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Der Fritz-­Bau­e­r-­Preis der Humanis­ti­schen Union

Aus: vorgänge Nr. 24 (Heft 6/1976), S. 121

Fritz Bauer war – vielleicht heißt es Eulen nach Athen tragen, in dieser Zeitschrift immer wieder daran zu erinnern – schon vor 1933, in der leidvollen Zeit der Emigration und nach der Befreiung 1945 einer der bedeutendsten und konsequentesten und leidenschaftlich drängendsten Rechtsreformer in Deutschland. Zuletzt, bis zu seinem Tode 1968, als Hessischer Generalstaatsanwalt, besser – sieht man auf die übliche Rolle der Staatsanwälte, und gäbe es diesen Titel – Generalrechtsanwalt. Außerdem war Fritz Bauer ein Mitbegründer der Humanistischen Union, der von Anfang an in dieser Bürgerrechtsorganisation den Impetus unbeirrbarer Rechtsverteidigung und Freiheitsbehauptung erkannte und durch seine Mitarbeit bestärkte.
Diese HU hat nach Bauers Tod den Fritz-Bauer-Preis gestiftet für Verdienste, besser Taten auf dem Gebiet der Verteidigung der Grundrechte, der Erneuerung des Strafrechts, Strafprozeßrechts, Strafvollzugsrechts. Die Namen der Preisträger seit 1969 – Helga Einsele, Gustav Heinemann, Birgitta Wolf, Emmy Diemer-Nicolaus, Heinrich Hannover und Helmut Ostermeyer – zeigen an, in welchem Spektrum die HU das durch Fritz Bauers Erinnerung sieht. Warum und weshalb dieser und jener den Preis erhielt, sagt die Vorsitzende der HU, Charlotte Maack, in ihrer Begründungsrede.
1976 wurde, nach einer Strafanstaltsleiterin, einem Minister (späteren Bundespräsi-denten), einer „ Einzelkämpferin “ – Bürgerinitiative lange Jahre in einer Person! -‚ einer Abgeordneten, einem Rechtsanwalt und einem Richter (und Buchautor) endlich ein rechtspolitisch tätiger und in seinen Aussagen unverwechselbarer Journalist ausgezeichnet: Werner Hill. Was über ihn zu sagen ist, das sagten am 2. September in Köln Charlotte Maack, nicht irgendein, sondern der „Alternativ „-Professor und jetzige Hamburger Justizsenator Ulrich Klug und der „ altgediente “ Journalist (zeitweise Journalisten-unionsvorsitzender, 4 Jahre Vorsitzender der HU, Mitglied des Deutschen Presserats, Präses der Deutsch-Polnischen Gesellschaft und der Hilfsaktion Vietnam) Professor Walter Fabian. Wie Werner Hill sich für einen Preis zu bedanken versteht, zeigt schließlich seine Rede „Von der Nützlichkeit des Zweifels für die Freiheit”.
Für Vg-Leser ist der Rundfunkredakteur und Artikelschreiber Hill kein Unbekannter. In Nr. 2(1973) schrieb er erstmals über den „ Todesschuß der Polizei” (und außerdem über „Nixon und die Todesstrafe“), in Nr. 20 zuletzt über „Recht und Terrorismus/Demontage der demokratischen Rechtsstaatlichkeit als Folge des Kampfes gegen den politischen Radikalismus?”; dazwischen in den Heften 4, 5, 6, 8, 11, 13, 15 und 16 Artikel zur Redaktionsfreiheit, zum Alternativ-Entwurf für ein Strafvollzugsgesetz, über Asyl für Chile-Flüchtlinge, für die Fristenlösung des § 218, über den Mannheimer Gefängnis-Skandal, über Eros und Sexualität hinter Gittern, zu den Grenzüberschreitungen des Bundesverfassungsgerichts und zum Stammheimer Baader-Meinhof-Prozeß. Kein unbekannter und ein unverwechselbarer Autor, den wir – so hoffen wir – immer wieder in den Vg „beschäftigen” dürfen. Ein Glück für uns, einen solchen Autor zu haben . . .

GH

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