Publikationen / vorgänge / vorgänge Nr. 171/172: Die Zukunft der Linken

„Wärme” als Modus sozialen Verhaltens?

Vorüberlegungen zu einer Kulturgeschichte des linksalternativen Milieus vom Ende der 1960er bis Anfang der 1980er Jahre

aus: Vorgänge Nr. 171/172 ( Heft 3-4/2005), S.175-187

Vor rund zehn Jahren konstatierte Helmut Lethen in seinem Buch Verhaltenslehren der Kälte anhand der Literatur der Neuen Sachlichkeit, dass die Kältemetapher sowohl bei Autoren wie Bertolt Brecht und Helmut Plessner, aber auch bei Ernst Jünger und Carl Schmitt ein Einverständnis mit der Modernisierung ausdrücke. Sie benutzten das Bild der Kälte, um Prozesse der Rationalisierung, Entfremdung und Säkularisierung in der Moderne zu beschreiben. Ihr bedingungsloses Lob der Moderne drückte sich in einem Lob der Kälte aus, wobei der Kältekult von ihnen mit Präzision, sachlicher Heroik und klarem Denken verknüpft wurde und eine Absage an den Gewissenskult des 19. Jahrhunderts beinhaltete (Lethen 1994).

Inwieweit lässt sich diese literaturwissenschaftliche Herangehensweise für eine historische Arbeit zur Kulturgeschichte der Bundesrepublik nutzbar machen? Inwieweit taugt hierbei die Wärmemetapher dazu, einen bestimmten Modus sozialen Verhaltens im linksalternativen Milieu zwischen den „Alt68ern und den postmodernen Neonkids” (Mohr 1992: 10) zu analysieren?[1]

Eine kleine Begriffs­ge­schichte der Wärme

Wärme bezeichnet zunächst im physikalischen Sinn die Bewegungsenergie von Atomen und Molekülen eines Körpers. Die Thermodynamik des 19. Jahrhunderts hat dabei das Wissen um Energie und Wärme enorm befördert. Wärme bezeichnet, lehnt man sich an die beiden Hauptsätze der Thermodynamik an, Bewegung und Austausch. Sozialwissenschaftlich umgemünzt könnte man Wärme als gesellschaftliche Wandlungsfähigkeit und zunehmende Bedeutung von Kommunikation bezeichnen. Wärme meint hierbei insofern eine Vorstellung und Praxis von Austausch und Geselligkeit, die mit Selbstverwirklichung und selbstreflexiver Introspektion verbunden war.

Blickt man in das Symbollexikon von Jean Chevalier und Alain Gheerbrant, so wird dort Chaleur im physischen Sinne seit Plutarch mit Sonne und Licht assoziiert. C. G. Jung hat folgenreich die Wärme mit der Liebe zur Intuition, der Libido und dem organischen Leben in Verbindung gebracht. Im fernöstlichen Buddhismus wird Wärme mit Atmung, Befruchtung und Geistesaktivität verknüpft. Im Yoga meint Wärme (tapas) das innere Feuer und die geistige Flamme. Schließlich bezieht sich der Ausdruck der menschlichen Wärme auf das Ideal christlicher Nächstenliebe (Chevalier/Gheerbrant 1982: 202f.).

Gesellschaften als warm oder kalt zu bezeichnen und diese Bewertungen dann als politisches Kampfmittel einzusetzen, hat in der Geschichte des politischen Denkens in Deutschland eine Tradition, die bis zur Rhetorik des Vormärz zurückreicht. So wurde das Ancien Regime wegen seiner restaurativen Starre von Ferdinand Freiligrath als „Eispalast” und von Hölderlin als „eiskalte Zone” bezeichnet (Lethen 1987: 297). Die Durchsetzung des Kapitalismus im 19. Jahrhundert hat die Stimmen derer erstarken las-sen, die entweder eine gesellschaftliche Idylle zerstört oder eine Fortschrittsdynamik durchgesetzt sahen. So klagte aus konservativer Sicht Adam Müller über die „Erkaltung der Seele“,Z während Karl Marx die „eiskalten Wasser egoistischer Berechnung” als notwendigen Schritt zum gesellschaftlichen Fortschritt pries (Gebhardt 1999: 167f.)

Der Ausdruck der „Wärme” war spätestens mit Ferdinand Tönnies‘ Buch Gemeinschaft und Gesellschaft (1887) normativ aufgeladen. Die warme Gemeinschaft kam dadurch mit qualifizierenden Adjektiven wie zärtlich, behütend, aber auch mit den Substantiven wie Liebe, Eintracht und Verständnis in Verbindung. In der Folge wurde die Wärme sozialer Verhältnisse — positiv wie negativ — als ein mit der Gemeinschaft verbundenes Gefühl verstanden, auch in den von Tönnies wegführenden Gemeinschaftsvorstellungen der 1920er Jahre (Tönnies 1991; vgl. Eßbach et al. 2002).

Nach 1945 hat dann der amerikanische Publizist Walter Lippmann bereits im Jahre 1947 in einer Artikelserie für die New York Herald Tribune den Begriff des „Kalten Krieges” geprägt, während die Ordoliberalen für das Modell ihrer wohlfahrtsstaatlich interventionistischen Variante eines rheinischen Kapitalismus sozialer Marktwirtschaft das Bild einer deutschen Gemütlichkeit gegenüber der amerikanischen Dynamik freier Marktwirtschaft bemühten und meinten, Wärme lohne sich (Lippmann 1947; Vobruba 1991: 49-89).

Im linksalternativen Milieu wiederum war die Berufung auf zwischenmenschliche Wärme und Nähe, auf den „wärmenden Zusammenhalt” als Gegenbild zur „frostigen Distanz” der „Industriegesellschaft” nahezu ubiquitär (Schneider 1981: 38; Scherer 1984: 201, 218). Exemplarisch hieß es 1972 in dem von Thomas Knauf gestalteten und monatlich erscheinenden alternativen Berliner Szene-Blatt Hundert Blumen: „leben heißt wärme — und wir kämpfen, weil man uns in kälte einhüllen will und viele sich schon in dieser kältehülle befinden” (Hundert Blumen 1972: 8).

Einige Elemente links­al­ter­na­tiver Wärme

Inwieweit die Wärmevorstellung das Verhalten der Menschen im linksalternativen Milieu beeinflusste, ließe sich anhand unterschiedlicher Praxisräume von der Szene-Kneipe über die Wohngemeinschaft, die „Projekt“-Arbeit oder die alternativen Psycho-Workshops und Männergruppen bis hin zu den Zeitungen und Zeitschriften der alternativen Öffentlichkeit nachvollziehen. Diese Praxisräume der „Gouvemementalität” (Michel Foucault)3 und das Spektrum der linksalternativen Vergemeinschaftungen lassen sich hier freilich ebenso wenig umfassend darstellen, wie die sozialhistorische Fundierung des alternativen Milieus (etwa die Stellung der Linksalternativen im Bürgertum, ihre Eingrenzung in Diskurs-, Arbeits- und Konsumgemeinschaften, die Darstellung der Sozialisationsinstanzen für diese jungen Altersgruppen). Auch seine Verortung als politische Konfliktgruppe mit unterschiedlichen Fraktionen bleibt in dieser Skizze ausgespart (Frauenbewegung, Ökologiebewegung, Friedensbewegung, Anti-AKW-Bewegung etc.). Der einseitige kulturhistorische Zugriff ist insofern keineswegs programmatisch, sondern pragmatisch zu verstehen. Es geht um die experimentelle Erprobung eines Zugriffs, der freilich erst in seiner sozial- und politikgeschichtlichen Erweiterung seine vollgültige Tragkraft erweisen müsste.

Gleichwohl haben die Selbstbeschreibungen in der linksalternativen Szene der 1970er Jahre deren Verkehrsformen ebenso beeinflusst, wie umgekehrt ihr Verhalten auf diese Beschreibungen einwirkte. So befreite man sich etwa in der alternativen Kneipe, wie Klaus Laermann 1974 im kursbuch schrieb, von der diskursiven Kommunikationsstruktur mit ihrem Zwang zum besseren Argument und fühlte sich einer undefiniert gehaltenen Gruppe zugehörig, die sich durch eine „gewisse Vertraulichkeit”, „ein diffuses Zärtlichkeitsbewusstsein” und den allgegenwärtigen „Gebrauch des ,Du” auszeichnete. Kneipengespräche in dieser Szene seien durch „gegenseitige Anerkennung, Vertraulichkeit und Wärme” gekennzeichnet (Laermann 1974).

Die Berliner Kiezkultur wurde durch die Gründung von Stadtmagazinen wie tip und zitty (1972 und 1977) ebenso befördert, wie die Frankfurter Szene, wo sich 1976 der Pflasterstrand gründete oder in München, wo mit dem blatt (gegr. 1973) ebenfalls ein Anzeigenblatt für alternative Kleinkunst und linke Off-Kultur entstand, in denen es um Meditation, asiatische Weisheiten, amerikanische Freakphilosophie oder Rockmusik ging. Nicht nur in den drei Metropolen der Alternativkultur, sondern auch in vielen Universitätsstädten entstand eine linksalternative Presse, deren Gesamtauflage für das Jahr 1980 monatlich 1,6 Millionen Exemplare betrug, die sich auf rund 390 unterschiedliche Titel verteilten. Im einzelnen erweiterte sich die Anzahl der Alternativblätter von der Mitte der 1970er Jahre bis zur Mitte der 1980er Jahre in einem rasenden Tempo – 1986 war sie vermutlich, dank des Booms der Stadtmagazine und -zeitungen, zweieinhalb Mal so groß wie 1979 (Rösch-Sondermann 1988: 54; Holtz-Bacha 1999: 340).

Veranstaltungskalender und Annoncenteil imaginierten einen „Wärmestrom der Ganzheitsträume” nach Tiefe, Eigentlichkeit und Sinn (Mohr 1992: 40, 42). In den links-alternativen Kleinanzeigen zur Partner- oder Wohnungssuche war ein Trend zur ebenso kuscheligen wie unkonventionellen Gemütlichkeit sichtbar geworden.[4] Nicht selten las man Anzeigen wie diese aus dem Münchner blatt des Jahres 1973: „Für zu gründende WG liebe Mädchen gesucht. Gewünscht: Interesse an Sozialpolitik, humanistischer Psychologie (Selbsterfahrung, Encounter5, Psychologie, Psychologie des Seins) und das Bedürfnis, in einer Gruppe Freude zu erleben, bzw. sie wiederzugewinnen. Menschliche Wärme und das Bestreben nach Ehrlichkeit und Offenheit wären vielleicht mitzubringen“ (Sonner 2005: 10). Die Imagination und episodische Vergemeinschaftung manifestierte ein Selbstbild der Wärme, welches wiederum Verhaltensregelmäßigkeiten, Handlungsmuster und soziale Beziehungen in diesen durch Personennetzwerke organisierten sozialen Gemeinschaften festlegte, durch die man sich als Typus wechselseitig wieder erkannte und aufeinander beziehen konnte. Durch die Prozesse der Selektion – sei es der Kneipenbesuch, sei es die Kleidung oder die Lektüre einschlägiger Zeitungen und Zeitschriften – entstand und bekräftigte sich eine verdichtete Kommunikation und soziale Nähe, die den Milieumitgliedern Verhaltensicherheit bot und ihre lebensweltlichen Interaktionsbeziehungen verdichtete.

Dies galt freilich für das gemeinsame Leben in Wohngemeinschaften in besonderem Maße. In der Wohnung, schrieb Wolfgang Spindler 1978 im kursbuch, gehe es romantisch zu: Es riecht süßlich nach Räucherstäbchen, Tee-Gebäck wird gereicht. Billige Bücherregale, ein paar Platten auf dem Boden, „ein alter unaufgeräumter Schreibtisch, ein paar tiefe Sitzgelegenheiten, einige Matratzen mit einer unauffälligen Tagesdecke, billige Felle. Ein kleiner Tisch mit Omas Deckchen, einige Aschenbecher und Vasen runden das Bild ab”: „Man ist sich der Zivilisationsflucht und der romantischen Ader bewußt” (Spindler 1978: 6f.). In der Wohngemeinschaft paarten sich Kommunikation und Intimität, sie war Aktionsfeld und Rückzugsgebiet in einem (vgl. Lindquist 1975; Mohr 1992: 52).

Die vor allem im studentischen Milieu verbreitete Wohngemeinschaft, war in ihrer Praxis beschränkter als in ihrer Imagination. Bereits 1969 wünschte sich ein Viertel aller 16-34jährigen, in einer Wohngemeinschaft zu leben, während dies zu dieser Zeit nicht einmal fünf Prozent tatsächlich taten. Man schätzt, dass es 1971 etwa 2.000 Wohngemeinschaften und 1980 ca. 40.000 Wohngemeinschaften gegeben hat (Tränkle 1986: 201; Siegfried 2004: Slf.). Trotz aller Pragmatisierungen und Entpolitisierungen im Laufe der WG-Geschichte war das Motiv, über den Alltag in der Freundesgruppe hinaus soziale Einbindung und persönliche Bereicherung zu erfahren, mindestens ebenso stark, wie die finanziell günstige Großzügigkeit der Altbauwohnungen. Die Wohngemeinschaft war zudem der „Zufluchtsort vor der Enge des Elternhauses und der tristen Perspektive spießiger Zweisamkeit, sozialer Stützpunkt für die Eroberung neuer (Lebens-) Welten und Quelle einer ,zweiten`, politischen Sozialisation” (Mohr 1992: 51). „Zerstörung der Privatsphäre” oder „Zerschlagt die bürgerliche Kleinfamilie” waren Slogans, mit denen man glaubte, autoritärer Charakterbildung und spätkapitalistischer Vereinzelung entgegenzuwirken. Die Fixierung auf elterliche Autorität – und entsprechender Dressur, bürgerlicher Wohlanständigkeit und Sauberkeitswahn – waren die Gegenbilder zur linksalternativen Wohnform, in der wiederum private Streitigkeiten zwischen Liebenden in Gruppensitzungen „ausdiskutiert” und „durchgearbeitet” wurden (Kunzelmann 1968: 101; Herzog 2005: 192-198). Doch obwohl Wohngemeinschaften das alternative Modell zur Zwangsgemeinschaft der Kleinfamilie sein sollten, war der Gruppendruck und Anpassungszwang in den Wohngemeinschaften offenbar selbst so hoch, dass zeitgenössische soziologische Studien eine hohe Fluktuation beobachtet haben (Meyer-Ehlers et a1.1973: 238; Cyprian 1978: 20, 124-128).

Trotz dieser konfliktiven Lebenspraxis strahlte die Do-it-yourself-Ästhetik der Wohngemeinschaften mit dem Basteln von Übergangslösungen, der Umnutzung und des Selbermachens, die Geborgenheits-Environments der Hochbetten als Nester der Wärme und Gemütlichkeit, die vielen Pflanzen und die lässigen Ordnungsmaßstäbe eine ebensolche Wärme ab wie die Küchentisch-Diskussionskultur (Tränkle 1986: 201-208). In dieser Wärme verpflichteten sich die Wohngemeinschaftsmitglieder einer Praxis guter Lebensführung, entwickelten Techniken zur Veränderung des Selbst, in der die Subjekte sich durch ihre Handlungen begreifen und selbst verwirklichen sollten.

Die Bedeutung von Kommu­ni­ka­ti­ons­freude und Klein­räu­mig­keit

Der Berliner Soziologe Claus Offe konstatierte 1998, dass die 68er etwas gefordert hatten, „was ohnehin passierte; sie stießen nur, was ohnehin fiel” (Offe 1998: 552). Dies galt auch für die verdichteten Geselligkeitsformen der 1970er Jahre, deren Motto nicht nur in der linksalternativen Szene small is beautiful hieß – klein, vernetzt und frei wähl-, bar wurde die Vergemeinschaftung überall. Der Drang zum Wärmestrom einer Nischenexistenz wurde von der linken Subkultur insofern nicht erfunden, sondern dramatisiert, radikalisiert und politisiert. Obwohl man sich von den karriereorientierten Werten, der spießigen Lebensgestaltung und Konsumorientierung der Elterngeneration absetzen wollte, vollzog man zu großen Teilen eher mit, was sich ohnehin gesamtgesellschaftlich zu etablieren begann.

Die Familienkontakte wurden vielfältiger, die Kontakte zu den Nachbarn waren zahlreicher geworden; Bekannte und Freunde spielten eine größere Rolle und die Mitgliedschaft in den Vereinen hatte sich ausgebreitet. Obwohl oder gerade weil die Familien kleiner wurden, das Zusammenleben in der Großfamilie weithin aufgegeben wurde und immer mehr Einpersonenhaushalte entstanden, entwickelten und intensivierten sich die Gespräche mit Personen außerhalb der Familie – und dies eben nicht nur in der links-alternativen Szene. Immer mehr Menschen gaben als „engsten Vertrauten” Menschen außerhalb der Familie an. Als bevorzugter Gesprächspartner fungierten im Jahre 1953 bei 28 Prozent der Befragten nicht Familienmitglieder, sondern „jemand, mit dem ich gleiche Interessen habe”. Im Jahre 1979 gaben dies schon 41 Prozent der Befragten als Antwort an – und diese Antwort war zugleich der Spitzenwert. Zu Einladungen bei Freunden und Bekannten gingen 1953 nur 31 Prozent, Ende der 1970er Jahre hingegen schon 64 Prozent, mithin mehr als eine Verdopplung. Generell war man in den 1970er Jahren unternehmungslustiger als in den 1950ern und 1960ern. Im Jahr 1976 vertraute man seinen Mitmenschen so stark wie nie zuvor in der Geschichte der Bundesrepublik (Noelle-Neumann et al. 1983: 80; Noelle-Neumann 1976: 18).

Diesem Verhalten entsprach die Wertschätzung, die der Geselligkeit entgegen gebracht wurde. So wurde im August 1975 nach Eigenschaften gefragt, die man beim Mitmenschen besonders schätze. Dabei war der absolute Spitzenreiter, mit 14 Prozent Abstand zur nächstgenannten Eigenschaft, die Geselligkeit (71 Prozent) (Noelle-Neumann 1976: 20). Dieser Anstieg der Geselligkeit ging mit der Medialisierung der Gesellschaft und der Durchbruchsphase des Massenfernsehens Hand in Hand, wobei die Medieninhalte einerseits Gesprächsstoff lieferten und die Alltagskommunikation anfeuerten, andererseits selbst Kommunikationsverdichtung in Diskussionsrunden und Talkshows predigten (vgl. Verheyen 2003).

Nicht nur die Zunahme der Geselligkeit, sondern auch die Kleinräumigkeit, in der sich die Linksalternativen ihr Leben organisierten, kennzeichnete einen allgemeinen Trend. Wiederum zeigen demoskopische Ergebnisse, dass die kleinräumigen Sozialbeziehungen im Wohn- und Freizeitbereich während der 1970er Jahre zunahmen und subjektiv für immer wichtiger gehalten wurden. Die kleinen Netze nahmen in der Form von Nachbarschaftskontakten und Vereinsmitgliedschaften deutlich zu. Die regelmäßigen Gesprächskontakte zum Nachbarn stiegen beispielsweise von 51 Prozent im Jahre 1953 auf 74 Prozent im Jahr 1979 an (Klages 1983: 65-69). Offenbar bot gerade die Einbindung in die kleinen Netze die Möglichkeit, Selbstbezogenheit und Selbstverwirklichung mit sozialer Bindung zu verknüpfen.

Die Wärme „konkreter Erfah­run­gen” und die Kälte abstrakter Theorie

„Innerlichkeit”, so Hermann Glaser, „war Fluchtort für die neualte romantische Sehnsucht nach heiler Welt (…] Die neuen Signalworte hießen: Natur, Nähe, Geborgenheit, Gefühl, Glück, Spiel, Festlichkeit, Phantasie, musisch, sensibel, still, einfach” (Glaser 2000: 370f.). Diese Emotionalität kontrastiert auffällig zu der von Helmut Lethen beschriebenen „kalten persona” der 1920er Jahre. In der „Neuen Sachlichkeit” nahm man die Menschen als „Bewegungsmaschinen” und die „Charaktere als Masken” wahr (Lethen 1994: 29). Die Menschen wurden nicht von innen, sondern von außen geleitet; statt durch Introspektion wurden sie von den Augen des anderen überwacht. Statt Reue und Geständnis ging es um Rituale der Ausgrenzung und Wiedergutmachung. Die gefühlte Sanktion der 1920er Jahre war die soziale Angst, die der 1970er Jahre die Gewissensangst, so dass das gute Gewissen im letzten Fall dem angemessenen Verhalten im ersten Fall gegenüberstand (vgl. Necke11991).

Erfahrungshunger, Michael Rutschkys klassischer Essay über die 1970er Jahre, schildert jenes Jahrzehnt als Zeit eines warmen Nebels, in der Leistungsdruck, Mühe, Entbehrung, Selbstbeschränkung und Aufschub als Requisiten aus dem Arsenal des bürgerlichen Wohlverhaltens empfunden wurden. Entspanntheit, Lebensfreude, Spontaneität, Ungezwungenheit, Genuss traten an ihre Stelle. Man setzte sich von der „Utopie der Allgemeinbegriffe” und der Planungseuphorie aus den 1960er Jahren ab. Die abstrakte Begrifflichkeit, die sich durch „eine besondere Kälte” auszeichne, habe eine „er-starrte Gesellschaft” entworfen. Man setzte sich von denjenigen gesellschaftlichen Institutionen ab, die „ein Klima der Kälte” ausstrahlten, welches „mühevoll” von der „psychischen Innenwelt” getrennt wurde. Man war auf der Suche nach einem „Lebenszusammenhang, in dem [man] sich persönlich erklären, in dem [man] seine Biographie erzählen und interpretieren soll und will […] Die feindselige Außenwelt unterwirft denjenigen, der aus der Innenwelt heraustritt, ihren Handlungsschemata, ihren irreversiblen Bestimmungen und Begrenzungen”. Die „Suchbewegung” und „Sehnsucht” des Individuums wollte der „Unwirklichkeit des Lebens in den siebziger Jahren” entkommen. Durch den Rückzug in die Innerlichkeit erschien die äußere Welt unwirklich, lakonisch, in Distanz, in einem Nebel schematisiert (Rutschky 1980: 38, 57, 69, 112, 114).

Jürgen Habermas charakterisierte 1979 dieses Verhältnis von kalter Sachlichkeit und kühler Abstraktion zur Wärme der Lebenswelt als einen durchgehenden Zug der Sozial-und Geisteswissenschaften, der Künste und Religion der 1970er Jahre: „Der Zweifel an den Avantgardebewegungen der Moderne, der Abschied von Funktionalismus und Neu-er Sachlichkeit, die Abwertung der großen Theorien, die Abkehr vom Universalismus der Aufklärung. Dagegen nun die Wendung zu traditionellen Formen und zum Subjektiven in Erzählung und Roman, die Wendung zum Historismus in Städtebau und Architektur, zum Alltag in der Soziologie, zum Spätexpressionismus im Film, zu neuer Frömmigkeit und Pietismus in der Kirche, zum Narrativen in der Geschichtswissenschaft und zu existentiellen Themen in der Philosophie. Kult der Unmittelbarkeit, Deflationierung der Hochformen, Seelenanarchismus, Feier des Konkreten auf ganzer Linie, Relativismus sogar in der Wissenschaftstheorie und ein Wechsel der Symbolfiguren von Ödipus zu Narziß in der Kulturkritik”. (Habermas 1979: 30f.)

Eben diese Auseinandersetzung zwischen der Kälte abstrakter Theorie einerseits und der Wärme unmittelbarer Erfahrungspolitik andererseits vollzog sich auch im linksalternativen Milieu, in dem sich Konflikte zwischen den 68er-Theoretikern aus der Studentenbewegung und dann. vor allem der K-Gruppen-Szenerie einerseits und den sogenannten „undogmatischen” oder „hedonistischen” Linken andererseits zu Beginn der 1970er Jahre zuspitzten. In einer exemplarischen Abrechnung beschrieb Wolfgang Kraushaar 1978 die Frankfurter Alternativbewegung als „Fluchtbewegung”, die sich ins Subkulturelle abgekapselt habe. Der „Exklusivcharakter” dieser „subkulturell verbrämten Kleinstadtmafia” normiere nicht nur Gestus, Sprache und Kleidung: der „Zwang zur Unmittelbarkeit” habe sogar zum Verlust der Politik geführt. Der „Aufstand der Sinne” werde gleichsam zum Selbstzweck, das emphatisch herbeizitierte Zauberwort der „Erfahrung” werde durch die Herauslösung aus dem kapitalistischen Gesamtzusammenhang zu der „autistischen” Erfahrung einer „unmittelbarkeitsideologischen Sekte” (Kraushaar 1978: v.a. 26-34; vgl. Kerbs 1970).

Zwar fand sich in den Neuen Sozialen Bewegungen und im Alternativmilieu auch marxistisches und anarchistisches Gedankengut neben kulturkritischen Überlegungen, lebensphilosophischen und existentialistischen Ansätzen. Aber im Ganzen waren die Vorstellungen doch eher, verglichen mit den K-Gruppen der 1970er Jahre (siehe Steffen 2002; Kühn 2005), auf unmittelbare und körperliche „Betroffenheit” und emotionalen „Erfahrungshunger” ausgerichtet. Bereits in der Sprache der Alternativbewegung  erkennt man diesen Zug zur konkreten Bildlichkeit, die sich explizit von abstrakten „Körperlichkeit, Empfindung und Konkretion gingen in dieser Sprache der Alternativen eine Verbindung ein; komplizierte Satzbaumuster waren eine Ausnahme (Czubayko 1997: 109, 111; vgl. auch ebd.: 187-192, 200-203, 212f.). Mit ihrer Fülle an übertreibenden Ausdrücken (viele Superlative, häufiger Gebrauch von „stark”, „echt”, „unheimlich” etc.), ihrer Tendenz zur Gefühlsbetonung („ich bin gut drauf“, „ich bring das echt nicht”, „gutes feeling”, „das törnt mich“), der Angleichung von Schriftsprache und gesprochenem Wort („antörnen”, „Schowi”, „Konnäktschens”) sowie der Ungenauigkeit und Verschwommenheit im Ausdruck („irgendwie“, „irgendwo”) zeigt ihre Sprache die Tendenz des Vorrangs von Gefühl und Konkretion vor begrifflich präziser Theoriesprache (Stubenrauch 1978). In ähnlicher Weise favorisierte die scene Musik und Körpergefühl vor Schriftlichkeit und Textualität.

Die Frankfurter Spontis waren in gewisser Weise das Scharnier zwischen der KGruppen-Szene und dem linksalternativen Milieu der späten 1970er Jahre, indem sie eine mündliche Kultur der Theorie- und Textarbeit vorzogen. Man arbeitete bei Opel in Rüsselsheim, um in den „proletarischen Lebenszusammenhang” nach dem Vorbild der militanten Fabrik- und Straßenkämpfe in Italien vorzudringen und diesen zu revolutionieren. Es entwickelte sich hier ein nahezu geschlossenes Biotop aus Wohngemeinschaften, alternativen Projekten und Initiativen. Die Spontis waren die Inkarnation des anpolitisierten homo ludens, die sich, nach Gerd Koenen, zu „Erregungsgemeinschaften” zusammenschlossen. Der Ex-Maoist urteilt: „Die Bewegung war alles, das Ziel würde sich schon finden: ,Ein anderes Leben‘ mit ,neuen emotionalen Beziehungen” (Koenen 2001: 327).

Umgekehrt geißelte man in der Spontibewegung den „hölzernen Dogmatismus” der „kopfpotenten, lustfeindlichen Theoriefetischisten” aus den maoistischen oder kommunistischen Theoriegruppen und Kaderparteien. Man wollte „lieber so ganz konkret-praktische Sachen besprechen als so‘ n abstrakten Scheiß” (Becker 1984: 108, 112). In politischen Fragen ging man von seinen Gefühlen aus, wollte ihnen zumindest, als Ausweis der Wahrhaftigkeit des eigenen Anliegens, „Ausdruck verleihen”. „Politisch ist”, so schrieb der Kultkarikaturist Chlodwig Poth 1983, „was von der eigenen Betroffenheit ausgeht” (Poth 1983: 17). Trotz vielfältiger personeller Überschneidungen zwischen Alt-68ern und Linksalternativen thematisierte man gewissermaßen ständig die persönliche Vergangenheit und der Übergang von der einen zur anderen Gruppierung wurde in ungezählten Gruppengesprächen rituell „abgearbeitet”.

Linksalternative Konkretion bedeutete immer auch, die Betroffenheit und emotionale Relevanz eines Themas für das eigene Leben aufzudecken. Ganzheitlichkeit als Kombination von Körper, Geist und Gefühl stand hierbei als maßgebliche Wertvorstellung im Hintergrund. So wendete man sich von Metatheorien ab und gewann spielerische Freiheiten in den Foren wie dem 1976 gegründeten Frankfurter Pflasterstrand, der für ein Spektrum zuständig sein wollte, „daß von den Makrobioten bis zur revolutionäre Zelle reicht” (Pflasterstrand 1976, Nr. 0: 2). Ähnliches galt für viele Alternativzeitungen, die nahezu mit ihrer Leserschaft verschmelzen wollten, keine Programmatik vor-zugeben beanspruchten, sondern die bunte Vielfalt vielmehr abzubilden trachteten und von daher den Leserreaktionen und Artikeln von freien Mitarbeitern sehr großen Raum gaben. Ihr Authentizitätsanspruch war es dann auch, von dem ihre gouvernementale Kraft ausging (zur Alternativpresse vgl. Bütheführ 1995, Dorsch 1981).

Die „Erwärmung” der Bundes­re­pu­blik — eine erste Zwischen­bi­lanz

Die entschiedene Absetzung von der hochmodernen Planbarkeits- und Rationalitätseuphorie der staatlichen Reformpolitik der 1960er Jahre und die Absetzung von Theoriearbeit und Abstraktionsglaube in Teilen der Studentenbewegung und in den K-Gruppen waren ein wichtiges – wenngleich vielleicht nicht das wichtigste – Kennzeichen links-alternativer „Wärme”. Diese vermeintlich gemütliche Geselligkeit richtete sich gegen die Industrialisierung sozialer Beziehungen und Kolonisierungen der Lebenswelt. Damit nahmen die Alternativen, im Gegensatz zu ihrer Selbststilisierung, jedoch nicht per se eine oppositionelle Rolle gegenüber dem bürgerlichen „Spießertum” der eigenen Zeit ein. Sie waren vielmehr Ausdruck einer Massenkultur im Wärmestrom. Ihre Milieukultur war nicht so radikal oppositionell wie ihre Ausstiegsphilosophien erkennen lassen.

In den 1970er Jahren paarten sich Geselligkeit und Innerlichkeit – Zwanglosigkeit und Selbstverwicklung wurden zu ihren Parolen. In Politik wie Alltag setzte sich – in einem durchaus konflikthaften Prozess – die „Fundamentalliberalisierung” (Ulrich Herbert) der Bundesrepublik umfassend durch (Herbert 2002). Trotz eines insgesamt beschleunigten politkulturellen Wandels in den 1970er Jahren lassen sich die Ähnlichkeiten zwischen linksalternativen Milieu und der Massenkultur keineswegs zur Deckungsgleichheit bringen. Es gab in der Gesellschaft der 1970er Jahre vielmehr „Räume mit unterschiedlichen Temperaturen, die innerhalb des Systems zu außerordentlichen Spannungen” führten (Erdheim 1982, S. 187/188; vgl. Levi-Strauss 1972, S. 29-39; Levi-Strauss 1973, S. 270). So stand beispielsweise der Erstarrung in einigen Bereichen der sozialstaatlichen Reformen ab 1974/75 eine Überhitzung des innenpolitischen Klimas durch den Terrorismus des Jahres 1977 gegenüber.

In der linksalternativen Szene zeigte sich gleichwohl, so Hermann Glaser, eine „größere Bereitschaft und Fähigkeit zu ,ungepanzerter Begegnung‘ und offenem Aus-tausch. Die Bedürfnisse nach Verständnis, Wärme und Geborgenheit würden direkter und selbstverständlicher angemeldet. Man versuche zärtlich miteinander umzugehen; man sei toleranter gegenüber Schwächeren und Abweichungen. Menschliche Beziehungen sollen nicht auf Konkurrenz, sondern auf verständnisvolle Gleichheit gegründet werden” (Glaser 2000: 373). Dabei sind Wechselwirkungen zwischen alternativen Lebensformen und den Veränderungen in der bürgerlichen Kultur, mit denen die alternativen Lebensformen immer auf das engste zusammenhingen, von besonderem Interesse. In unserem Fall wurde dies lediglich für diejenigen Geselligkeitsformen angeschnitten, die jenseits der Kleinfamilie lagen und die in Teilen an vergangene Gemütlichkeitsformen der „warmen Stube” des bürgerlichen Wohnzimmers erinnerten. Die Homologie zwischen linksalternativem Lebensstil und bürgerlichen Werthaltungen und Umgangs-formen lassen sich aber auch für die neuen Freiheiten im Sexualverhalten aufzeigen, die, jenseits der „sexuellen Revolution” der 68er, zeitgleich mit der sogenannten „Sexwelle” der 1960er und 1970er Jahre aufbrachen. Die Pille, Säkularisierungsprozesse und die wachsende Partizipation der Frauen in Arbeitsmarkt und Bildungssystem hatten ebenso stark zu dieser Liberalisierung und Emanzipation beigetragen wie die feministische Bewegung. Auch die linksalternative Do-it-yourself-Ästhetik des Bastelns und Selbstbauens entwickelte sich in einer Zeit, als Jean Pütz‘ hobbythek ins Fernsehen einzog und ikea seine Möbelgeschäfte in Deutschland eröffnete. Schließlich bettete sich auch die Ästhetik der farbenfrohen Linksalternativen in einen Modetrend ein, der Orange und Braun ebenso bevorzugte wie grobgestrickte Kleidungsstücke. Weitere Ähnlichkeiten ließen sich aufzeigen, ohne damit die Unterschiede zu verwischen, die vielleicht weniger in einer radikalisierten Wärme-Praxis, als vielmehr durch die Dramatisierung und Politisierung des Alltags seitens der Linksalternativen markiert wurden. Die Konflikte und Auseinandersetzungen beruhten somit mehr auf der spektakulären politischen Bewertung dieser Liberalisierung, als in seiner praktischen Umsetzung

Grundsätzlich wäre dieses Wechselspiel zwischen Milieukultur einerseits und bürgerlicher sowie massenmedialer Kultur andererseits auf drei Ebenen zu klären: 1. auf
der Ebene der medialen Repräsentationen; 2. auf der der Selbsttechniken von Authentizität, Autonomie, Erfahrung und Sensibilität und damit 3. auf der Ebene der sozialen Praxis. Insofern entsteht ein kompliziertes Untersuchungsfeld der Verflochtenheit zwischen Diskurs und Praxis, zwischen den Selbstbildern in der Milieukultur und ihrer Repräsentation in der massenmedialen Außendarstellung.[6]

Zugleich ist in langfristiger Perspektive nach den Durchsetzungschancen von alter-nativen Lebensformen zu fragen, die in den 1970er Jahren nicht erstmals entstanden, sondern in Deutschland etwa in der Boheme, der Lebensreformbewegung, aber auch in der Jugendbewegung wichtige Vorläufer mit ähnlichen kulturellen Formen antibürgerlicher Bürgerlichkeit besaßen (Conti 1984). Neben der Frage nach den gesellschaftlichen
Bedingungen der Möglichkeit solcher Alternativbewegungen, nach den ökonomischen,sozialen und kulturellen Faktoren, die zur Entstehung und Entwicklung von alternativen Milieus und Bewegungen beitrugen, wären schließlich auch die internationalen Interdependenzen und die wechselseitigen Wahrnehmungsformen und Beeinflussungsverhält-
nisse einer sich transnational ausbildenden Counter-Culture der 1960er und 1970er Jahre zu untersuchen. Schließlich wäre zu fragen, wann und warum dieser Verhaltensstil den „Wärmetod” fand beziehungsweise inwieweit das Auseinanderdriften von Imagination und Praxis zu diesem Ende beitrug.

[1] Diese ersten Überlegungen sind Teil einer größeren Arbeit zur Geschichte des linksalternativen Milieus in der Bundesrepublik von den späten 1960er bis Anfang der 1980er Jahre. In der Studie sollen Habitus, Lebensweise und -stil der alternativen Bewegungen umfassend untersucht werden. Erste Versionen des vorliegenden Textes habe ich auf Kolloquien und Vortragsreihen an den Universitäten Konstanz, Bielefeld und Braunschweig sowie am Zentrum für Zeithistorische Forschung in Potsdam vorgetragen. Für die Anregungen möchte ich mich herzlich bedanken.
[2] Vgl. dazu auch die von Manfred Frank in den 1970er Jahren (!) zusammengestellte Sammlung von Texten aus der europäischen Literatur der Romantik, in denen die „Herzenskälte” einer erstarrten Gesellschaft kritisiert wurde (Frank 1978).
[3] Vgl, zu Foucaults Konzept: Foucault 1986, 2004a und 2004b; Lemke 1997; Bröckling et al. 2001.
[4] Derzeit werden die Partnerschafts-Kleinanzeigen in zitty und Pflasterstrand zwischen 1977 bzw.
1976 und 1985 im Hinblick auf die darin maßgeblichen Wünsche und Werte in einer repräsentati-
ven und SPSS-gestützten Erhebung ausgewertet.
[5] Encounter meinte eine Gruppentherapie nach Will Schutz und Carl Rogers, die auf Sensitivitätstraining und Erkunden des Körpers der Anderen setzte.
[6] Der praxeologische Ansatz, mit seiner Integration dogmatisch voneinander getrennter Theorie-
schulen (vor allem die Verbindung von Goffman, Giddens, Foucault und Bourdieu), scheint für ei-
ne solche Herangehensweise am fruchtbarsten. Zur Praxeologie siehe: Reckwitz 2003; BonelUHunt
1999; Reichardt 2004, insbes. 131-135.

Literatur

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