, und wenn zu deren Behebung tatsächlich nur Krieg von außen möglich sein sollte, dann muss für die Legalisierung derartigen militärischen Eingreifens für solche absoluten Ausnahmesituationen zuvor die Charta der Vereinten Nationen entsprechend geändert werden, indem eine militärische „Schutzverantwortung“ aufgenommen und diese auf Verbrechen gegen die Menschheit beschränkt wird. Dem Einwand, dass das aufgrund des Vetorechts Russlands im UN-Sicherheitsrat nicht möglich sei, ist auf diplomatische, politische und juristische Weise zu begegnen. Russland hat mit dem Angriffskrieg gegen die Ukraine selbst faktische Tatsachen für eine solche Änderung der UN-Charta geschaffen. An diesen Tatsachen ist Russland zu messen, gewissermaßen insofern „beim Wort“ zu nehmen, wonach der Krieg gegen die Ukraine auch der Verhinderung von weiterem Genozid gegen die russische Bevölkerung der Donbass-Gebiete diene. Das freilich ist eine Nachkriegsaufgabe, die nicht nachträglich die Völkerrechtswidrigkeit heilt, die aber für die Zukunft die legalisierte Möglichkeit schafft, Verbrechen gegen die Menschheit mit militärischen Mitteln Einhalt zu gebieten.

Albin Eser spricht gar davon, dass humanitäres Völkerrecht versus nationale Souveränität ausgerichtet werden müsse, das heißt, dass staatliche Souveränität dann verwirkt wäre, wenn Menschen durch den eigenen Staat bedroht würden und den erforderlichen Schutz ihrer eigenen Rechte gar nicht anders als von außen her zu erlangen vermögen.xxviii Doch welches – so ist hier erneut zu fragen – ist der Maßstab für jene Bedrohung der Menschen durch den Staat, der ein militärisches Eingreifen von außen zu rechtfertigen vermag? Und wer entscheidet darüber, wann und wie von außen eingegriffen werden soll? Diese Fragen unterstreichen einmal mehr, dass es dafür internationalrechtliche Vorgaben der UN-Charta geben muss, die so klar wie möglich sind. Nicht zuletzt in diesem Zusammenhang stellt sich dann auch das Problem der Reform des Systems des UN-Sicherheitsrates. Eine Länder-Erweiterung des Sicherheitsrates unter Abschaffung des Vetorechts und Einführung eines Mehrheitsverhältnisses bei Entscheidungen im Zusammenhang mit den Ausnahmen vom Gewaltverbot könnten Gedanken in eine legalisierte Richtung sein.

Eine Nachkriegsaufgabe ist es auch, alle Anstrengungen zu unternehmen, um dem Völkerstrafrecht im Hinblick auf die Aufklärung und Ahndung der Kriegsverbrechen und anderen schweren Verbrechen gegen die Menschheit zur Durchsetzbarkeit zu verhelfen. Albin Eser sieht in der internationalen Strafgerichtsbarkeit einen Teilbeitrag hin zu dem von Kant postulierten ewigen Frieden und in der Errichtung internationaler Strafgerichtsbarkeit die Entwicklung von einem staatsfixierten Völkerrecht bei Kant hin zu einem auch den Menschen einbeziehenden und kosmopolitisch ausgerichteten Weltbürgerrecht.xxix Der Menschenrechtsanwalt Wolfgang Kaleck weist darauf hin, „dass die Treiber der aktuellen Entwicklung und Ankläger gegen Russland ausgerechnet die westlichen Staaten sind, die wie die USA und Großbritannien in den letzten Jahren selbst zur Diskreditierung des Internationalen Strafgerichtshofs und zur Erosion des Völkerrechts beigetragen haben – etwa durch den völkerrechtswidrigen Irakkrieg 2003, die systematische Folter von Terrorismusverdächtigen und die Verhängung von Sanktionen gegen denselben Internationalen Strafgerichtshof, den man nunmehr in Anspruch nehmen will.xxx Noch ausführlicher dazu äußert sich der Völkerstrafrechtler Kai Ambos mit seinem neuen Buch „Doppelmoral – Der Westen und die Ukraine“ (Westend-Verlag, 2022).

Kant sendete diesbezüglich widersprüchliche Signale. Für ihn war ein internationaler Völkerstrafgerichtshof nicht vorstellbar, denn das Strafrecht habe jenseits einer innerstaatlichen Gesetzlichkeit keinen Platz. Andererseits ist für Kant der Krieg nur „das traurige Nothmittel im Naturzustande …, (wo kein Gerichtshof vorhanden ist, der rechtskräftig urtheilen könnte), durch Gewalt sein Recht zu behaupten.xxxi Ist es nur Zufall, wenn Kant hier auf den fehlenden Gerichtshof im Naturzustand hinweist, oder könnte nicht bereits dies als Anzeichen einer Idee für die friedensstiftende Funktion eines internationalen Gerichtshofes betrachtet werden? Die Juristin Gisela Manske hat – anknüpfend an Kant – mit ihrer Promotion wichtige Kriterien für Verbrechen an der Menschheit als Verstöße gegen die Grundprinzipien der internationalen Gemeinschaft herausgearbeitet.xxxii

Friedens­schluss zwischen Russland und der Ukraine?

Mit Kants Schrift „Metaphysische Anfangsgründe der Rechtslehre“ (zwei Jahre nach der Friedensschrift erschienen) ist unbestreitbar, dass der Ukraine das Selbstverteidigungsrecht gegen die Aggression Russlands zusteht. Doch im Geist der Friedensschrift ist zu fragen, wieweit dieses Selbstverteidigungsrecht trägt, wie lange es vernünftig ist, sich selbst zu verteidigen, ab wann es stattdessen vernünftig ist, den Frieden anzustreben. Denn das Recht auf Selbstverteidigung heißt nicht automatisch, dass dessen Zielstellung darin besteht, den Aggressor besiegen zu müssen. Frieden nach Kant ist nicht zu erreichen mit immer mehr Waffen, nicht dadurch, dass der Krieg verlängert und das Töten auf beiden Seiten der Kriegsparteien kein Ende findet. Zwar hat nach geltendem Völkerrecht jeder Staat das Recht, einem angegriffenen anderen Staat auch durch Waffenlieferungen Hilfe zu leisten. Allein dadurch werden die helfenden Staaten damit aber nicht zur unmittelbaren Kriegspartei. Doch werden in der Regel Kriege dadurch verlängert. Das Töten und das unermessliche Leid auf beiden Seiten der gegeneinander kämpfenden Staaten wird immer größer.

Zudem ist es unabsehbar, wann der helfende Staat die Grenze zum Eintritt als unmittelbare Kriegspartei überschreitet. Das könnte der Fall sein durch die Ausbildung von Soldaten für den angegriffenen Staat. aber auch dann, wenn Nachrichtendienste militärische Informationen, die für den Krieg notwendig sind, dem angreifenden oder sich verteidigenden Staat übermitteln. Das könnte aber auch bereits dann eintreten, wenn der angreifende Staat von sich aus erklärt, dass die den angegriffenen Staat unterstützenden Staaten Kriegsparteien sind. Dann würde der angreifende Staat den Verteidigungskrieg zu einem faktischen Stellvertreterkrieg erklären. Die Gefahr einseitiger Erklärung besteht immer und wird größer, wenn der Angreifer erkennt, dass er den Krieg nicht gewinnen kann.

Einmal mehr führt das zu Kants „unwiderstehlichem Veto“ aus den „metaphysischen Anfangsgründen der Rechtslehre“, welches er trotz der Anerkennung des militärischen Verteidigungsrechts des angegriffenen Staates, und trotz des beschriebenen Naturzustandes, in dem auch ein Recht des Zuvorkommens eines bedrohten Staates bestehe (ius praeventionis), in Anwendung moralisch-praktischer Vernunft formuliert:xxxiiiEs soll kein Krieg sein“.xxxiv

Der Zustand des So-Sein im Krieg, den Kant in den „metaphysischen Anfangsgründen der Rechtslehre“ ausführlicher als in seiner Friedensschrift beschreibt, muss in dem Sollens-Zustand der kategorischen Ablehnung des Krieges enden. In diesem dialektischen Kontext kann sich zur eigenen Rechtfertigung von Präventivkriegen oder präventiven „militärischen Operationen“ dann auch nicht auf jenen Aspekt von Kants So-Sein-Zustand des Krieges berufen werden, wonach auf eine Bedrohung von außen präventiv reagiert werden dürfe.

Für wirkliche Friedensschlüsse ist der Waffenstillstand die Voraussetzung. Ein Waffenstillstand hingegen, der bloß erfolgt, damit der Krieg weitergeht, oder künftige neue Kriege geführt werden können, ist nach Kant kein Friedensschluss, sondern nur ein Aufschub der Feindseligkeiten. Der einzelne Krieg ist durch einen Friedensvertrag zu beenden, dies ist die Voraussetzung dafür, dass alle Kriege „in einem Friedensbund endigen“.xxxv Staaten, die Kriege führen, befinden sich – wie Kant sagt – „im Naturzustand“.xxxvi Aber jene Staaten, die sich im gesetzlichen (völkerrechtlichen) Friedenszustand befinden und es in der Hand haben, das „Nothmittel“ Krieg zwischen den kriegführenden Staaten zu überwinden, sind auch moralisch verpflichtet, dies zu tun. Staaten mithin, die dem angegriffenen Staat Hilfe durch die Lieferung schwerer Waffen leisten, sollten einzuschätzen wissen, ab wann dies nicht etwa zur Beendigung des Krieges führt, sondern zu seiner kaum abzuschätzenden Verlängerung. Diese Staaten müssen daher auf einen Friedensvertrag hinwirken, müssen alles dafür tun, Frieden „zu stiften“, statt weiter schwere Waffen zu liefern. Diese Vernunft gebietet auch die atomare Bedrohung und die Verantwortung von „Staatsklugheit“ (Kant), die davon ausgehenden Gefahren zu minimieren. Wirkliche Staatsklugheit würde alles tun, um durch beharrliches Hinwirken auf Friedensvertragsverhandlungen einen „Verhandlungsfrieden“ zu erreichen, dem ein Waffenstillstand vorausgeht. Solch ein Frieden ist ohne gegenseitige Kompromisse nicht zu erreichen. Auch das gehört zur Staatsklugheit.

Besonders jene gesellschaftlichen Kräfte in Deutschland, die sich in öffentlichen Aufrufen und Appellen an die Regierungspolitik in verschiedener Weise für derartige Staatsklugheit eingesetzt haben, sehen sich der Stigmatisierung ausgesetzt: Sei es als „Lumpenpazifisten“ (Sascha Lobo), sei es, dass sie sich dem früheren ukrainischen Botschafter in Deutschland Melnyk zufolge zum „Teufel scheren“ sollen, oder ihnen unterstellt wird, sie würden „mit absurder Rhetorik Russlands Aggression befeuern“ (Melnyk). Damit aber wird die oben zitierte Metapher aus Kants Friedensschrift, dass die Befehlshaber des Krieges „Teufel“ sind, in ihr Gegenteil verkehrt. Zu „Teufeln“ werden nun jene erklärt, die sich für eine rasche Beendigung des Ukraine-Krieges aussprechen. Aber vielleicht sind es ja gerade diese „Friedensteufel“ – denen völlig haltlos unterstellt wird, den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gutzuheißen oder zu rechtfertigen –, die sich von diesen Unterstellungen nicht abhalten lassend weiter auf dem Frieden beharren und damit in letzter Konsequenz zum Erreichen des „Guten“, dem Friedensschluss beitragen.

Es ist übrigens bemerkenswert, dass jene Kräfte der SPD-Linken, die sich kürzlich für eine Diplomatie-Offensive ausgesprochen haben, um zu einem schnellstmöglichen Waffenstillstand zu gelangen, den üblichen Diffamierungen – soweit zu sehen ist – nicht ausgesetzt sind. Auch die SPD-Linken verweisen auf die Gefahr eines Atomkrieges, weshalb bei jeder Lieferung von Waffen an die Ukraine sorgfältig abzuwägen sei, wo die „rote Linie“ liegt, die als Kriegseintritt wahrgenommen werden und entsprechende Reaktionen provozieren könnte. Die Einrichtung von Flugverbotszonen, die Lieferung von Kampfpanzern oder Kampfjets „würden diese Grenze sicher überschreiten“.xxxvii

Aber auch kirchliche Organisationen sehen sich nicht jener Diffamierung ausgesetzt, wie die Unterzeichner der oben erwähnten Friedensaufrufe und -appelle. Meistens kommen sie im öffentlichen gesellschaftlichen Diskurs nicht vor, werden schlicht ausgegrenzt. Die Erklärung der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe vom September 2022 befindet sich im Geiste einer konsequenten Friedenshaltung. Sie ruft zu einem sofortigen Waffenstillstand auf, um dem Tod und der Zerstörung Einhalt zu gebieten, sowie zu Dialog und Verhandlungen, um einen dauerhaften Frieden zu sichern. Eine der vielen tragischen Folgen des Krieges in der Ukraine sei die erhebliche Verschärfung der Militarisierung, der Konfrontation und der Spaltung des europäischen Kontinents, mit einer enormen und weitgehend unkontrollierten Verbreitung von Waffen in der Region und einer erneuten und eskalierenden Bedrohung durch einen Atomkonflikt, der eine Katastrophe von erschreckendem und wahrscheinlich globalem Ausmaß auslösen würde. Eine neue Trennungslinie werde quer über den Kontinent gezogen, die auf beiden Seiten mit Waffen gespickt ist.xxxviii

Ähnlich äußerte sich auch Papst Franziskus in seinem Angelus-Gebet am 2.10.2022:

Nur ein sofortiger Waffenstillstand und Verhandlungen, die die Unantastbarkeit menschlichen Lebens, die Integrität jedes Landes und Minderheitenrechte achten, können Leid, Tod, Zerstörung, Angst und die Gefahr atomarer Vernichtung beenden. Der Krieg und die Vorstellung, ihn militärisch gewinnen zu wollen, ist ein Irrtum, ein Horror und ein Wahnsinn.xxxix

Bedeutung von Wirtschafts­sank­ti­onen

Gefragt werden soll zugleich danach, ob sich mit Kants Friedensschrift auch Aufschlüsse über die Frage nach den Wirtschaftssanktionen, die das westliche Bündnis gegen Russland verhängt hat, ergeben. Bei Kant ist auf den ersten Blick zu dieser Frage erst einmal nichts zu finden, obwohl schon zu seiner Zeit Wirtschaftssanktionen im Zusammenhang mit Kriegen nicht unbekannt waren. Als institutionelles Instrument der Außenpolitik kamen sie erst durch den Völkerbund nach dem Ende des ersten Weltkrieges zum Einsatz. Ihre Wirksamkeit war jedoch von jeher umstritten, so wie sie das auch heute in Bezug auf die Wirtschaftssanktionen gegen Russland ist.xl Wirtschaftssanktionen gegenüber einem das Gewaltverbot der UN-Charta verletzenden Staat sind zunächst einmal legal. Die Wirtschaftssanktionen gegenüber Russland finden auch eine Grundlage im Recht der EU; dies gilt auch für ihre immer weiter erfolgten Verschärfungen. Damit soll erreicht werden, dass Russland geschwächt wird, so geschwächt, dass es den Krieg gegen die Ukraine verliert, was im Geiste von Kants Friedensbegriff letzten Endes illegitim ist. Zudem hofft die westliche Politik, dass sich dadurch immer mehr Menschen in Russland selbst gegen den Krieg der russischen Machthaber wenden. Ob derartige Zielstellungen realistisch sind, steht dahin. Die Zweifel daran dürften größer sein, als die Erfolgsaussichten. Das verrät auch ein Blick in die Geschichte von Wirtschaftssanktionen.xli

Lieferung schwerer Waffen sowie Wirtschaft­s­em­bargo

Immer wieder wird im Zusammenhang mit der Lieferung schwerer Waffen und der weiteren Verschärfung der Wirtschaftssanktionen postuliert, dass durch die Gegenwehr der Ukraine auch „unsere Freiheit“ und „unsere Werte“ verteidigt würden. (Schon einmal sollte „unsere Freiheit“ verteidigt werden, am Hindukusch. Wie das geendet hat, ist bekannt.) Diese Argumentation spricht eher dafür, dass Deutschland – wie auch andere EU- und Nato-Staaten – die militärische Hilfe für die Ukraine und die Wirtschaftssanktionen wenn auch nicht in einem völkerrechtlichen Sinne, so aber zumindest als einen moralischen „Stellvertreterkrieg“ aufzufassen scheinen. Die Begründungen für das Wirtschaftsembargo sowie die Exporte schwerer Waffen sind dabei stark emotionalisiert. Stattdessen wäre eine sachliche und nüchterne Debatte über den Schaden und Nutzen der Sanktionen gegen Russland geboten. Eine Debatte, die auch thematisiert, ob und inwieweit das Wirtschaftsembargo gegen Russland eine Ursache für die sich immer weiter zuspitzende soziale und problematische volkswirtschaftliche Lage in Deutschland und den anderen EU-Staaten ist; eine Debatte, in der abgewogen wird, ob es vor diesem Hintergrund sinnvoll ist, die Wirtschaftssanktionen aufrechtzuerhalten. Eine Debatte schließlich, in der nicht allein über Sozial- und Energiepolitik gesprochen werden darf, sondern die die Außenpolitik mit einbeziehen muss. (Wer von Wirtschaftssanktionen spricht, darf von der Außenpolitik nicht schweigen, würde Max Horkheimer heute wohl sagen.)

An dieser Stelle kommt auch Kant wieder ins Spiel. Er betont in der Friedensschrift, dass es der „Handelsgeist“ ist, „der mit dem Kriege nicht zusammen bestehen kann, und der früher oder später sich jedes Volk bemächtigt.xlii Nach Kant verbindet der „Handelsgeist“ die Völker. Der „Handelsgeist“ und die „Geldmacht“ seien es, die Kriege verhindern könnten. Kant sieht in den friedlichen Wirtschaftsbeziehungen zwischen Staaten eine Gewährleistung für ein friedliches Miteinander, was „freilich nicht eben durch Triebfedern der Moralität“ bestimmt werde.xliii

Kant unterscheidet zwischen einem „moralischen Politiker“, der die Prinzipien der Staatsklugheit so nimmt, „dass sie mit der Moral zusammen bestehen könnenxliv von einem politischen Moralisten, „der sich eine Moral so schmiedet, wie es der Vorteil des Staatsmanns sich zuträglich findet.xlv Ein politisches Moralisieren also, wie es aktuell durch die Formel „Frieren für den Frieden“ besonders anschaulich zum Ausdruck kommt, ist mit Kant nicht zu machen. Nach Kant ist nicht der Zweck der Anfang der praktischen Vernunft, ins Heute gewandt, nicht der Zweck, dass die Ukraine unbedingt den Krieg gegen Russland gewinnt, sondern der Anfang ist, so zu handeln, „dass du wollen kannst, deine Maxime solle ein allgemeines Gesetz werden (der Zweck mag sein welcher er wolle).xlvi Das ist für Kant Rechtsprinzip. In seiner Friedensschrift ist es das Prinzip des moralischen Politikers, den „ewigen Frieden“ herbeizuführen. Für den politischen Moralisten hingegen ist das eine bloße Kunstaufgabe. Dazu gehört auch, dass der politische Moralist das Wirtschaftsembargo nur einseitig verhängt – wie hier gegenüber Russland wegen dessen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg – und nicht im Zusammenhang mit anderen völkerrechtswidrigen Kriegen von Staaten, denen er nahe steht (wie beim Krieg der USA gegen Irak). Die politischen Moralisten betreiben – wie Kant schreibt – „empirische Politikxlvii und keine sich nach allgemeingültigen Rechtsprinzipien orientierende Politik. „Alle auf das Recht anderer Menschen bezogene Handlungen, deren Maxime sich nicht mit der Publizität verträgt, sind unrecht“ heißt es bei Kant in der Friedensschrift.xlviii Es dürfte wohl wenig Zweifel daran geben, dass die Verschärfung der sozialen Lage in Deutschland und anderen EU-Ländern, ja, die existenzielle Bedrohung großer Teile der eigenen Bevölkerung, insbesondere von kleinen und mittleren Unternehmen, bei gleichzeitiger Gewinnsteigerung großer Konzerne, soweit sie sich auf das Wirtschaftsembargo gegen Russland zurückführen lässt, nicht in deren Interesse liegt und sich nach Kant somit auch nicht mit der Publizität (nur das, was öffentlich ist und sich der allgemeinen Kritik stellt, kann legitim sein) in Übereinstimmung bringen lässt.xlix Hinzu kommt, dass sich die westlichen Wirtschaftssanktionen negativ vor allem auch auf die ärmere russische Bevölkerung auswirken werden oder schon auswirken, indem die Grundversorgung mit Gesundheitsgütern und Lebensmitteln nicht mehr sichergestellt werden kann.

In der „Grundlegung zur Metaphysik der Sitten“ schreibt Kant zwei Jahre nach der Friedensschrift noch deutlicher: „Handle so, dass du die Menschheit, sowohl in deiner Person, als in der Person eines jeden andern, jederzeit zugleich als Zweck, niemals bloß als Mittel brauchest.l Angewandt auf die Wirtschaftssanktionen gegen Russland bedeutet das – worauf auch die Philosophin Felicitas Holzer hinweist –,li dass das Wirtschaftsembargo zunächst vor allem die in Russland davon unmittelbar in ihrer sozialen Existenz schwer betroffenen Menschen als Mittel ansieht und damit deren Menschenwürde verletzt. Das aber trifft auch auf jene Menschen in Deutschland und den anderen EU-Staaten zu, die dadurch in ähnlicher Weise in eine sozial prekäre Lage geraten oder deren ohnehin schon prekäre Lage sich weiter verschärft. Auch sie werden als Mittel zum Zweck behandelt.

Wirtschaftskrieg als moralische Pflicht?“ – so fragt dezidiert der Hallenser Wirtschaftsethiker Ingo Pies und verneint dies.lii Pies geht dabei über die sozialen, armutsfördernde Wirkung dieses Krieges hierzulande hinaus und thematisiert die für die Weltwirtschaft bestehenden Gefahren, von denen ein bis zwei Milliarden Menschen des globalen Südens betroffen sind.

Nationalistische Schlüsse, wie: „Zuerst unser Land“ (AfD), befinden sich gerade nicht im Geiste von Kant. Denn mit ihm steht ein universelles „Zuerst Frieden!“ dagegen. Stimmen gegen die drastischen Wirtschaftssanktionen dürfen diese nicht nur im nationalen Kontext kritisieren, sondern müssen auch deren Auswirkungen in den Ländern der Europäischen Union, auf die russische Bevölkerung sowie die restliche Welt beachten. Die Kritik sollte zugleich die Friedensfrage, aber auch die Klimafrage in den Blick nehmen.liii

Dass das Wirtschaftsembargo selbst auch das Risiko zur weiteren Eskalation der militärischen Auseinandersetzung in sich birgt, zeigen jüngst die gegenseitigen feindlichen Anschuldigungen nach den Anschlägen auf die Ostseepipelines Nordstream 1 und Nordstream 2, ganz zu schweigen von den dadurch möglicherweise entstandenen und noch gar nicht absehbaren ökologischen Schäden; auf die Krimbrücke, die daraufhin erfolgenden Raketenangriffe Russlands gegen die Infrastruktur und zivile Bevölkerung der Ukraine; die Aufkündigung des Abkommens zur Ausfuhr von Getreide; sowie die immer stärker werdenden gegenseitigen Drohungen mit dem Einsatz von Atomwaffen. Ob es richtig ist, die Auseinandersetzung über die „schmutzige Bombe“ einseitig als „Phantomdebatte“ oder „dreckiges Spiel“ zu bezeichnen, und eine solche Gefahr damit möglicherweise zu unterschätzen, steht nicht fest.

Friedens­for­de­rungen als Unter­stüt­zung des russischen Angriffs­krie­ges?

Einer konsequenten friedensorientierten Sicht, die oftmals zugleich auch das verhängte Wirtschaftsembargo kritisch hinterfragt, wird nicht selten vorgeworfen, damit nur Putin zu unterstützen. Es werde der Wohlstandsverlust westlicher Menschen, bzw. deren verschlechterte soziale Lage beklagt. Die Menschen in der Ukraine und die vielen Opfer des Krieges würden damit geringschätzig betrachtet, ja sogar verhöhnt, indem die Ukraine aufgefordert werde, zu kapitulieren. Eine solche Sicht sei empathielos, egoistisch und damit verachtenswert.

Angesichts der aktuellen ukrainischen militärischen Erfolge sind – so der britische Historiker Adam Tooze – vermutlich weder Moskau noch Kiew derzeit an Verhandlungen interessiert. Deshalb sei es geradezu zynisch, jetzt zu fordern: Verhandelt mal, damit der Krieg endlich aufhört. In der internationalen Politik – so Tooze weiter – gelte nicht die Logik des Pazifismus oder des Humanismus. Im ukrainischen Diskurs und im russischen Diskurs gehe es nicht mehr darum, dass kein Blut vergossen werden darf. Im Gegenteil, es greife jetzt eine Opferlogik: Das Größte ist es, sich zu opfern, für diese Sache. Das Problem sei, dass dadurch eine Hypothek entsteht: Denn die Sache müsse siegreich zu Ende getragen werden, sonst ist das Opfer sinnlos.liv

Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner der oben erwähnten Verhandlungs- und Friedens-Aufrufe halten dagegen:

Die Theologin Margot Käßmann bekennt sich im Gespräch mit Jakob Augstein weiterhin konsequent zum Pazifismus.lv Das außenpolitische Ziel der Bundesrepublik dürfe nicht ein Sieg der Ukraine sein, sondern das Sterben zu beenden. Die Neuausgabe des von ihr gemeinsam mit Konstantin Wecker herausgegebenen Buches „‘Entrüstet Euch!‘ Von der bleibenden Kraft des Pazifismus“ zeigt, dass in einer Zeit, in der Pazifismus belächelt und verspottet wird, die Menschen verschiedenster Herkunft und Motivation sich wieder zusammentun. „Frieden ist keine Illusion, Frieden ist machbar. Wir können uns ent-rüsten!lvi

Der Rechtsphilosoph, Straf- und Völkerstrafrechtler Reinhard Merkel verwahrt sich gegen den Vorwurf, der Kapitulation der Ukraine das Wort geredet zu haben. Der Aufruf zu Waffenstillstandsverhandlungen entspreche nicht einem Aufruf zur Kapitulation, sondern der Aufforderung zu beidseitigen Kompromissen. Ferner macht Merkel die Schutzpflichten deutlich, die jeder Staat gegenüber seinen Bürgern hat. Das betreffe auch die Entscheidung einer Regierung zur kollektiven Selbstverteidigung für 40 Millionen Staatsbürger.

„Zu diesen gehören viele Millionen, die nicht einwilligungsfähig sind, die Kinder etwa, und deren Zustimmung zur Fortsetzung des Krieges und vielleicht zum Verlust ihres Lebens man daher nicht einfach fingieren darf. Und zu diesen fundamentalen Schutzpflichten gehört neben der Pflicht, die Souveränität des Landes nicht einfach einem Aggressor auszuliefern, auch die für Leib und Leben seiner Bewohner. Es ist offensichtlich, dass diese beiden Schutzpflichten hier in Kollision miteinander geraten. Und das bezeichnet ein gravierendes Dilemma. Es einfach und ohne weitere Erwägung zugunsten einer schlechterdings unbegrenzten militärischen Option aufzulösen, wie es die Bellizisten hierzulande tun, wird im zunehmend verheerenden Gang der Dinge in der Ukraine irgendwann unzulässig.“lvii

Die Schriftstellerin und ehrenamtliche Richterin am Verfassungsgericht des Landes Brandenburg Juli Zeh spricht sich auch weiterhin nachdrücklich für Waffenstillstandsverhandlungen aus. Sie glaube nicht daran, dass Russland an einem bestimmten Punkt sagen wird: „Jetzt haben wir es eingesehen, wir ziehen uns zurück.“ Daraus resultiere ihre Haltung gegen Waffenlieferungen. Sie sei nicht aus einem absoluten Pazifismus heraus gegen Waffenlieferungen, sondern das sei eine Abwägungsfrage. „Was will man, wie realistisch ist es, das zu bekommen und welche Risiken ist man bereit, dafür einzugehen.lviii

Zeh glaubt, dass Verhandlungen mit Putin möglich sind. „Würden alle westlichen Länder Putin und Selenskyj an den Verhandlungstisch laden, habe ich durchaus die Hoffnung, dass das funktionieren würde. Und sollte es nicht klappen – wie viel wäre verloren?lix Juli Zeh hält es für unwahrscheinlich, dass es einen klaren Sieger und einen klaren Verlierer in diesem Konflikt geben wird. Ferner spricht sie sich gegen jene Wirtschaftssanktionen aus, die den Krieg nicht beenden und die Welt nicht besser machten. Sie habe das unbehagliche Gefühl, „dass wir unter Umständen mehr Verwerfungen anrichten, die das Ergebnis, das wir anstreben, nicht lohnen.lx Im Rückblick müsse möglicherweise gesagt werden, dass die Sanktionen überhaupt nichts brachten, sondern den Falschen wehgetan haben.

Deutlich wird, dass den Genannten das Leid, das der Krieg Russlands über die Menschen in der Ukraine bringt, nicht egal ist. Es gibt hier keine Kausalität zwischen Friedensforderungen und Missachtung der menschlichen Kriegsfolgen in der Ukraine.

Die erhobenen Vorwürfe, gar Einschätzungen von Zynismus und Opferlogik, sind besonders deshalb zurückzuweisen, weil jedenfalls im Geiste mit Kants Friedensvision die Politik ermahnt wird, alles zu tun, damit es baldmöglichst zu einem Friedensschluss kommt. Damit das unermessliche Leid in der Ukraine gerade nicht immer noch weiter verlängert wird. Mit Kants Friedensschrift sind die sich immer noch weiter ausdehnenden Lieferungen schwerer Waffen sowie die gravierenden Wirtschaftssanktionen gegen Russland gerade keine adäquaten Mittel zur Beendigung des Krieges. Wenn – wie vielfach angenommen – die für den Krieg Russlands gegen die Ukraine politisch und militärisch Verantwortlichen unter den gegebenen Umständen kein Interesse an Waffenstillstands- und Friedensverhandlungen haben, und wenn, was sich andeutet, die Ukraine weitere militärische Erfolge gegen Russland erlangt, wann jemals sollte der Krieg dann sein Ende finden? Wenn die Ukraine den Aggressor aus dem überfallenden Land restlos vertrieben hat? Und würde Putin es so ohne weiteres hinnehmen, dass die russische Armee sich zurückziehen muss? Wissen wir wirklich, wie er mit dem Rücken zur Wand stehend reagieren würde? Besonders dann, wenn die Kriegsparteien zu siegen oder zu verlieren glauben, erhöht sich die Gefahr von Atomschlägen. Der Politikwissenschaftler Nikita Gerasimov geht davon aus, dass die Charkiw-Offensive der Ukraine kein baldiges, geschweige denn ein leichtes Kriegsende verspricht, sondern womöglich noch blutigere Etappen mit ungewissem Ausgang. Die ukrainische Führung wolle im Glauben an militärische Überlegenheit Donezk, Luhansk und die Krim zurückerobern. In Videos sei zu hören, wie ukrainische Soldaten „Wir treiben sie jetzt bis nach Moskau“ rufen. Russland scheine plötzlich bereit zu sein für Militärschläge und eine Mobilmachung, die zuvor undenkbar schienen. Von Verhandlungen spreche niemand.lxi Das hat sich seit der Äußerung Gerasimovs jedenfalls verbal etwas geändert. Seit kurzem sprechen sowohl Selenskiy wie auch Putin verbal von Verhandlungen, aber jeder nennt Bedingungen, die wohl von keiner der beiden Seiten akzeptiert werden würde.

Wenn im Hinblick auf die Unterzeichner von Friedensaufrufen und Appellen davon die Rede ist, dass diese der Diffamierung ausgesetzt und gar des Zynismus bezichtigt werden, so ist das ganz besonders absurd, wenn man sich eine Äußerung von Annalena Baerbock in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 15.9.2022 vor Augen führt: „Unsere Waffenlieferungen helfen offensichtlich sehr deutlich, Menschenleben zu retten“ heißt es da. Dagegen protestierten die Medien und die herrschende Meinung nicht. Von Zynismus ist hier keine Rede. Nimmt man noch die öffentliche und zustimmende Äußerung von Baerbock hinzu, dass die EU-Wirtschaftssanktionen „Russland ruinieren“, so dürften angesichts der historischen Tatsache des Überfalls Hitlerdeutschlands auf die Sowjetunion 1941 sowohl solche Sprache wie auch die damit verfolgten Zielstellungen aus dem Munde einer deutschen Außenministerin sich verbieten.lxii

Stattdessen könnte Annalena Baerbock sich einsetzen für die Reaktivierung von politisch zunichte gemachten Kontakten in die russische Zivilgesellschaft, gegen eine sich zeigende Russophobie, aber auch für die konsequente Aufnahme sowohl von jenen Russen in Deutschland, die sich nicht der Teilmobilmachung aussetzen wollen, als auch von russischen Deserteuren. Der frühere Richter am Bundesgerichtshof Thomas Fischer stellt in Bezug auf die derzeitige Behandlung von russischen Menschen in Deutschland fest: „Was immer an rassistischen Stereotypen und Verdammungen in den letzten 75 Jahren unter der Decke geblieben ist, ist wieder da und salonfähig.lxiii

Friedensverhandlungen?

Eine Politik der Waffen und Sanktionen hat im Hinblick auf eine Friedenslösung keine hoffnungsvollen Antworten parat, jedenfalls nicht für eine rasch anzustrebende Friedenslösung. Der Logik des Krieges, der sich auch die herrschende deutsche Politik verschrieben hat, muss mit Friedensvernunft begegnet werden. Derzeit ist nicht zu sehen, dass ernsthafte politische und diplomatische Bemühungen des Westens, auch nicht von Seiten Deutschlands unternommen werden, damit der Krieg in einen „Verhandlungsfrieden“ bzw. „Kompromissfrieden“ endet. Die Kriegslogik will einen „Siegfrieden“. Wann dieser erreicht sein wird, ist unabsehbar. Das Leid gerade der Menschen in der Ukraine wird dadurch immer größer. Jakob Augstein kritisiert nachdrücklich, dass die Bundesrepublik den absoluten Primat des militärischen Denkens übernommen hat. Auch und gerade deshalb würden sich Politiker wie Publizisten dagegen aussprechen, den Krieg mit Russland so schnell wie möglich zu beenden.lxiv

Die Giessener Friedensforscherin Hanne-M. Birckenbach hat die bisherigen diplomatischen Friedensbemühungen, insbesondere der Vereinten Nationen, zusammengefasst. Sie plädiert dafür, dass diese Bemühungen stärker kommuniziert werden müssen. Die Generalversammlung habe einen sofortigen Waffenstillstand sowie eine sofortige Beilegung des Konflikts gefordert und die Mittel dafür benannt: durch politischen Dialog, Verhandlungen und andere friedliche Mittel. Zwangsmittel wie Sanktionen oder auch Waffenlieferungen gehören laut UN-Charta nicht zu den friedlichen Mitteln.lxv

Zugleich plädiert Birckenbach dafür, das Kriegsende vom Frieden her zu denken. Notwendig sei eine humane Erzählung, die das „in allen Lagern verständliche Ziel ausmalt, Menschenleben zu schonen. Zum anderen sind jetzt materielle Investitionen in das breite Repertoire der friedlichen Streitbeilegung, nicht zuletzt in ziviles Peacekeeping, kommunale Konfliktberatung, mediative Dialoge und Friedensbildung unabdingbar.lxvi

Der Politikwissenschaftler Christian Hacke sieht hingegen derzeit einen Zusammenbruch der Diplomatie. Um die Friedensdiplomatie wieder zu beleben, müsse man auch mit dem „Teufel Tango tanzen“. Ansonsten würde alles weiter den Bach runtergehen und die Ukraine werde weiter zerstört.lxvii UN-Generalsekretär António Guterres hat am 19. September 2022 erklärt, dass Russland und die Ukraine weit davon entfernt seien, ein Friedensabkommen abzuschließen. Beide Seiten würden weiterhin an ihren Zielen festhalten. Die Friedensforscher Herbert Wulf und Tobias Debiel mahnen, dass sich Politik und Diplomatie auf unmittelbare Verhandlungen vorbereiten müssten, auch wenn die Zeit dafür noch nicht reif sei. Auch sie erwarten ansonsten einen lang andauernden, verlustreichen Zermürbungskrieg mit einer unmittelbaren atomaren Gefahr.lxviii

Diese Gefahr ist nun realer geworden. Wenn im Ergebnis der verfassungswidrigen Referenden in den „Volksrepubliken“ im Donbass sowie in den Gebieten Cherson und Saporoschje, die durchaus ihre Vorgeschichte haben,lxix diese dann aus russischer Sicht zu russischem Territorium gehören, ist jeder Angriff auf diese Regionen wiederum aus russischer Sicht zugleich ein Angriff gegen Russland. In seiner Rede zur kürzlich ausgerufenen Teilmobilisierung führt Putin aus, dass im Falle, die Integrität Russlands werde bedroht, nicht gezögert werden würde, zur Verteidigung Russlands und des russischen Volkes alle Mittel einzusetzen, die Russland zur Verfügung stehen. Diejenigen, so Putin, „die Russland mit Atomwaffen zu erpressen suchen, müssten wissen, dass sich der Wind auch einmal in ihre Richtung drehen kann.lxx

Muss dann aber nicht von Seiten der UN und der Nato alles notwendige Diplomatische unternommen werden, um einen Frieden durch Kompromisse zu erreichen? Der mexikanische Präsident Obrador hat jüngst eine Initiative für einen Waffenstillstand und darauffolgenden Friedensschluss zwischen der Ukraine und Russland vorgestellt. Vorgeschlagen wird ein Komitee für Dialog und Frieden. Als Vermittler sollen die Staatsoberhäupter Indiens und des Vatikans sowie der Generalsekretär der Vereinen Nationen agieren. Diese Friedensmission solle unverzüglich eine Einstellung der Feindseligkeiten in der Ukraine und die Aufnahme direkter Gespräche mit Selenskyi und Putin anstreben. Es sollte ein multinationales Abkommen erzielt werden, um einen Waffenstillstand von mindestens fünf Jahren zu vereinbaren, einstimmig angenommen im UN-Sicherheitsrat, welches auch die sofortige Aussetzung militärischer Aktionen und Provokationen sowie von Atom- und Raketentests beinhaltet.lxxi

Der frühere Direktor des Max-Planck-Instituts für Gesellschaftsforschung, Wolfgang Streeck, betont wie andere auch, dass es keine europäische Friedensordnung ohne Russland gibt, und als transatlantische Dependance eines amerikanisch geführten „Westens“ gebe es ebenso keine europäische Souveränität.lxxii

In der bereits erwähnten Erklärung der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen wird dazu aufgerufen, dass die Regierungen Europas und die gesamte internationale Gemeinschaft viel mehr in die Suche nach und die Förderung von Frieden sowie in die Stärkung gewaltfreier Konfliktlösungen, ziviler Konfliktbearbeitung und Versöhnungsprozesse investieren, anstatt Konfrontation und Spaltung zu verschärfen. Der Ökumenische Rat der Kirchen wird aufgerufen, gemeinsam mit seinen Mitgliedskirchen den Ansatz der Klarheit und des Dialogs fortzusetzen. Ermutigt wird zu Runden Tischen und anderen Formaten, die dazu beitragen können, Lösungen für den Konflikt und seine Auswirkungen zu finden. Der katholische Theologe und Sozialethiker Franz Segbers führt Beispiele aus der Geschichte gewaltfrei-aktiven Widerstandes an, die als Alternativen zu Waffen und Waffenlieferungen erfolgreich waren. Die Haltung von „Frieden schaffen ohne Waffen!“ ist nicht naiv, sondern die Vernunft gewaltlosen Widerstandes – so Franz Segbers.lxxiii

Diese vielfältigen Stimmen der Vernunft – die Initiativen von Obrador, dem Vatikan, der damaligen italienischen Regierung unter Draghi, der Friedensforschung, der Friedens- und Bürgerrechtsbewegung, der Kirchen und aus demokratischen und humanistischen Parteikreisen – sie alle müssen lauter werden. Sie eint das Ziel, die Politik zur Einsicht bringen zu wollen, dass es Frieden nur durch einen „Verhandlungsfrieden“ geben kann. Selbst wenn ein „Siegfrieden“ über Russland durch die Ukraine erreicht werden könnte, was angesichts der Entwicklungen, die der Krieg genommen hat, nicht auszuschließen ist, muss gefragt werden, ob der Preis dafür – den Krieg auf unabsehbare Zeit zu verlängern, viele weitere Tote und die weitere Zerstörung der Ukraine dafür in Kauf zu nehmen – gerechtfertigt ist.

Würde sich eine einflussreiche diplomatische Politik des Westens, die die ukrainische Führung von einem „Verhandlungsfrieden“ bzw. „Kompromissfrieden“ überzeugt, nicht als der „wahrhafte Sieger“ über Russland erweisen? Mag es auch angesichts der realen Situation paradox klingen, aber es wäre ein Sieg mit Kant, ein Sieg der Friedensvernunft, ein Sieg der „moralischen Überlegenheit des Westens“, indem darauf verzichtet wird, alles zu tun, um einen militärischen Sieg zu erringen. Eine derart operierende Politik würde auch die sicherheitspolitischen Interessen Russlands ernst nehmen, und jene Fehler korrigieren, die nach der Auffassung von Obrador mit zu dem Krieg geführt haben, nämlich nicht alles zur Kriegsvermeidung getan, sondern Hegemonialinteressen in Richtung Krieg gelenkt zu haben.

Andere Stimmen (unter anderen wieder Adam Tooze) werden noch deutlicher und betonen, dass es das strategische Ziel der US-Administration sei, dass Russland auf Jahre in einen kostspieligen militärischen Konflikt verwickelt bleibe und dadurch geschwächt werde.lxxiv Viele Politiker des Westens, namentlich Biden und Truss kürzlich vor der UN-Generalversammlung in New York, sehen hier einen Machtkampf zwischen Demokratie und Autokratie, der zum Modell für künftige Konflikte mit anderen Staaten erklärt wird. Damit dürfte wohl die Volksrepublik China gemeint sein. Der Friedensforscher Hans-Georg Ehrhart bezeichnet es als irreführend zu behaupten, es liege bei der Ukraine zu entscheiden, wann der Krieg beendet wird. Dies unterstelle eine politische Autonomie, die nicht existiere. Schon vor dem Krieg habe die Ukraine am westlichen Finanztopf gehangen – und ich (J.A.) füge hinzu, auch bei der durch den Westen seit 2014 erfolgten massiven militärischen Aufrüstung des Landes – und sie wäre momentan ohne die massive Hilfe des Westens wehrlos. Demzufolge habe der Westen – allen voran die USA – eine gewichtige Stimme. Die USA könnten die Logik des Krieges durchbrechen, um mit der Ukraine und Russland zu einem Verhandlungsfrieden zu finden.lxxv

Es käme in erster Linie wohl auch den USA zu, auszuloten, welche Möglichkeiten sich aus Putins jüngst verbal geäußerter Verhandlungsbereitschaft ergeben, nachdem die Referenden in den Gebieten Donezk, Luhansk, Saporischschja und Cherson aus seiner Sicht erfolgreich waren. Man mag Verhandlungen vor diesem Hintergrund als ausgeschlossen, ja geradezu als paradox ansehen, weil diese Bemächtigung dadurch noch belohnt werden würde, zumal Putin in seiner Rede den Westen als „Block des Bösen“ ansieht.lxxvi Die Führung in Kiew ist allerdings ohnehin der Ansicht, dass ein Waffenstillstand Russland lediglich Zeit geben würde, sich für einen erneuten Angriff zu formieren.lxxvii Nichtsdestotrotz sollte jeder noch so kleinen Chance für einen Waffenstillstand nachgegangen und Versuche in diese Richtung unternommen werden. Doch indem all das unterbleibt, ist an eine „moralische Überlegenheit des Westens“ aus sich heraus somit also nicht wirklich zu denken. Darauf kann nur eine geeinte gesellschaftliche Friedenskraft, nur eine geeinte Friedensbewegung die Politik zu beeinflussen suchen.

Hochrüstung und weitere Milita­ri­sie­rung der Gesell­schaft

Aber auch der gegenwärtig stattfindende Sprung in die weitere Hochrüstung ist mit Kant nicht zu rechtfertigen. In Präliminartikel 3 der Friedensschrift heißt es: „Stehende Heere (miles perpetuus) sollen mit der Zeit ganz aufhören.lxxviii Kant begründet das mit der Bedrohung anderer Staaten mit Krieg, wenn die Bereitschaft besteht, „immer dazu gerüstet zu erscheinen“.lxxix Zum Tod oder „getötet zu werden in Sold zu sein“,lxxx bedeutet nach Kant den Gebrauch von Menschen als bloße „Maschinen und Werkzeuge in der Hand eines anderen (des Staats)“ zu sein.lxxxi An anderer Stelle sieht Kant in ökonomischer Hinsicht eine „gefährliche Geldmacht“, von Kant ins Ironische gewendet, einen „Schatz zum Kriegführen, der die Schätze aller anderen Staaten zusammengenommen übertrifft“.lxxxii Dieser „Schatz“ ist nicht mehr jener, den Kant für einen friedlichen wirtschaftlichen Handel als Hinderungsgrund für Kriege angesehen hatte. Jetzt ist es der „Schatz“ für die Rüstungsindustrie, der kein taugliches Mittel zur Verhinderung von Kriegen mehr ist.

Zwar bekräftigt Kant erneut, dass der Staat gegen Angriffe von außen zu sichern berechtigt ist, spricht sich aber gegen die Anhäufung der „Geldmacht“ als zuverlässigstes Kriegswerkzeug aus. Wieder ins Heute gewendet ist das das ganze Gegenteil zu dem 100 Milliarden-Sondervermögen für die Bundeswehr; ein „Schatz“, für den ohne demokratische und breite Diskussion sogar das Grundgesetz geändert wurde. Es ist eine einfache Rechnung, dass diese Mittel anderweitig und zwar friedens- und demokratiefördernd eingesetzt werden könnten, sei es zum Ausbau des Sozialstaates, zum Klimaschutz, zur Verwendung in kulturellen und öffentlichen Bereichen.

Die auf Jahrzehnte geplante Hochrüstung beendet das Sterben in der Ukraine nicht, macht unsere Welt nicht friedlicher und nicht sicherer. Wir können uns die Hochrüstung im Namen der Zukunft nicht leisten – so steht es ganz im Geist von Immanuel Kants Friedensschrift in einem Appell von Prominenten, Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, sowie Politikern und Politikerinnen, der im März 2022 die sprunghafte Militarisierung unserer Gesellschaft anprangerte. Auch der Ökumenische Rat der Kirchen vertritt in seiner Erklärung diese Position. Eine Erhöhung der staatlichen Ausgaben für die Verteidigung bedeute zwangsläufig, dass weniger Geld für die Bekämpfung der Armut, den sozialen Schutz, die Gesundheit, die Bildung, den Klimaschutz und die nachhaltige Entwicklung zur Verfügung steht. Unweigerlich würden die Ärmsten am meisten betroffen sein.

Am 29.9.2022 wurde bekannt, dass die Bundesregierung Rüstungsexporte für die im Jemen kriegführenden Länder Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate und Ägypten genehmigt hat. Saudi-Arabien erhält Zulieferungen für Ausrüstung und Bewaffnung sowie Munition für seine Eurofighter und Tornados. Und das, so der Friedensaktivist Jürgen Grässlin, obwohl mit genau diesen Kampfflugzeugen seit Jahren nachweislich auch zivile Ziele im Jemen aus der Luft bombardiert werden. Hier geht es nicht um militärische Hilfe für die kriegsführenden Parteien als Abwehr gegen Angriffskriege, sondern hier stehen wirtschaftliche Interessen über Menschenrechten und Frieden, beklagt Grässlin.lxxxiii Auch dies ist ein Beispiel dafür, dass es bei dem Sprung in die weitere Hochrüstung und Militarisierung nicht wirklich um die Verteidigung Deutschlands oder die Abwendung von Bedrohungen geht.

Fazit und Ausblick

Man mag nun einwenden oder gar fordern, dass angesichts dieses ernüchternden Befunds sich von der Friedensvision Kants endgültig verabschiedet werden sollte. Man möge sich der Realität stellen, so könnte es heißen, sich eingestehen, dass der Gedanke an eine friedliebende Welt ein schöner, aber nicht zu verwirklichender Traum ist. Stattdessen sei es sinnvoller, der empirischen Politik zu folgen, die zu Recht auch eine moralisierende Politik sei, eine Politik, für die der Zweck das Mittel heiligt, nicht aber der kategorische Friedens-Imperativ Kants praktisch leitend ist.

Aber soll man wirklich eine drohende Selbstvernichtung der Menschheit durch Kriege und Klimakatastrophe einfach hinnehmen? Oder beschwört diese Fragestellung eine Gefahr herauf, die nicht real ist, eine Erzählung dystopischen Ausmaßes? Der amerikanische Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Sachs, der Berater des damaligen russischen Präsidenten Jelzin war, sieht die Welt heute am Rande einer nuklearen Katastrophe.lxxxiv Die ist durch Putins Rede anlässlich der Bemächtigung der vier Gebiete der Ukraine nicht unwahrscheinlicher geworden.lxxxv

All das zeigt, wie weit die Realität von Kants Friedensidee entfernt ist. Mehr noch: Diese Wirklichkeit fällt hinter Hermann Klenners eingangs genannter Forderung „Kein Zurück zu Kant!“ weit zurück. Schon 1959 hat der Philosoph Günther Anders in seinen „Thesen zum Atomzeitalter“ festgestellt, dass sich der Frage „Wie sollen wir leben?“ eine grundsätzlichere Frage untergeschoben hat: „Werden wir leben?lxxxvi

Anlässlich der vor kurzem erfolgten Verleihung des Max-Frisch-Preises an den Schweizer Autor Jonas Lüscher hat dieser vor dem Hintergrund der aktuellen Menschheits- und Weltgefährdungen von der Pflicht zur Hoffnung gesprochen. Nach dem Philosophen Ottfried Höffe ist die Hoffnung bei Kant, dass ich hoffen darf, wenn ich tue, was ich soll. Die Hoffnung mit Max Frisch wiederum – so Jonas Lüscher – ist die Pflicht zum Widerstand. Diese Hoffnung speist sich nach Lüscher aus den jüngeren Generationen, aus ihrer Wut und ihrem friedlichen Widerstandsgeist.lxxxvii Gewaltloser Widerstand ist damit auch die Hoffnung auf Frieden, darauf, dass die Pflicht zur Hoffnung auf den ewigen Frieden keine leere Idee ist. Erinnert sei hier auch an den Ausspruch von Albert Einstein: „Unsere Waffen seien Waffen des Geistes, nicht Panzer und Geschosse.lxxxviii

Kant selbst spricht vielfach davon, dass es dem Menschen gelingen könne, sich an seine Ideale anzunähern, auch wenn das Erreichen derselben in schier unerreichbarer Ferne liege. Mit Kant ergibt sich die Hoffnung auf die Erhaltung der Welt durch die Annahme einer allgemeinen Menschennatur, die ein moralisches und friedliches Handeln erst ermöglicht. Da die Natur alle Völker durch die Kugelgestalt der Erde in bestimmte Grenzen gesetzt hat – so Kant in der „Rechtslehre der Metaphysik der Sitten“ –, gehören alle Völker immer als Teil zu diesem einen Ganzen. Aus dieser von der Natur vorgegebenen räumlichen Gemeinschaft erwächst nach Kant notwendiger Weise auch eine rechtliche Gemeinschaft, in der die Völker in Wechselwirkung miteinander stehen. Was liegt aus diesen unbestreitbaren Tatsachen mit Kant näher, als die „Vernunft­idee einer friedlichen, wenngleich noch nicht freundschaftlichen, durchgängigen Gemeinschaft aller Völker auf Erden“.lxxxix Und um den möglichen Einwand gegen alle hier aufgeführten theoretischen Gedanken für ein friedliches Zusammenleben auf Erden zu begegnen sei abschließend mit Kant daran festgehalten: „Was aus Vernunftgründen für die Theorie gilt, das gilt auch für die Praxis.xc

Prof. Dr. Jörg Arnold Max-Planck-Institut zur Erforschung von Kriminalität, Sicherheit und Recht, Freiburg im Breisgau, hat in der Vergangenheit mehrfach zu Fragen des Zusammenhangs von Frieden und Recht publiziert; unter anderem hat er 2004 gemeinsam mit Prof. Dr. Kai Ambos das Buch „Der Irak-Krieg und das Völkerrecht“ herausgegeben, sowie gemeinsam mit Prof. Dr. Albin Eser über „Vergangenheitspolitik und Transitionsstrafrecht“ geforscht. Dabei wurden auch die Möglichkeiten von Friedensschlüssen durch Recht untersucht. Bei dem vorstehenden Beitrag handelt es sich allein um die persönliche Auffassung des Autors.

Anmerkungen:

iTagungsbericht bei Arnold/Shestakov, Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform 2019; 102 (2), 154-162.

iiKlenner, Sitzungsberichte der Leibniz-Sozietät, 69 (2004), 43-54 (46).

iiiPrantl, in: Ambos/Arnold (Hrsg.), Der Irak-Krieg und das Völkerrecht, 2004, S. 55-56.

ivKlenner, a.a.O. (Anm. 2), 54.

vKant, Der Streit der Fakultäten, in: Kant, Werke Bd. 9, hrsg. v. Weischedel, 1968, S. 362.

viBrandt, in: Merkel/Wittmann (Hg.), „Zum ewigen Frieden“. Grundlagen, Aktualität und Aussichten einer Idee von Immanuel Kant, S. 31-66 (33); vgl. zum Buch von Merkel/Wittmann (Hg.) die Rezension von Arnold, Goltdammer‘s Archiv für Strafrecht 1998, S. 46-49.

viiKant, Die Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, Werkausgabe Bd. VIII, hrsg. v. Weischedel, 18. Aufl., 2017, S. 474.

viiiEbenda, S. 337.

ixKant, Zum ewigen Frieden, in: Kant, Werke Bd. 9, hrsg. v. Weischedel, 1968. Alle Zitate aus der Friedensschrift sind dieser Quelle entnommen.

xKant, Zum ewigen Frieden, S. 199.

xiKant, Zum ewigen Frieden, S. 204.

xiiKant, Zum ewigen Frieden, S. 208.

xiiiKant, Idee zu einer allgemeinen Geschichte in weltbürgerlicher Absicht, in: Kant, Werke Bd. 9, hrsg. v. Weischedel, 1968, S. 42.

xivDazu Simon/Brock, Krieg zum Schutz der Menschenrechte: Niemals! Oder doch? vorgänge, 218: https://www.humanistische-union.de/publikationen/vorgaenge/218/publikation/krieg-zum-schutz-der-menschenrechte-niemals-oder-doch-1/ (zuletzt aufgerufen: 30.9.2022).

xvVgl. Paech, Krieg gegen die Ukraine – Renaissance des Völkerrechts? Abrufbar bei: http://www.norman-paech.de/ (zuletzt aufgerufen: 30.9.2022).

xviEbenda.

xixPaech, a.a.O. (Anm. 15).

xxviiiEser, in: Eser/Arnold, Transitionsstrafrecht und Vergangenheitspolitik, Teilbd. 14, 2012, S. 467 ff.

xxixEser, in: Lange (Hrsg.), Menschenrechte und ihre Grundlagen im 21. Jahrhundert – auf dem Wege zu Kants Weltbürgerrecht, 2010, S. 117-124 (115 f.).

xxxiKant, Zum ewigen Frieden, S. 200.

xxxiiManske, Verbrechen gegen die Menschlichkeit als Verbrechen an der Menschheit. Zu einem zentralen Begriff der internationalen Strafgerichtsbarkeit, 2003.

xxxiiiKant, Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, a.a.O. (Anm. 7), S. 469.

xxxivEbenda, S. 478.

xxxvKant, Zum ewigen Frieden, S. 211.

xxxviEbenda.

xlVgl. Thieme, Zeitschrift maldekstra 15, Juni 2022, 11-12.

xliVgl. dazu Wirtschaft im Krieg, Zeitschrift maldekstra 16, September 2022.

xliiKant, Zum ewigen Frieden, S. 226.

xliiiEbenda.

xlivKant, Zum ewigen Frieden, S. 233.

xlvEbenda.

xlviKant, Zum ewigen Frieden, S. 239.

xlviiKant, Zum ewigen Frieden, S. 243.

xlviiiKant, Zum ewigen Frieden, S. 245.

xlixEbenda.

lKant, Grundlegung der Metaphysik der Sitten, in: Kant, Kritik der praktischen Vernunft. Grundlegung der Metaphysik der Sitten, hrsg. v. Weischedel, 2. Aufl., 1996, S. 61.

liiiVgl. dazu Wirtschaft im Krieg, Zeitschrift maldekstra, 16. September 2022.

livder Freitag Nr. 37 v. 15.9.2022, S. 3.

lvder Freitag Nr. 38 v. 22.9.2022, S. 7.

lixEbenda.

lxEbenda.

lxider Freitag Nr. 37 v. 15.9.2022, S. 9.

lxiiSiehe dazu auch Große, Mobilisierte Ungediente, der Freitag Nr. 28 v. 14.7.2022, S. 14.

lxivder Freitag, Nr. 29 v. 21.7.2022, S. 1.

lxviEbenda.

lxviiider Freitag Nr. 35 v. 1.9.2022, S. 18.

lxixMeißner, der Freitag Nr. 39 v. 29.9.2022, S. 7.

lxxiiiSegbers, Diskussionspapier der Bundesarbeitsgemeinschaft Linke ChristInnen zum Krieg in der Ukraine v. 17.3.2022, https://christinnen.die-linke-bayern.de/aktuelles/ (zuletzt aufgerufen: 1.10. 2022).

lxxivder Freitag Nr. 37 v. 15.9.2022, S. 3.

lxxvder Freitag Nr. 32 v. 11.8.2022, S. 9.

lxxviiiKant, Zum ewigen Frieden, S. 197.

lxxixEbenda.

lxxxEbenda.

lxxxiEbenda, S. 198.

lxxxiiEbenda, S. 198 f.

lxxxviAnders, „Thesen zum Atomzeitalter“, S. 6, Beilage zum Philosophie Magazin Nr. 6/2022.

lxxxviider Freitag Nr. 28 v. 14.7.2022, S. 19.

lxxxviiiEinstein/Freud, Warum Krieg? Ein Briefwechsel, 1996, S. 12 f.

lxxxixKant, Metaphysik der Sitten, Rechtslehre, a.a.O. (Anm. 7), S. 475.

xcKant, Über den Gemeinspruch, in: Kant, Werke Bd. 9, hrsg. v. Weischedel, 1968, S. 172.

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