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Bremen - Debatte um die Zukunft des öffentlich rechtlichen Rundfunks

Mitteilungen24408/2021Seite 27-29

In: Mitteilungen 244 (01/2021), S. 27 – 29

Der Rundfunkrat von Radio Bremen hat in seiner Sitzung am 08. Juli 2021 Thomas von Zabern, Vertreter der Humanistischen Union im Rundfunkrat von Radio Bremen, für weitere drei Jahre in den Programmbeirat von ARTE-Deutschland entsandt.

Leider müssen wir aber auch zur Kenntnis nehmen, dass im verkleinerten WDR-Rundfunkrat ab Dezember keine Vertreter mehr von kirchenkritischen Vereinigungen vertreten sein wird.

Bisher hatten im WDR-Rundfunkrat der Humanistische Verband Nordrhein-Westfalen, der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten sowie die Giordano Bruno-Stiftung gemeinsam einen Sitz und Ingrid Matthäus-Maier als Vertreterin dorthin entsandt. Sie verliert diesen Sitz nun im Dezember. Auch nicht mehr vertreten sein wird unter anderem der Verband deutscher Schriftstellerinnen und Schriftsteller, der Deutsche Kinderschutzbund und die Deutsche Initiative für den Nahen Osten. Unter den vier Verbänden, die nun vom NRW-Landtag mit CDU/FDP Mehrheit in den Rundfunkrat entsandt werden, ist dafür neben anderen der Verband der kinderreichen Familien Deutschland – streng konservativ.

So bleibt es dabei, dass nur im Rundfunkrat von Radio Bremen eine Bürgerrechtsorganisation, die auch eine Verfechterin der strikteren Trennung von Kirche und Staat ist, vertreten sein wird.

Zur Zeit wird in verschiedenen Gremien und der Politik eine medienpolitische Debatte um die Zukunft des öffentlich rechtlichen Rundfunks geführt. In der Mehrzahl der Medien, insbesondere in Rundfunk und Fernsehen, wird dieser Debatte bisher kein größerer Raum eingeräumt. FAZ, SZ, Tagesspiegel und Fachpublikationen berichteten dagegen ausführlicher und dokumentierten den Sachstand der Diskussionen.

Seit Juni wird von dem neuen Führungstrio der ARD-Programmdirektion mit Christine Strobl, Programmdirektorin, Florian Hager, Stellvertretender Programmdirektor und Oliver Köhr, Chefredakteur, der Veränderungsprozess mit zahlreichen Vorschlägen vorangetrieben.

Diese betreffen unter anderem die politischen Magazine wie Monitor und Panorama, aber auch den Weltspiegel und auch Kultursendungen (ttt). Ziel der neuen Programmdirektion ist, die Mediatheken zu stärken und die finanziellen Mittel dafür aus dem linearen Fernsehen abzuziehen/umzuwidmen (drei-stelliger Millionenbetrag). Damit steht vieles, was im linearen Fernsehen angeblich nicht mehr „funktioniert“, d.h. bei dem die Einschaltquoten nicht den Erwartungen entsprechen, ein jüngeres Publikum angeblich nicht erreicht wird, zur Disposition. Einige Kritiker sprechen von „Jugend- und Digitalisierungswahn“ – vergessen wird dabei, dass auch die über 45-Jährigen Anspruch auf ein umfassendes Fernsehprogramm guter Qualität haben.

Würden die Vorschläge des Direktoriums von den Intendanten befürwortet, wäre das gleichbedeutend mit einer Schwächung und Qualitätseinbußen des Programms für das lineare Fernsehen – was Wasser auf die Mühlen der Kritiker des ÖRR wäre, deren vornehmlichstes Ziel die Stärkung des Privaten Fernsehens ist.

Inzwischen haben sich eine Reihe von Vereinigungen aus dem Kreativbereich, wie die Drehbuchautoren, die Hörspielautoren und die Fernsehfim-Regisseure in offenen Briefen an das neue Führungsgremium und die Intendanten der ARD-Anstalten mit ihren Sorgen und Befürchtungen über die vorgeschlagenen Entwicklungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks gewandt. Sie äußern darin nicht nur ihre Sorgen um ihre Arbeitsmöglichkeiten und -bedingungen im öffentlich-rechtlichen Rundfunk, sondern befürchten insgesamt eine „Trivialisierung“ des Programms.

In einer Stellungnahme der Auslandskorrespondent*innen der ARD zur geplanten Verlegung des Weltspiegels auf Montag nach 22 Uhr schreiben sie: „über verschiedene Wege erreichen uns Details über das geplante neue Sendeschema im Ersten, Informationen, die uns schockieren.“ Thomas v. Zabern, Mitglied im Rundfunkrat von Radio Bremen, hatte anlässlich einer Entschließung des Rundfunkrates von Radio Bremen zur Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in der Sitzung vom 08. 07. 21 einen Ergänzungsantrag für den Entschließungstext eingebracht, der auf der Website der HU abzurufen ist. Leider wurde nur dem ersten Satz des Antrages zugestimmt. Der zweite Satz, mit dem die Stärkung der Politikmagazine vorgeschlagen wurde, fand keine Mehrheit.

An der hier beschriebenen und kurz umrissenen Debatte müsste sich neben den zuständigen Gremien auch eine breitere Öffentlichkeit, dazu gehören auch die Bürgerrechts- und Menschenrechtsorganisation zu Wort melden.

Thomas von Zabern, Bremen

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