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»Denn ihre Taten weichen ständig von ihren Worten ab«

Weltbank und Menschenrechte

aus: vorgänge Nr. 91 (Heft 1/1988), S. 16

Die Weltbank ist die für den Schutz der Menschenrechte lokaler oft indigener Bevölkerungen und der Umwelt offenste der internationalen Entwicklungshilfe-Institutionen. Nach den von ihr entwickelten Grundsätzen sollen einheimische Bevölkerungen und ihre Umwelt vor nachhaltigen Auswirkungen von Entwicklungsprojekten bewahrt werden.

Der Schutz der Menschenrechte wird jedoch in der Praxis zur bloßen Rhetorik, denn die Weltbank handelt ständig gegen ihre selbstgesetzten Kriterien. Oder wie es kürzlich vor einem Ausschuß des US-Kongresses hieß: »Ihre Taten weichen ständig von ihren Worten ab.« Ländliche Entwicklungsprojekte auf den Philippinen und in Paraguay, Staudammvorhaben in Indien und Umsiedlungsprogramme in Indonesien sind Beispiele. Hier verletzt die Bank massiv elementare Menschenrechte der betroffenen Bevölkerungen.

Zwar zählt die Weltbank »kulturelle Autonomie« und »Selbstbestimmung« indigener Gesellschaften seit 1982 zu den Zielen ihrer Geschäftspolitik; bei der Durchsetzung dieser Politik geht es ihr jedoch nur um die Abschwächung negativer Folgen der von ihr finanzierten Entwicklungsprojekte. Und nach wie vor ist ihr wichtigstes Vergabekriterium die wirtschaftliche Rentabilität eines Projektes. Selbst wenn bei der Weltbank tatsächlich die Bereitschaft bestünde die selbstgesetzten Prinzipien zum Schutz indigener Gesellschaften und der Umwelt durchzusetzen, sind die Handlungsmöglichkeiten angesichts der Abhängigkeit von nationalen Regierungen als Finanzgeber und -empfänger zu eng begrenzt.

In der Praxis macht sich die Weltbank dazu noch zum Mittler zwischen nationalen Politiken zur forcierten Integration indigener Bevölkerungen und aufkommenden Forderungen nach selbstbestimmter Entwicklung.

Durchführende nationale Institutionen sind nicht Willens und häufig auch nicht in der Lage, Schutzverfügungen der Weltbank zu befolgen. Und wenn Maßnahmen zum Schutz lokaler Bevölkerungen und ihrer Umwelt getroffen werden, wird meist zu wenig und zu spät gehandelt.

Die neue Menschenrechtspolitik der Weltbank hat vor allem symbolische Bedeutung. Es ist ein offensiver Weg, auf massive Kritik in der Öffentlichkeit der Hauptgeberländer in Nordamerika und Westeuropa zu reagieren. Allerdings werden diese Grundsätze in jüngster Zeit schon wieder abgeschwächt.

Bei negativen Auswirkungen von Großprojekten werden Entwicklungshilfe-Investitionen zu Recht eher auf der Problem-, als auf der Lösungsseite vermutet. Durch ihre Praxis nicht durch ihre deklamatorischen Menschenrechts-Grundsätze, hat die Weltbank
diese Regel bestätigt.

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