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Bürger­rechte - eine Frage an »Die Grünen«

aus: vorgänge Nr. 62-63 (Heft 2-3/1983), S. 53-58

Ein Besuch im nächsten Kreisbüro der Partei »Die Grünen« sollte Material, Stellung-nahmen, Erklärungen oder Ausarbeitungen zu Einzelfragen erbringen. Fehlanzeige. Beim Stichwort »Bürgerrechte« wurde ich gefragt: Meinen Sie die letzte Bürgerversammlung? Oder die Demonstration von Großengstingen? Da haben wir Berichte, wie das abgelaufen ist. Ich erkläre mein Anliegen etwas genauer. Fehlanzeige. Beim Stichwort Demokratie scheint den »Grünen« in erster Linie ihr Rotationsproblem einzufallen, wobei man nicht genau weiß, was daran grundsätzlich anders sein soll, wenn ein Abgeordneter nicht alle vier Jahre gewählt (oder auch nicht), sondern nach zwei Jahren durch einen Nachrücker ersetzt wird. (Allenfalls ist daran undemokratisch, daß der Wähler über den Nachrücker, der ihn immerhin zwei Jahre im Parlament vertreten soll, nicht mitentscheiden oder abstimmen darf. — Im übrigen könnte man auch alle drei Monate einen neuen Vertreter ins Parlament schicken: auf diese Weise würde der Verselbständigung grüner Abgeordneter und ihrer Professionalisierung ein noch haltbarerer Riegel vorgeschoben.)

Ein Besuch in politischen Buchhandlungen, die sonst jede Broschüre, jedes Flugblatt der alternativen Szene bereit halten und Veröffentlichungen selbst der entlegensten Kleinverlage führen — (man kann die Funktion solcher sogenannter »linker« Buchhandlungen nicht hoch genug einschätzen angesichts der best-Sellerisierung normaler Buchmärkte) – bringt ebenfalls Fehlanzeige. Ein Versuch, in Zeitschriften, die für solche Fragestellungen offen sind, etwas zum Thema zu finden, bringt ebenfalls Fehlanzeige. Selbst »taz«, »Freibeuter«, »links« oder »Kursbuch« bleiben stumm. Das Thema »Grüne und Bürgerrechte« existiert bisher nicht, wird nicht diskutiert, ist selbst den »Grünen« zu wenig Gedanken wert.

1.
Vielleicht klingt »Bürgerrechte« zu sehr nach Bürgerlichem. Vielleicht ist die historische Dimension verloren gegangen, daß um Bürgerrechte jahrhundertelang gekämpft wurde. Das Grundgesetz war noch keine zwanzig Jahre alt, als es sich schon für ministerliche Witze eignete: man trägt das Grundgesetz nicht unter dem Arm mit sich herum. Immerhin kann man darüber streiten, ob das Grundgesetz die beste Formulierung der Bürgerrechte enthält. (Aber der Witz zielte in eine andere Richtung.)

2.
Was ist eigentlich »die Würde des Menschen«? Immerhin beginnt mit diesem Wort unser Grundgesetz (wenn man einmal von der Präambel mit ihrer ausdrücklich nur für eine Übergangszeit befristeten Formulierung absieht). Sie ist jedenfalls etwas »unantastbares«. Aber offensichtlich nicht a priori. Denn vorher gibt es die staatliche Gewalt mit ihrer Verpflichtung, diese Würde des Menschen zu achten und zu schützen. Wie man gleich hinzufügen kann: das Nähere regelt ein Gesetz… Aber schon im zweiten Absatz dieses ersten Artikels stört die Mehrdeutigkeit des kleinen Wortes »darum«. Bekennt sich das deutsche Volk »zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten« wegen der Verpflichtung aller staatlichen Gewalt oder wegen der Unantastbarkeit der Würde des Menschen? Jedenfalls ist bei uns die staatliche Gewalt sehr früh da, fast ein bißchen zu früh.

Denn auch bei den nachfolgenden Grundrechten gibt es ihrem Wortlaut nach nur zwei, die nicht ihre Einschränkungen überdeutlich mit sich schleppen: das eine ist die Gleichheit vor dem Gesetz, (die auch die Gleichberechtigung von Männern und Frauen sowie das Benachteiligungsverbot wegen des Geschlechts, der Abstammung, Rasse, Sprache, Heimat und Herkunft, des Glaubens und der religiösen und politischen Anschauungen meint). Und wie man weiß, gibt es kein Grundrecht, von dessen Verwirklichung wir so weit entfernt sind, wie von diesem Artikel 3. Und das andere, nicht weiter eingeschränkte Grundrecht ist das Petitionsrecht. Wie man weiß, ist es das wirkungsloseste. Alle anderen Grundrechte müssen die Einschränkung »das Nähere regelt ein Gesetz« wie einen bleischweren Rucksack als Marschgepäck mit sich führen.

3.
Was menschenwürdiges Leben ist, erreicht schon eher die Vorstellungskraft des Normalbürgers. Daß sehr vielen Menschen am menschenwürdigen Leben etwas fehlt, steht außer Frage. Und man hat den Eindruck, daß zur »freien Entfaltung der Persönlichkeit« zu viele Gesetze mit Einschränkungen, Behinderungen, Regelungen schlimmbessern, beschränken, etwas wegnehmen. Alle gesellschaftlichen Minderheiten können ganze Balladen davon singen, an Ausländer, Insassen psychiatrischer Einrichtungen, Häftlingen (aller Vollzugsarten, einschließlich der bis heute nicht gesetzlich geregelten U-Haft) garnicht zu denken. Und auch der Sozialstaat funktioniert trotz aller positiven und fürsorglichen Einrichtungen an seinen Rändern nicht so, daß er menschenwürdiges Leben garantiert: man bräuchte nur einmal die menschenunwürdigen Behausungen ö.ä. in der BRD zusammenzuzählen.

»Menschenrechte, diejenigen Rechte, welche dem Menschen in Gemeinschaft mit Andern eine freie, sich selbst bestimmende Persönlichkeit sichern, ohne welche Niemand seiner vernünftigsittlichen Bestimmung nachleben kann. Sie kommen ohne alle Voraussetzung (Vertrag, Gesetz etc.) dem Menschen lediglich als solche zu, sind in der menschlichen Natur begründet, mithin ewige und unveräußerlich.« Diese Definition eines Lexikonartikels von 1852 lehrt, daß man mit einem ziemlichen Reichtum bereits geboren wird. Im Laufe eines Lebens kommt einem auf unerklärliche Weise ziemlich viel von diesem Reichtum abhanden und beim Sterben ist von Menschenwürde oft nicht mehr viel geblieben: das menschenwürdige Sterben muß erst erkämpft werden, es findet zur Zeit sehr selten statt.

4.
Die Bürgerrechte sind nicht minder angeboren, aber sie haben schon mehr mit dem speziellen Staat zu tun, in dem man geboren wird. Sie haben deutlich den Staät zum Adressaten, der den Verkehr der Bürger untereinander regelt. Man könnte dabei zwischen geschriebenen, ungeschriebenen und notwendigen Bürgerrechten unterscheiden. Geschrieben ist zum Beispiel das Zeugnisverweigerungsrecht, wenn die Aussage zum eigenen Schaden oder zum Nachteil der nächsten Angehörigen beiträgt. Ungeschrieben ist das Recht, zu seiner Verteidigung zu lügen. Man könnte einen ganzen Katalog solcher ungeschriebener Rechte zusammenstellen — und erhielte einen erhellenden Beitrag zum Begriff der Moral. Auch das Verhältnis zum eigenen Körper gehört hierher: man denke nur an Fragen wie das Recht zum Freitod, die Zwangsmedikamentierung (in Krankenhäusern, vor allem der Psychiatrie) oder die Diskussion um die Parole »Mein Bauch gehört mir« im Zusammenhang mit der Abtreibungsfrage.

In den letzten Jahren sind zwei Komplexe vorallem deutlich geworden, bei denen es sich als notwendig erweist, Bürgerrechte zu definieren und neu zu verankern. Nicht daß diese Fragen neu wären — es handelt sich eigentlich um alte, aber ungeschriebene Bürgerrechte. Nur daß die technologische und politische Entwicklung ihre schriftliche Regelung notwendig macht, um sie besser zu schützen. Ich meine das, was unter dem Begriff des Datenschutzes zusammenzufassen wäre, und das Verhältnis zur Natur.

Der Datenschutz findet zögernd und bisher unzureichend Anwälte der Bürgerinteressen. Andererseits zeigte sich bei der Volkszählung eine spontane Abwehrbewegung, die weit über das hinausging, was sich in den eher hilflosen Boykottgruppen organisatorischen Zusammenhalt verschaffte. Das Ausmaß dieser Anti-Volkszählungsbewegung wurde — anders als bei der Friedensbewegung — kaum sichtbar, weil es zu sichtbaren politischen Zusammenschlüsssen und zusammenfassenden Kundgebungen nicht gekommen ist. Auch bestehende Bürgerrechtsorganisationen ließen sich nicht rechtzeitig wecken und haben meist verschlafen.

Dem Verhältnis zur Natur widmen sich inzwischen nicht nur Bürgerinitiativen sondern sogar (eine oder mehrere?) Parteien, die man alle zusammen als die »Grünen« bezeichnet. Ausgangsüberlegung ist, daß es nicht reicht, den Verkehr der Menschen untereinander im Sinne menschenwürdigen Lebens zu regeln, sondern daß menschliches Leben nur im Gleichgewicht zur Natur möglich ist. Die Fragestellung ist von bestechender Einfachheit, ihre Dringlichkeit durch die moderne Technologie bezwingend, ihr Zusammenhang mit Menschen- und Bürgerrechten von einleuchtender Logik. Aber läßt sich diese Frage von anderen Bürgerrechten isolieren? Kann man für dieses Bürgerrecht eines ökologischen Gleichgewichts als Lebensvoraussetzung eintreten, ohne zugleich über die anderen Voraussetzungen menschenwürdigen Lebens zu sprechen?

5.
Einen antistaatlichen Affekt hat es bei uns nie recht gegeben, selbst in Revolutionszeiten läßt sich das beobachten. Lenin hat mit Recht auf die Wirkung des Schildes »Rasen betreten verboten!« aufmerksam gemacht. Bei uns gibt es eher einen staatlichen Affekt, der sich im Ruf nach dem Staat für alles und nichts deutlich vernehmen läßt. Heinemanns geflügeltes Wort »Ich liebe meine Frau, nicht den Staat« zum Trotz gibt es bei uns eine erforderte und erbrachte obszöne Liebe zum Staat (nicht nur bei Beamten). In Frankreich wird man auf den Landstraßen durch Lichtzeichen vor Polizeistreifen gewarnt. Man findet sich wieder in einer Solidargemeinschaft gegen zuviel Staat. Auch auf den Transitstrecken durch die DDR kann man dies beobachten — entsprechend dem negativen Affekt gegen diesen Staat. Nicht jedoch in der BRD, wo man sich durch Warnungen vor dem Staat, wenn er in der mythologischen Verkleidung als »Bulle« erscheint, sogar strafbar machen kann.

Im Zusammenhang mit den Bürgerrechten hat dies affektive Verhältnis zum Staat durchaus seine Folgen: nicht die Bürgerrechte sind a priori, sondern der Staat. Das heißt: Bürgerrechte werden nur geduldet, — falls sie nicht übertrieben wahrgenommen werden. Es wird ja dem Staat mit seinen ordnungspolitischen Vorstellungen jedesmal etwas abgeknapst. In der Bevölkerung werden solche Auffassungen weitgehend geteilt. Die öffentliche Wahrnehmung von Bürgerrechten ist nicht beliebt, weil sie die öffentliche Ordnung stört.

Es würde weitaus mehr Aufsehen machen, wenn jemand seinen Einkaufsbummel durch die Kaufhäuser auf den Händen gehend absolvierte, als wenn jemand scheinbar ordentlich seine halbleeren Arzneigiftfläschchen in den nächsten ordentlichen Abfallkorb wirft. Auch das staatliche Einschreiten wäre im ersten Falle schneller und handgreiflicher — wegen der Störung der öffentlichen Ordnung, statt im anderen Falle wegen der Umweltvergiftung.

6.
Der Staat kann sich auf seine braven Bürger verlassen. So wird toleriert, daß der Staat den Schutz von Individualrechten und eine semantische Verdrehung des Begriffes Gewalt so miteinander verknotet, daß Bürgerrechte damit stranguliert werden können. Das staatliche Gewaltmonopol zeigt somit seine Kehrseite. Beim Demonstrationsrecht zum Beispiel wird das Sitzen vor einer Kaserneneinfahrt, auf dem Baugelände eines Kernkraftwerkes etc. als Gewalt gewertet. Aus der Sicht der Individualrechte sieht das so aus: Wenn ein Lastwagen deswegen eine Verzögerung von einer Minute hinnehmen muß, ist das tolerierbar, bei längerem Aufenthalt oder notwendigem Umweg nicht (so eine jüngste Stuttgarter Gerichtsentscheidung). Man sollte ehrlicherweise von einem Demonstrationsmonopol des Staates reden, — manche Begleiterscheinungen, wie die (letztlich hilf-lose) Übermacht der Polizei und deren Übermäßigkeit legen das nahe. Überdeutlich wird das bei dem sogenannten Vermummungsverbot. Man bedauert fast, daß wir nicht mehr monarchistisches Schaugepränge wie etwa in Großbritannien auf der Straße finden: sie würden unsere Diskussion um zulässige oder unzulässige Vermummung bereichern. (Jedenfalls sollte die Kleidung von polizeilichen Zivilfahndern auch gesetzlich geregelt werden.)

7.
Jede Demonstration ist die Wahrnehmung von Bürgerrechten. Jede Wahrnehmung von Bürgerrechten ist ein Teil ihres eigenen Schutzes, ihrer Verteidigung. Es wäre anders, wenn der Staat sicht nicht durch die Wahrnehmung der Bürgerrechte stets herausgefordert fühlte, sich in Frage gestellt sähe. Das gilt für das Demonstrationsrecht ebenso wie für alle anderen Rechte.

8.
Auch die Grünen sind bisher nicht der Gefahr entgangen, Bürgerrechte zu marginalisieren. Sie werden von ihnen nur im konkreten Einzelfall aufgegriffen, bei dem sie selbst betroffen sind, nicht aber insgesamt verteidigt. Ihr Verhältnis zu Einrichtungen, die auch Institute des Bürgerrechts sind, ist ungeklärt, undiskutiert. Deutlich ist dies zu sehen am Verhältnis zum Gerichtswesen. Einerseits werden Gerichtsentscheidungen herbeigeführt, andererseits negativ ausgegangene Gerichtsentscheidungen nicht mit der Kritik der Gerichte beantwortet, sondern mit ihrer Ignorierung. Das zeigt ein zumindest geringes Problembewußtsein und hat auf dieser Ebene mit einem wie auch immer formulierten Widerstandsrecht nichts zu tun. Da ist Gollwitzer mit seinem humanitären Vorschlag eines Menschenrechts auf Frieden auch rechtspolitisch sehr viel präziser und stellt sich der Frage nach den Bürgerrechten grundsätzlicher. Was an den Grünen irritiert und verstört, ist ihre Kultivierung der politischen Naivität.

9.
Der normale Bürger erfährt von seinen Bürgerrechten im Alltag nichts oder wenig. Erst wenn sie in Gefahr sind und er selbst unter der Gefährdung leidet, werden sie ihm bestenfalls bewußt. Deshalb setzen sich so wenig Menschen für die Bürgerrechte anderer ein. Das ist bei den Grünen nicht anders.

Vor einiger Zeit wurde in Berlin ein Mann, der eine Frau vergewaltigt hatte, vom Anwaltsbüro Schily verteidigt. Ausgerechnet von dieser engagierten und fortschrittlichen Kanzlei. Im Büro erschien eine Gruppe von Leuten, hängte dem Verteidiger ein Schild um des Tenors: »Ich verteidige Vergewaltiger« und fotografierte den Anwalt. Außerdem kam es zu Handgreiflichkeiten. Abgesehen von den historisch makabren Formen dieser Szene, kann man immerhin die emotionale Erregung über den Fall von Vergewaltigung verstehen. Schwerer jedoch diese Aktion. Gänzlich unverständlich ist die wochenlange Leserbriefaktion, die darauf in der »taz« folgte. Fast nur Zustimmungsbriefe wurden abgedruckt. Kaum einer war bereit, darauf aufmerksam zu machen, daß es eine der wichtigsten Errungenschaften des bürgerlichen Rechtsstaates ist, daß jeder, was auch immer er getan hat, Anspruch auf einen Verteidiger hat. Der Deutlichkeit halber sei gesagt: selbst ein Eichmann, — so schwer es auch immer sein mag, einen Verteidiger zu finden.

Das Beispiel ist lehrreich, weil es zeigt, was passiert, wenn Emotionalität, so verständlich sie auch immer ist, an die Stelle von Politik tritt. Nicht die Emotionalität ist schädlich und verrät jeden Begriff von Politik, sondern ihre Verabsolutierung. Kritisches Denken und Handeln, Reflexion und Vernunft werden gebraucht und machen einen wichtigen Teil menschlicher Würde aus. Man hat den Eindruck, daß in der grünen und alternativen Bewegung das nicht immer gesehen wird.

10.
Dabei gibt es Verbindungen zur politischen Kultur dieser Bewegung, die nachdenklich stimmen. Die Grünen lassen — ohne historische Reflexion — eine Gemeinschaftskultur entstehen, deren miefige Wärme zugleich eine starke Kontrolle jedes über jeden erlaubt. Der deutsche Hang zu Gemeinschaften, seien es Spinnstuben, Bierzelte oder Parteiabende, ist der Ausbildung von Individualrechten nicht förderlich. Und Bürgerrechte sind nun mal zuerst Individualrechte. Jedem Einzelgänger, Exzentriker, Sonderling, selbst Querulanten sind Bürgerrechte besser anvertraut als einer sich selbst beobachtenden, nicht diskutierenden, sondern »fühlenden« Gemeinschaft. Einfach deshalb, weil diese Einzelnen die Bürgerrechte mehr brauchen, um ihren Alltag zu bestehen. Historische Beispiele ließen sich hierfür genug finden.

Stattdessen wird in der grünen Bewegung ein osmotisches Mißtrauen gegenüber dem Staat gepflegt, (obgleich man den Lernprozeß nicht übersehen darf, der allein dadurch in Gang gesetzt wird, daß die Grünen sich mehr und mehr in den staatlichen Institutionen wiederfinden, allein schon durch ihre parlamentarische Teilhabe; mag die Parlamentsarbeit auch noch so von der gewohnten abweichen). Beim Volkszählungs-Versuch überwog daher die Diskussion des ohnmächtigen Boykotts jeden Versuch, im Detail zur Kritik des Vorhabens vorzustoßen. (Immerhin scheint einen Moment lang der Gedanke gekeimt zu haben, es handle sich bei der Volkszählung vielleicht doch um etwas ganz nützliches: von Berliner Alternativen wurden ernsthaft Zusatzfragen zur Volkszählung erwogen!)

Der Boykott vereint jedoch alle, die staatlicher Macht gedankenlos mißtrauen. Wo Mißtrauen, im Prinzip immer berechtigt, jedoch so durchdacht wie möglich sein sollte. Mißtrauen darf nicht zum Raunen verkommen, sondern bedeutet kritischen Einwurf, Nachdenklichkeit, Skeptizismus, die in einer Gemeinschaftskultur ersticken.

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