Gutachten IV: Polizeiliche Kennzeichnungspflicht in Hessen
aus: vorgänge Nr. 203 (3-2013), S. 110
Unmittelbar vor dem Ende der Legislaturperiode beriet der hessische Landtag über eine Gesetzentwurf von Bündnis 90/Die Grünen zur Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizisten (Drs. 18/7522). Für die Humanistische Union gab Anja Heinrich eine Stelllungnahme zum Entwurf ab. Darin wird die Einführung einer individuellen Kennzeichnung der Beamt_innen begrüßt, denn sie fördere Bürgernähe und Transparenz der Polizei, sei eine Mindestvoraussetzung für den effektiven Rechtsschutz gegen polizeiliche Maßnahmen, halte Polizist_innen noch stärker zu professionellem Verhalten an und wirke deeskalierend auf das Verhältnis zwischen Polizei und Bürger_innen.
Die Stellungnahme geht vor allem auf die verschiedenen Einwände ein, die immer wieder gegen eine gesetzliche Kennzeichnungspflicht vorgebracht werden. So sei vor dem Hintergrund der Berliner Erfahrungen mit der Kennzeichnungspflicht nicht erkennbar, dass diese zu verstärkten, individuell ausgerichteten Übergriffen auf Beamte führen (wie von den Gewerkschaften behauptet). Zudem sei überhaupt nicht nachvollziehbar, warum Polizist_innen gegenüber anderen Mitarbeiter_innen der Verwaltung, der Strafverfolgungsorgane und Gerichte privilegiert werden sollten, die ebenfalls namentlich bekannt sind. Die Kennzeichnungspflicht setze lediglich den Grundsatz der eigenverantwortlichen Amtsausübung konkret um, und der gelte für alle Beamt_innen.
Im mittlerweile unterzeichneten Koalitionsvertrag (S. 38) haben sich CDU und Bündnis 90/Die Grünen darauf verständigt, dass Polizeibeamte als auch Mitarbeiter privater Sicherheitsdienste durch Namens- oder Nummernschilder gekennzeichnet sein sollen. Ob dies gesetzlich geregelt oder nur per Erlass umgesetzt werden solle, blieb zunächst offen. Allerdings wollen die Koalitionäre sicherstellen, „dass geeignete Vorkehrungen getroffen werden, damit keine unbefugten Personen aus der Nummer auf den Namen der Beamtin oder des Beamten schließen können und dies nur dem Dienstherrn bzw. den Strafverfolgungsbehörden möglich ist.“ (ebd.). Zudem will sich die Landesregierung im Bundesrat dafür einsetzen, dass der strafrechtliche Schutz von Polizeibeamt_innen und anderen Einsatzkräften vor gewalttätigen Übergriffen verbessert werde (was wohl heißen soll: man strebt eine Verschärfung des ohnehin sehr weiten Straftatbestands an).
Die Stellungnahme der Humanistischen Union ist abrufbar unter http://www.humanistische– union.de/fileadmin/hu_upload/doku/2013/HU2013-10-28_AH_HSOG.pdf.