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Aus der Laudatio auf Werner Hill

vorgängevorgänge 2412/1976Seite 126-127

Aus: vorgänge Nr. 24 (Heft 6/1976), S. 126-127

(…) Als Sie den Deutschen Journalisten Preis 1969, der unter dem Thema „Der Bürger und sein Recht” ausgeschrieben war, von der Jury, der ich angehörte, zusammen mit Ernst Müller-Meiningen jr. bekamen, und ich bei dieser Gelegenheit in wenigen Sätzen zu formulieren hatte, was ich als Journalist an Ihrer Arbeit wichtig finde, da habe ich es so formuliert, das in jedem der wenigen Sätze, die ich vorlese, auch Müller-Meiningen vorkommt, aber ich glaube, Werner Hill wird daraus trotzdem deutlich … Damals habe
ich gesagt: Gemeinsam ist Ernst Müller-Meiningen und Werner Hill die sich täglich neu stellende Aufgabe, vielfaches Geschehen aus dem großen Bereich des Rechts und des Unrechts sehr schnell, ganz aktuell und ganz knapp journalistisch darstellen und werten zu müssen. Beide haben dabei für ihr Medium ein Können entwickelt, das ich als Meister-schaft der kleinen Form bezeichnen möchte; Müller-Meiningen Tag für Tag in seinen Kommentaren, Glossen und Artikeln in der Süddeutschen Zeitung, Werner Hill in den Kommentaren, die er ebenfalls fast tagtäglich in den Sendereihen „Politik heute”, „Kritisches Tagebuch” und „Auf ein Wort” im Norddeutschen und West-deutschen Rundfunk wie auch in anderen Sendern spricht. Nicht vergessen sei, das Werner Hill, der sich seinen philosophischen Doktorgrad mit einer Dissertation über ein öffentlich-rechtliches Thema erwarb, in zahllosen Diskussionen und durch eine Berichterstattung, die der Landgerichtspräsident Rudolf Wassermann 1968 in der Deutschen Richterzeitung „sachkundig, klar und entschieden” und „ein Ruhmesblatt für ein Hörfunkprogramm” nannte, die Bestrebungen unserer so notwendigen und so schwer durchzusetzenden Strafrechtsreform in hervorragender Weise publizistisch unterstützte, so das man ihn das stets wache und stets Sprung bereite juristische humane Gewissen unserer Bundesrepublik nennen darf. Gemeinsam ist beiden Preisträgern auch die immer erneut bewiesene Fähigkeit, komplizierte juristische Tatbestände und Probleme einem großen Publikum vorbildlich klar und durchsichtig zu machen, wie es sich für einen guten Journalisten gehört…
Es hat ja vielleicht einen gewissen dokumentarischen Wert, das schon vor 7 bis 8 Jahren Werner Hill so angesehen war, das er den Deutschen Journalisten Preis erhielt und das im Namen der Jury diese Worte über ihn gesprochen wurden . . .
Als ich- da ich ja die Weimarer Republik in all ihren Einzelheiten erlebt habe und da ich, damals schon Journalist, die meisten Journalisten gekannt habe- überlegte: wo gab es einen Journalisten wie Werner Hill in der Weimarer Republik?- da kam ich zu einem Ergebnis, über das ich im ersten Augenblick erschrak (ich bin jetzt etwas dadurch ab-gesichert, das Charlotte Maack offenbar zu einem ähnlichen Ergebnis gekommen ist). Ich kam nämlich auf Carl von Ossietzky. Ich erschrak, weil ich dachte: Ist das nicht zu hoch gegriffen? Aber als ich mir dann einige der Aufsätze von Werner Hill noch einmal ansah, da dachte ich: Nein, das ist nicht zu hoch gegriffen. Und als ich die Aufsätze, die in einem Taschenbuch erschienen sind, in einer großen breiten Ossietzky-Auswahl, ansah, da stieß ich zu meiner Bestätigung darauf, das der erste Aufsatz, den Carl von Ossietzky 1913, also als ganz junger Mensch im kaiserlichen Deutschland geschrieben hat, von einem Prozess handelte, der damals vor einem Militärgericht geführt wurde. Und der Artikel war so, das er dann selber vor Gericht gestellt wurde. Und wenn man sich seine Aufsätze weiter ansieht, so findet man darin ja eine ganze Menge Rechts politisches. Und auf der anderen Seite findet man bei Werner Hill, entsprechend auch seinem Studium und seiner ganzen Entwicklung, eine Breite, die eigentlich erst der Spezialisierung auf das, was Ulrich Klug eben dargestellt hat, den besonderen Rahmen und, so glaube ich, den beson-deren Wert und Akzent gibt.
Da ich von Ihrem Studium spreche, möchte ich sagen, es hat mich, als ich Ihre Vita las, besonders beeindruckt, wie schwer es Ihnen eigentlich gemacht worden ist, überhaupt zu einem Studium zu kommen, da Sie zuerst eine ganze Reihe von Jahren praktisch im Bergwerk arbeiten mussten, um das Notwendige zusammen zu haben, um dann das Abitur auf einem Abendgymnasium zu machen und dann ein sehr breit angelegtes Studium durchführen zu können ,..
Ich habe mir hier den Aufsatz mitgebracht, den Sie im Vorwärts zur Erinnerung an Gustav Radbruch geschrieben haben. In diesem Aufsatz haben Sie als Untertitel gewählt „Wie verteidigt man die Freiheit, ohne sie dabei zu gefährden?” Und im Schluss Satz haben Sie gesagt: „Wie verteidigt man Demokratie und Freiheit, ohne durch die eingesetzten Mittel beide in die größte Gefahr zu bringen?” Ich glaube, das ist eine ganz brennende Frage. Ulrich Klug hat es an einer Reihe von Beispielen gezeigt, ich will keine weiteren hinzu-fügen. Ich will- da ich den Vergleich mit Ossietzky gezogen habe- den Ernst dieses Vergleichs dadurch unterstreichen, daß ich sage; Den kleinen Einfluss, den ich als Mitglied der Jury der Carl-von-Ossietzky-Medaille der Westberliner Liga für Menschenrechte habe, werde ich dafür geltend machen, daß Sie eines Tages diese Medaille bekommen. Ich bin sonst nicht für Medaillen, aber eine Verbindung mit dem Namen Ossietzky ist, glaube ich, so ehrenvoll wie eine Verbindung mit dem Namen Fritz Bauer…

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