Brief Beweisverwertungsverbot
Im Frühjahr griff Till Müller-Heidelberg die bisherigen Aktivitäten der HU zum Thema Beweisverwertungsverbot erneut auf und formulierte den hier abgedruckten Brief an Bundesjustizminister Marco Buschmann.
Herrn Bundesminister der Justiz Marco Buschmann, Mohrenstr. 37, 10117 Berlin
Betr. Regelung eines strikten Beweisverwertungsverbotes in der Strafprozessordnung
Sehr geehrter Herr Buschmann,
gerade für die Liberalen stehen seit jeher der Schutz der Bürger vor Übergriffen der Staatsgewalt und der Schutz der Bürger- und Menschenrechte im Mittelpunkt justiz- und verfassungspolitischer Überlegungen. Dazu gehört die Festlegung klarer gesetzlicher Grenzen und Kontrollen bei Eingriffsbefugnissen für Polizei, Staatsanwaltschaft und Verfassungsschutz, also insbesondere in den Polizei- und Verfassungsschutzgesetzen und in der Strafprozessordnung. Auch das Bundesverfassungsgericht hat bereits häufig die Verfassungsmäßigkeit solcher Eingriffsbefugnisse davon abhängig gemacht, dass im Gesetz strikte Voraussetzungen, Grenzen und Kontrollen – idR durch Richter – festgelegt werden. Doch was nützt das alles, wenn die Sicherheitsbehörden oft genug diese Voraussetzungen oder Grenzen überschreiten und dann mit den so rechtswidrig gewonnenen Erkenntnissen die Beschuldigten im anschließenden Strafverfahren konfrontiert werden. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes ist dann abzuwägen zwischen dem Schutz des (ja lediglich) Beschuldigten (nicht Verurteilten) und der Schwere des Strafvorwurfes – eine Abwägung, die in der Praxis fast immer zu Lasten des Bürgers und zum Leerlauf der gesetzlichen Regelung ausfällt.
Die Humanistische Union, die älteste deutsche Bürgerrechtsorganisation, hat zu dieser Problematik ein Memorandum unter Einbeziehung der Rechtsvergleichung erarbeitet, welches in einen konkreten Gesetzesvorschlag mündet, in ein striktes Beweisverwertungsverbot als Gebot des Rechtsstaates. Wir fügen dieses in der Anlage bei. Es ist auch veröffentlicht worden in der Kriminalpolizeilichen Zeitschrift online der Hochschule der Polizei 5/2018. Der Gesetzesvorschlag lautet:
§ 244 a StPO Beweisverwertungsverbote
(1) Ist eine Beweiserhebung oder die Art ihrer Durchführung ohne Beachtung der gesetzlichen Voraussetzungen oder des gesetzlich zulässigen Umfangs erfolgt, so dürfen ihre Ergebnisse in keiner Weise für das Strafverfahren verwandt oder verwertet werden. Dies gilt auch für Ermittlungsergebnisse, die Straftaten betreffen, die nicht von einem gesetzlichen Straftatengkatalog erfasst werden, für den eine Ermittlungsmaßnahme zugelassen ist.
(2) Absatz 1 gilt auch dann, wenn der Beschuldigte oder Angeklagte der Verwertung zustimmt.
Wir wären dankbar, wenn Sie diesen Gedanken zur Stärkung unseres Rechtsstaates aufgreifen würden. Selbstverständlich stehen wir bzw. der Arbeitskreis, der dieses Memorandum erarbeitet hat, auch zu einem Gespräch oder zur Beratung zur Verfügung.
Mit freundlichen Grüßen
Till Müller-Heidelberg