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Litera­ri­scher Maulwurf XXXIII Weimar — Deutsch­lands erste Republik

vorgängevorgänge 7901/1986Seite 127-135

aus: vorgänge Nr. 79 (Heft 1/1986), S.127-135

»Der Krieg mit allen seinen Opfern in endlosen Jahren hat kommen können, weil wir ihn kommen ließen. Nie wäre er gekommen, hätten wir es ihm nicht erlaubt. Seine Vorbereitung und sein Ausbruch hangen ausschließlich vom Willen der Menschen ab. Dem Willen derer, die ihn wollten, begegnete damals kein entschlossener Wille, ihn zu verhindern. Er kommt auch das nächstemal, wenn nicht Wachsamkeit ihn aufhält,«

Heinrich Mann (1928)

Die Weimarer Republik, die formell etwa vierzehn Jahre bestand -manche Historiker, wie Arthur Rosenberg, lassen sie schon nach zwölf Jahren im September 1930 mit dem sprunghaften Anstieg von NSDAP-Reichstagsmandaten 18,3% enden -, ist keine Episode zwischen Kaiserreich und Diktatur. Auch wenn sie sich, aus vielfältigen Gründen, nicht behaupten konnte: Sie war nicht nur die erste moderne Republik Deutschlands, sie ist auch unzweifelhaft die wichtigste Vorläuferin der beiden deutschen Staaten nach 1945, der BRD und der DDR. Das gilt, auch wenn die DDR neuerdings die Kontinuität zu Alt-Preußen betont und die BRD offiziell von der Weimarer Zeit wenig Notiz nimmt. Das gilt, auch wenn, schließlich Nationalsozialisten und Deutschnationale die Macht gewannen. Die Startbedingungen dieser gescheiterten Republik waren denkbar schlecht: ins Leben gerufen durch Philipp Scheidemanns SPD Ausrufung am 9. November 1918, gegen den dezidierten Willen Friedrich Eberts, der ihr erster (kommissarischer) Reichskanzler und Reichspräsident wurde, getragen von einem im wahren Wortsinn ausgebluteten, aber weitgehend unpolitischen Volk, das den Rattenfängern unterschiedlichster politischer Couleur nachlief, und regiert letztlich von der Lobby »nationaler« wirtschaftlicher Interessen und ihrer Vertreter, mit Hilfe einer Verfassung, die diktatorische Vollmachten bereithielt, welche schamlos ausgenutzt wurden, ohne Chance eines sozialen Ausgleichs und folglich mit (keineswegs nur hausgemachten) unüberwindlichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten. Alle hielten sich an die Devise: »Erst kommt das Fressen, dann die Moral« – beides gab’s vorwiegend politisch rechts. Doch die Zeit der Weimarer Republik war auch eine Zeit des Aufbruchs, des Fortschritts (wie immer man ihn interpretieren mag), der geistigen, ideologischen, politischen Auseinandersetzung, der fruchtbaren Polarisierung. Nach 1945 gab es ähnliche Bestrebungen, aber gedämpfter, mit dem Bewußtsein der Schuld, erdrückt von den Verbrechen, Die Republikaner von Weimar hatten gelitten am Kaiserreich und Krieg, aber sie waren vergleichsweise unbefangen, ohne Schuldbewußtsein (auch und vor allem die Schuldigen natürlich). Trotz eines entsetzlichen Krieges, dessen Wunden in unterschiedlicher Weise bewußt waren, ging man daran, einen neuen Staat zu schaffen: jeder in seiner ideologischen Ecke, mit unüberbrückbaren Gegensätzen. Der Vertrag von Versailles erzeugte fatale, nur vordergründige Solidarisierungseffekte. Die Künstler haben die Widersprüche der Gesellschaft, die Unvereinbarkeit zwischen Verfassung und Regierung dieses Staates aufgezeigt, sich mit den sozialen und gesellschaftlichen Konflikten auseinandergesetzt, leidenschaftlich und emphatisch, nicht zurückgezogen in eine intellektuelle Ästhetik, wie gelegentlich heute. Man spürt die Unsicherheit und Ungesichertheit der Zeit und der eigenen Situation.

Es wird behauptet, daß wir in einer Zeit neuen Interesses an Geschichte leben: an der der eigenen Heimat sowohl wie offenbar auch an der unserer demokratischen Wurzeln. Denn die Zahl der Veröffentlichungen über die Geschichte der Weimarer Republik sowie von Spezialuntersuchungen über Einzelthemen dazu ist erstaunlich, nicht zu bewältigen. Dabei fällt auf, daß viele dieser Publikationen – in gar nicht abwertendem Sinn gemeint – tendenziös sind. Das zeigt, daß die Zeit, die vor mehr als 50 Jahren zu Ende gegangen ist, uns eben doch noch nahesteht, zu nahe für ein »abgewogenes«, ein »ausgeglichenes« Urteil. Doch kann man eine Zeit abrupten Umbruchs jemals – selbst nach hunderten von Jahren – »ausgewogen« betrachten?

Reinhard Kühnl: Die Weimarer Republik: rororo aktuell Nr. 5540, Reinbek August 1985; 281 S., DM 9,80,

geht davon aus, »daß es ‚rein wissenschaftliche‘ historische Darstellungen nicht gibt, sofern damit Darstellungen ohne politische Aussage und Wirkungen gemeint sind.« Jede Geschichtsdarstellung sei zugleich politische Haltung. In seiner am kritischen Materialismus orientierten Untersuchung zeigt Kühnl aus seiner Sicht die politischen Umstände der Errichtung der Weimarer Republik, die Machtstrukturen, die sich nach 1918/19 herausgebildet haben und die Gründe für die Zerstörung der Demokratie. Dabei stellt der Autor auch immer wieder Vergleiche mit der Situation der BRD an und warnt vor aktuellen demokratiefeindlichen Tendenzen. Er betont, daß zwar eine Reihe von Erfolgen der Revolution im Weimarer Staat stabilisiert werden konnten, die alten Machtstrukturen jedoch – trotz maßgebenden sozialdemokratischen Einflusses in den Revolutionsorganen – erhalten bleiben. »Die alte Gesellschaftsordnung konnte nur gerettet werden, wenn es gelang, Bundesgenossen bei jenen Kräften zu finden, die in den Augen der arbeitenden Bevölkerung nicht durch Verbindung mit dem alten System diskreditiert, sondern vertrauenswürdig waren. Deshalb schlossen sowohl die kaiserlichen Offiziere von der Obersten Heeresleitung wie auch die große Industrie ein Bündnis mit dem rechten Flügel der Arbeiterbewegung. So konnten die revolutionären Energien gespalten und partiell kanalisiert werden. «Er kritisiert, daß die schnelle Propagierung der Einberufung einer Nationalversammlung eine Front der bürgerlichen Kräfte gegen die Revolution ermöglicht, gleichzeitig die Bedürfnisse beträchtlicher Teile der arbeitenden Masse auf friedliche Arbeit, Ruhe und Ordnung sowie Legalität befriedigt habe (S. 20) und so die Revolutionierung der Gesellschaft verhindert wurde. Den bisher herrschenden Kräften sei es gelungen, die sozialen Grundlagen ihrer Macht zu verteidigen: die Verfügung über Großgrundbesitz, Fabriken und Banken. Niedriglöhne und verlängerte Arbeitszeit haben zu einer Verelendung der Arbeiterschaft, jedoch auch zu einer raschen Steigerung der Produktion geführt, die einsetzende Rationalisierung zum Bankrott vieler kleiner und mittleren Unternehmen. Am Ende der zwanziger Jahre sei das Deutsche Reich wieder die erste Industriemacht in Europa gewesen, mit dem technisch fortgeschrittensten Produktionsapparat. Der wiedergewonnenen wirtschaftlichen Potenzen des Reichs habe das Streben nach neuer politischer Weltmacht entsprochen. Kühnl sieht in der Verstän-digungspolitik Stresemanns eine im wesentlich taktisch bestimmte Verschleierung von Großmachtansprüchen nicht nur hinsichtlich der Ostgrenzen des Reiches, sonder auch gegenüber dem Westen gestützt auf den »Kronprinzenbrief« von 1925 und eine geheime Denkschrift eines nicht näher genannten Fraktionskollegen Stresemanns.

Ob diese Einschätzung des Friedensnobelpreisträgers von 1926 (zusammen mit Briand) berechtigt ist, muß dem Urteil der Fachhistoriker überlassen bleiben. Sicher ist, daß die politische Rechte wie auch die Großindustrie Pläne dieser Art hegten und verfolgten. Wie Kühnl zeigt, wurden sie darin von Hochschullehrern, vor allem der Geisteswissenschaften Historiker, Philosophen, Germanisten, Erziehungswissenschaftler, Theologen, durch Ausbildung einer entsprechenden Ideologie unterstützt. Kühnl hebt jedoch auch das soziale und demokratische Engagement insbesondere von bildenden Künstlern und Schriftstellern hervor. Im Kapitel »Arbeiterklasse -und antifaschistische Potentiale« erörtert der Autor schließlich die Gründe, weshalb es diesen Kräften nicht gelungen ist, den Faschismus zu verhindern, obwohl – gemäß seiner Einschätzung – »die große Mehrheit der Arbeiterschaft« bis zuletzt dem »Block der Arbeiterparteien« treu geblieben sei (wobei angesichts der Feindschaft zwischen SPD und KPD von einem »Block« wohl kaum gesprochen werden kann und der Wähleranteil beider Parteien erheblich zurückge gangen war). Kühnl kritisiert das Verhalten beider Parteien und bemüht sich um die vielfältigen Gründe, die dazu führten, daß die beiden Arbeiterparteien sich erst im Widerstand zusammenfanden, nachdem Hitler an der Macht war und sie gemeinsam verfolgte.

Die Darstellung von Kühnl ist – er sagt es selbst – bewußt tendenziös, jedoch äußerst lesenswert, einschließlich des Nachworts, in welchem er Lehren aus der Geschichte der Weimarer Republik für die Gegenwart zieht. Mit der gleichen Zeit befaßt sich ein weiteres Taschenbuch:

Horst Möller: Weimar. Die unvollendete Demokratie; dtv Nr. 4512, München, März 1985; 270 S., DM 12,80.

Es handelt sich um einen Band der von Martin Broszat, Wolfgang Benz und Hermann Graml in Verbindung mit dem Institut für Zeitgeschichte in München herausgegebenen Reihe, »Deutsche Geschichte der neuesten Zeit vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart«, die 30 Bande umfassen soll, von denen bisher 10 erschienen sind.

Möller beginnt mit einer Charakteristik der beiden Reichspräsidenten, die die Weimarer Republik hatte. Er versucht, Friedrich Ebert posthum Gerechtigkeit widerfahren zu lassen, einem Mann, über den Kurt Hiller in seinem Nachruf in der »Weltbühne« äußerte: »Zahllose Bürger der deutschen Republik achteten ihn – nicht als Symbol nur, auch als Person; aber elendiglich lügen würde, wer behaupten wollte, daß auch nur Einer ihn geliebt habe.«

Und ferner: »Er handelte stets als Demokrat, das heißt: als ein Mann für den der Wille der Mehrheit, mag er bedingt sein wodurch auch immer, mag er enthalten, was er wolle, die Richtschnur des Handelns abgibt; als Sozialist handelte er gerade in den entscheidenden Augenblicken (1914, 1918, 1923) nicht. Pazifistische Revolutionarität, proletarische Revolutionarität waren ihm fremd…« Beide Zitate finden sich bei Möller. Er versucht, das für einen Sozialdemokraten der damaligen Zelt negativ wirkende Urteil zu relativieren, doch zeigt sich in seiner eigenen Darstellung die Zwiespältigkeit des Politikers (nicht der Person) Eberts. Es ist ebenso unzweifelhaft, daß er Demokrat war, wie auch, daß er keinesfalls Revolutionär war. Lediglich die historische Situation und sein Verantwortungsbewußtsein führten dazu, daß er Mitglied in Revolutionsgremien wurde, wie dem Rat der Volksbeauftragten, der provisorischen Revolutionsregierung vom 10.11.1918. Ebert versicherte zwar einige Tage zuvor, er sei überzeugter Republikaner doch war er auch »Vernunftsmonarchist«. Er legte größten Wert darauf, die aus der Revolution entstandene Republik möglichst rasch parlamentarisch zu legitimieren und die anstehenden Probleme mit Hilfe der bestehenden Institutionen staatlicher Herrschaft zu lösen. Deshalb schloß er den für Revolution und Republik so folgenreichen »Pakt« mit dem Ersten Generalquartiermeister in der Obersten Heeresleitung, Wilhelm Groener, der sich der neuen Regierung unter bestimmten Bedingungen zur Verfügung stellte; deshalb nahm er das Angebot des Reichskanzlers Prinz Max von Baden zur (in der Verfassung des Kaiserreichs nicht vorgesehenen Übertragung des Kanzleramts) an: sie garantierte ein Höchstmaß an Legalität und Kontinuität. Diese Demokratieauffassung wird auch deutlich in der Antwort auf die Forderung der USPD vom 9.11.1918: »Deutschland soll eine sozialistische Republik sein.«, der die SPD entgegensetzte, das sei Ziel ihrer eigenen Politik. »Indessen hat darüber das Volk durch die konstituierende Versammlung zu entscheiden.« (S. 41) Möller bezeichnet das als untadeligen demokratischen Entschluß, doch gesetzt den Fall, das Volk hätte – anderen Sinnes geworden – den Kaiser zurückrufen oder einen Diktator einsetzen wollen?

Vermutlich sahen Ebert und die SPD zu diesem Zeitpunkt diese Alternative nicht. Den heute von Politikern und Staatsrechtlern so hochgehaltenen Begriff der »streitbaren Demokratie« gab es damals noch nicht. Der Engländer Gordon A. Cra(1) urteilt wesentlich härter als Möller über Ebert: »daß der Kanzler eine übertriebene Furcht vor der roten Gefahr hatte und die Gelegenheit versäumte, die Energie und Willenskraft, die in den Arbeiter- und Soldatenräten steckte, zu nutzen, um die Arbeiterklasse für das neue Regime zu begeistern.«

Paul v. Beneckendorff und Hindenburg, den sich die Deutschen 1925 als Reichspräsidenten wählten, der »Held von Tannberg« (Vernichtungsschlacht vom 23. bis 30. August 1914), war angeblich von überdurchschnittlicher, aber einseitig aufs Militärische ausgerichteter Intelligenz. Er war zum Zeitpunkt seiner Wahl 77 Jahre alt; vor der Revolution von 1848 geboren, starb er eineinhalb Jahre nach seiner Ernennung Hitlers zum Reichskanzler. Möller übernimmt die allgemeine Einschätzung, Hindenburg habe seine Präsidentschaft als Reichsverweserschaft anstelle der Hohenzollern verstanden. Er zeigt dessen Verbundenheit mit seinen »Standesgenossen« ‚ den ostelbischen Junkern, und seine »notorische Illoyalität« gegenüber militärischen Partnern ebenso wie Reichskanzlern, die nicht auf Senilität beruhte, sondern Charakterfehler war wie auch die Infamie der von ihm wider besseres Wissen unterstützten »Dolchstoß«-Lüge. Möller verneint eindeutig die Frage, ob ein solcher Mann Reichspräsident sein konnte: »Die ihm allerorten entgegengebrachte Verehrung galt einem Mann, dem jegliche politische und auch – das muß vielen gegenteiligen Interpretationen zum Trotz gesagt werden – moralische Eignung für dieses Amt fehlte.« (S. 73)

Der Beginn der Darstellung mit diesen ausführlichen Porträts wird gerechtfertigt durch die starke politische Stellung des Reichspräsidenten. Auf S. 180 ff. beschreibt Möller anschaulich das Staatsrecht der Weimarer Reichsverfassung und seine Umsetzung in die Praxis, wobei er auf die rechtlichen wie politischen Schwachstellen des Systems hinweist.

Auch wenn er nur Bekanntes wiederholt und keine ausdrücklichen Vergleiche mit der Bundesrepublik zieht, zeigt diese Skizze eindringlich, weshalb das Regierungssystem von Weimar nicht funktionieren konnte und welche entscheidenden Korrekturen für das Bonner Grundgesetz vorgenommen wurden. Möller ist eine vorzügliche Einführung in die Geschichte der unvollendeten Demokratie von Weimar gelungen, in der er gegenüber bisherigen Darstellungen auch neue Akzente setzt und so neue Erkenntnisse vermittelt.

Aufs beste ergänzt wird sie durch

Martin Broszat: Die Machtergreifung. Der Aufstieg der NSDAP und die Zerstörung der Weimarer Republik; dtv Nr. 4516, München Oktober 1984; 242 S., DM 9,80,

ebenfalls ein Band der »Deutschen Geschichte der neuesten Zeit«. Einer der besten Kenner der Materie schildert den konsequenten Kampf Hitlers und seines Anhangs einschließlich des gesamten »völkischen« Spektrums gegen die Republik. Möller hatte bereits (S. 173 f.) zutreffend darauf hingewiesen, daß Reichswehr und Justiz die zwei wichtigsten Säulen ihrer staatlichen Herrschaft waren und wie brüchig sie beide waren. Broszat zeigt die unterschiedlichen Strategien, mit denen die Hitler-Partei diese Stützen des Staates zu erschüttern suchte: durch offenen Terror und Provokation, aber auch durch Unterwanderung und Sympathisantenwerbung. »Ein Meilenstein, ausgiebig und kontrovers kommentiert von der Berliner Presse, war Hitlers Legalitätseid vom 25. September (1930) vor dem Leipziger Reichsgericht im Prozeß gegen drei Reichswehroffiziere, die der NSDAP beigetreten waren.« Hitler versicherte dabei, wenn er legal zur Macht komme, werde er in legaler Regierung Staatsgerichte einsetzen, »die die Verantwortlichen an dem Unglück unseres Volkes gesetzmäßig aburteilen sollen«. Diese pathetische Erklärung wurde vielfach als eindeutiges Bekenntnis zum legalen Weg der Machteroberung angesehen und brachte Hitler vor allem innerhalb der Reichswehr und in den Kreisen der konservativen nationalen Opposition Beifall (S. 50 f.). Dazu kam »die naive Genugtuung, die hohe Offiziere der Reichswehr darüber empfanden, daß Hitler seit 1929 mit Nachdruck (und an die Adresse gerade der Reichswehr gerichtet) die Bejahung des Wehrgedankens durch die Nationalsozialisten betonte« (S. 130). Vor allem General Schleicher (politischer Berater des Reichswehrministers Groener, später dessen Nachfolger und schließlich letzter Reichskanzler vor Hitler) bemühte sich darum, das Verdikt der Staatsfeindlichkeit der NSDAP zu beseitigen und sie politisch salonfähig zu machen (die Nazis erschossen ihn mit seiner Frau 1934 im Zuge des »Röhmputsches«). Hauptgegner Hitlers war und blieb die (SPD-geführte) Preußische Regierung und Polizei (S. 53 ff.), doch konnte sie sich letztlich nicht durchsetzen, nicht zuletzt, weil sie oft ohne Rückhalt beim Reichskabinett blieb. Im Dezember 1931 beabsichtigte die preußische Regierung, eine Pressekonferenz Hitlers in seinem direkt gegenüber der Reichskanzlei gelegenen Berliner Domizil, dem Hotel Kaiserhof, zu verbieten und ihn, der immer noch österreichischer Staatsangehöriger war, aus Preußen auszuweisen. Der Plan scheiterte, weil die Ausweisung der Zustimmung der Reichsregierung bedurft hätte, die nicht zu gewinnen war.

Den beiden dtv-Bänden sind als Anhang einige Dokumente, sowie je eine Zeittafel beigegeben. Möller hat ferner seinem Band eine umfangreiche kommentierte Zusammenstellung von Originalquellen und Sekundärliteratur beigegeben (18 S.), Broszat eine ebenfalls ausführliche Darstellung zu »Quellenlage und Forschungsstand«, die mit der Erwartung endet, »daß eine gründlichere Untersuchung der Endphase der Weimarer Republik unter dem Gesichtspunkt der von der NS-Führung angestrebten, aber sehr häufig auch gescheiterten Versuche der Machtdurchsetzung auf allen Ebenen des Staates und der Gesellschaft in mancher Hinsicht zu einer Revision des bisher dominierenden Bildes dynamischer Erfolgs-Zielstrebigkeit und politischer Überlegenheit der NS-Bewegung führen wird« und »die Machtdurchsetzung des Nationalsozialismus unaufhaltsam war«, weshalb sich dann auch die Frage nach den Gründen und Verantwortlichkeiten des Versagens der Weimarer Republik noch dringlicher als zuvor stelle.

Weimar hatte immer eine Chance. »Woran ist also Weimar gescheitert?«

Hagen Schulze: Weimar. Deutschland 1917-1933; Siedler Verlag Berlin 1982; Leinen, 464 Seiten mit 226 Abbildungen, Diagrammen und Tabellen, DM 98,-,

Teil des auf sechs Bände angelegten Geschichtswerks »Die Deutschen und ihre Nation«, beantwortet die selbst gestellte Frage nur unzureichend und generalisierend: »Bevölkerung, Gruppen, Parteien und einzelne Verantwortliche haben das Experiment Weimar scheitern lassen, weil sie falsch dachten und deshalb falsch handelten. Auch auf dem Umweg über die Strukturanalyse gelangt man so zu dem Schluß, daß Weimar nicht schicksalhaft oder bedingt durch anonyme Sachzwänge scheitern mußte – die Chance der Gruppen wie der Einzelnen, sich für Weimar zu entscheiden und dem Gesetz der parlamentarischen Demokratie zu gehorchen, nach dem man angetreten war, hat immer bestanden« (S. 425).

Der Autor legt eine thematisch umfassende, die geistige Kultur allerdings nur unzureichend (da im wesentlichen in Marginalien und in einem schmalen Kapitel isoliert) einbezogene Gesamtdarstellung vor, die gut lesbar ist und die übrigen Darstellungen aus einer eher konservativen Sicht vorzüglich ergänzt. Den Wertungen des Verfassers will man freilich nicht stets folgen (als beliebige Beispiele: der Staat als »einer über der Gesellschaft und ihrem Normenkompromiß stehenden Wesenheit«? S. 2459; Überschätzung der Rolle der staatlichen Machtinstrumente für das Scheitern Weimars; Militär, Bürokratie und Justiz? 5. 423). Der Text gewinnt noch erheblich an Anschaulichkeit und Lebendigkeit dadurch, daß (wie auch in den anderen Bänden des Gesamtwerks) zeitgenössische Darstellungen entweder in den Text eingefügt oder auf dem breiten Rand abgedruckt werden: kaum Fotos, jedoch Dokumente jeglicher Art, insbesondere Schriftstücke, Zeitungsausschnitte, Plakate, Buchumschläge, vor allem Karikaturen, die geeignet sind, ein Zeitkolorit zu vermitteln, das allerdings vielfach dort, wo die Texte wiedergegebener Dokumente nicht mehr lesbar und auch nicht transkribiert sind, zur bloßen Arabeske wird.

Ein ehrgeiziges Werk, eine längst fällige Spezialuntersuchung erscheint seit 1984, die »Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in Deutschland seit dem Ende des 18. Jahrhunderts« ‚ herausgegeben von Gerhard A. Ritter. Mit der Zeit der Weimarer Republik befaßt sich

Heinrich August Winkler: Von der Revolution zur Stabilisierung. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1918-1924; Verlag J.H.W. Dietz Nachf. Berlin/Bonn 1984; Leinen, 786 S. mit zahlr. Abb., DM 75,-.

Heinrich August Winkler: Der Schein der Normalität. Arbeiter und Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik 1924 bis 1930; Verlag J. H. W. Dietz, Nachf. Berlin / Bonn 1985, Leinen, 895 S. mit zahlr. Abb., DM 80,-.

Ein dritter, abschließender Band wird die Zeit von 1930 bis 1933 behandeln und insbesondere danach fragen, ob es nach dem Scheitern der parlamentarischen Demokratie im Jahre 1930 noch Alternativen zur NS-Diktatur und damit zum Weg in die Katastrophe gab. Eine apodiktische Antwort hierauf wird man kaum erwarten dürfen (und können), denn der Verfasser ist zurückhaltend mit abschließenden Urteilen, läßt Tatsachen und Dokumente weitgehend für sich sprechen. Im Zentrum seiner Darstellung steht die SPD und ihre Politik, von den Mehrheitssozialisten abweichende politische Richtungen der Arbeiterbewegung (KPD, USPD) werden entschieden kritisiert. Diese Einstellung soll nicht als Mangel des Werks mißverstanden werden, ihre Feststellung dient lediglich dazu, die politische Position des Autors zu beschreiben die ein Historiker als »betont reformistisch« bezeichnet hat(2). Auf ihr Konto geht wohl auch, daß die Münchner Räterepublik auf sieben Seiten allzu kurz abgehandelt wird.

Als gravierenden Mangel sieht Winkler zu Recht, daß die SPD auf die Revolution von 1918 politisch nicht vorbereitet war. »Sie hatte keinerlei konkrete Vorstellungen davon, wie sie die ihr unverhofft zugefallene Macht im Sinne des eigenen Programms nutzen konnte. Ein ökonomisch verkümmerter Marxismus ließ die SPD die politischen Herausforderungen verkennen, vor die sie die Revolution gestellt hatte… Der Abstraktheit der eigenen politischen Vorstellungen entsprach der Respekt vor dem konkreten Sachverstand der bisherigen Positionsinhaber nicht nur in der Wirtschaft, sondern auch in Bürokratie, Justiz und Militär. Dieser Respekt war so groß, daß darüber auch jenes Mindestmaß an Demokratisierung der alten Gewalten versäumt wurde, das sich in der schwierigen Übergangssituation … hätte verwirklichen lassen« (Bd. 1 ‚ S. 149). Auch macht er darauf aufmerksam, es sei bezeichnend, daß nicht ein Sozialdemokrat, sondern ein linksliberaler Berliner Staatsrechtler, Hugo Preuß, den Auftrag erhielt, den Verfassungsentwurf auszuarbeiten (Bd. 1 , S. 227), der sozialistische Erwartungen daher auch nicht habe befriedigen können.

Der zweite Band befaßt sich, mit der Zeit, in der die SPD mit Ausnahme des Kabinetts Müller nicht mehr an Reichsregierungen beteiligt war. Es sind die viel beschworenen »Golden Twenties« der Republik. In einem umfangreichen ersten Kapitel untersucht Winkler die Welt des Arbeiters in diesen »goldenen Jahren«. Er widerlegt zeitgenössische Behauptungen von Unternehmern, überhöhte Löhne seien eine der wichtigsten Ursachen der Großen Depression seit 1928 gewesen und weist nach, daß erst 1928 die Reallöhne je Woche die Vorkriegsmarke von 1913/14 überschritten haben, allerdings bei einer Senkung der wöchentlichen Durchschnittsarbeitszeit auf 46 Stunden, jedoch mit oft miserablen Arbeitsbedingungen. Er stellt fest, daß Arbeiterschaft Unterschicht war, weil sie mehr sozialer Ungleichheit ausgesetzt war als die anderen Schichten und sich nicht nur einkommensmäßig, sondern auch hinsichtlich des Sozial-Prestiges und der Chance am unteren Ende der Gesellschaftspyramide befand (S. 170). Gleichwohl muß Winkler feststellen, daß sich ein marxistisches proletarisches Klassenbewußtsein nur partiell herausbildete und daß »die deutsche Gesellschaft Mitte der Zwanzigerjahre höchstens zu einem Drittel aus klassenbewußten Proletariern bestand, während sich rund zwei Drittel durch ihr Wahlverhalten gegen den Klassenkampf, gleichviel ob sozialdemokratischer oder kommunistischer Prägung, aussprachen. Nichts deutete in den mittleren Jahren der Weimarer Republik darauf hinf daß die marxistische Gesellschaftsauffassung jemals mehrheitsfähig werden könnte.« (S. 173).

Von seinem Standpunkt aus verständlich sieht Winkler mit wenig Sympathie auf das Engagement zahlreicher Intellektueller für die KPD. Die Aufzählung nur eine kleine Auswahl stellt einen Querschnitt der Elite deutschen Geisteslebens in der Weimarer Zeit dar: Walter Hasenclever, Alfred Kerr, Egon Erwin Kisch, der Philosoph Theodor Lessing, Erwin Piscator, Gustav Wyneken, Arnold Zweig, die Pazifisten Kurt Hiller und Emil Julius Gumbel, der Dichter Ernst Toller, Herwarth Walden, George Grosz, John Heartfield, Karl August Wittfogel, Bertolt Brecht, Anna Seghers, um nur einige zu nennen, waren entweder Mitglieder der KPD oder unterstützten einzelne ihrer Aktionen. Dagegen blieb das Verhältnis von Intellektuellen und Akademikern zur SPD gespannt. »Das akademische Deutschland stand in den Jahren der Weimarer Republik der Sozialdemokratie meist herablassend bis feindselig gegenüber«, konstatiert Winkler (Bd. 2, S. 716). Die Gründe, die er dafür anführt, weshalb insbesondere auch die »Linksintellektuellen« sich von der SPD fernhielten, überzeugen nicht: daß sie Weimar in gewisser Weise als »ihr Werk« verstanden, Berlin »ihre Hauptstadt« gewesen sei.

Das erklärt weder, weshalb sie sich lieber mit der KPD als mit der SPD solidarisierten, noch ist die Feststellung selbst so richtig. Zwar war Berlin die Hauptstadt der Avantgarde, aber es gab auch andere Zentren avantgardistischer Kunst: das Rheinland (Düsseldorf, Köln), das Bauhaus in Weimar, das 1925 nach Dessau übersiedelte, und schließlich München.

Selbstverständlich behandelt Winkler auch das gesamte politische Geschehen in der Zeit von 1924 bis 1930 einschließlich der Gewerkschaftsbewegung. Es ist unmöglich, im Rahmen einer Sammelbesprechung einem Werk wie diesem auch nur
annähernd gerecht zu werden. Die Fülle der Fakten, die Winkler zusammengetragen und geordnet hat, machen das Werk heute bereits zu einem Standardwerk der Geschichte der Arbeiter und der Arbeiterbewegung in der Weimarer Republik. Hinzugefügt sei noch, daß es erschlossen wird durch vorzügliche Sach-, Orts- und Personenregister; die beigegebenen Abbildungen sind zum großen Teil Wiedergaben zeitgenössischer Fotos, daneben politische Werbung der Zeit. Besonders hervorzuheben ist auch die Preiswürdigkeit des Werks. Im Hinblick auf den Umfang der beiden Bände sind sie nicht teurer als eine vergleichbare Anzahl von Taschenbüchern.

In Band 2 nimmt Winkler auch Bezug auf eine Untersuchung, die bereits in den Dreißigerjahren entstanden ist, jedoch erstmals 1980 veröffentlicht wurde und nun im Taschenbuch vorliegt.

Erich Fromm: Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reiches. Eine sozialpsychologische Untersuchung. Bearbeitet und herausgegeben von Wolfgang Bonß; dtv wissenschaft Nr. 4409, München Januar 1983; 315 S., DM 12,80.

Die Enquete wurde 1929 im Frankfurter Institut für Sozialforschung begonnen. Sie wurde zunächst weitgehend von Hilde Weiß bearbeitet, weitere Mitarbeiter waren Anna Hartoch, Herta Herzog und Ernst Schachtel. Ihr lag eine Umfrage zugrunde. Von 3 300 verteilten Fragebögen mit 271 Positionen wurde bis Ende 1931 ein Drittel zurückgesandt. Infolge der 1933 erzwungenen Emigration des Instituts ging ein Teil des Materials verloren, so daß 1934 nur noch 584 ausgefüllte Fragebogen vorhanden waren. Die Spannungen zwischen Fromm und Horkheimer sowie den übrigen Institutsmitgliedern, vor allem Adorno, verhinderten schließlich eine Veröffentlichung: nach Fromms Aussage war die Erhebung den anderen zu »marxistisch«. Als wichtigstes Ergebnis hält Fromm fest, daß nur 15% der  »Linken« (SPD und KPD) in Übereinstimmung »im Denken als auch im Fühlen« mit ihrer Partei befunden wurden, weitere 25, immerhin eine geringere Übereinstimmung zeigten, 20% der Anhänger der Arbeiterparteien aber eindeutig autoritär waren. Jay(3) teilt mit, das Institut sei in einer Analyse zu dem Schluß gekommen, die deutsche Arbeiterklasse werde sich einer Machtergreifung durch die Rechten weit weniger widersetzen, als ihre militante Ideologie es vermuten lasse. Die Geschichte hat die Richtigkeit dieser Einschätzung bestätigt.

Schließlich sind noch zwei Neuerscheinungen zur kritischen Kunst der Weimarer Zeit anzuzeigen:

Eberhard Kolb / Eberhard Roters / Wieland Schmied: Kritische Grafik in der Weimarer Zeit, Klett-Cotta, Stuttgart 1985; Leinen, 226 S, mit 146 Abb. auf Tafeln, davon 12 in Farbe, sowie weiteren Abb. im Text, DM 58,—.

Der Bildteil ist in Auswahl und Ausstattung hervorragend. Er vermittelt einen guten Eindruck von der sozialkritischen Grafik der Zeit, in unterschiedlichen Techniken und Kunststilen. Neben allgemein bekannten Künstlern wie Karl Arnold, Max Beckmann, Otto Dix, Georg Grosz, Käthe Kollwitz und denen, die in den letzten Jahren wiederentdeckt wurden (Conrad Felixmüllerf Karl Hubbuch, Christian Schad, Josef Scharl) sind auch eine Anzahl meist nur den Experten bekannte vertreten: Gerd Arntz und Augustin Tschinkel gehören hierzu, die – wie Heinrich Hoerle und F. W. Seifert, die im hier besprochenen Band leider fehlen – mit konstruktiven, auf geometrische Grundfiguren reduzierten Archetypen eindringliche, plakative Bildwirkungen erzielen und so politische Aussagen in bildhaften Zeichen und damit (im durchaus positiven Sinn) volkstümlich-anschaulich ermöglichen. Auch Hans Schmitz, der mit vier Abbildungen vertreten ist, arbeitet in einem ähnlichen Stil. Jeanne Mammen, Lasar Segall vertreten einen expressionistischen Realismus, Georg Schrimpf und Georg Scholz die »Neue Sachlichkeit«.

Die Auswahl der Künstler erstrebt offensichtlich nicht Vollständigkeit. Die Bildthemen spiegeln die politischen und sozialen Probleme der Zeit wieder: Krieg, Bürgerkrieg, aufkommenden Faschismus und Militarismus, Arbeiterschicksal, Großstadt, Variete, Eros, Hunger und Prostitution. Der Qualität des Bildteils entspricht leider nicht die sämtlicher Texte: die geschichtliche Einführung von Eberhard Kolb ist weitgehend belanglos und wenig kritisch. Eberhard Roters befaßt sich mit der »Linie als Waffe«, Wieland Schmied leider nur mit Formen der »Neuen Sachlichkeit«. Jedem Künstler ist eine Kurzbiografie gewidmet, die Bildlegenden beschränken sich auf die Nennung von Titel, Entstehungszeit, Technik und Größe, so daß der Leser oft allein gelassen wird. Insbesondere die Radierungen von Hubbuch hätten dringend eines interpretatorischen Textes bedurft. Mit der Darstellung einer ganzen Kunstlandschaft befaßt sich

Ulrich Krempel Hg.: Am Anfang: Das Junge Rheinland. Zur Kunst- und Zeltgeschichte einer Region 1918-1945; Claassen Verlag Düsseldorf 1985; Leinen, 351 S., mit zahlreichen Abbildungen und (teils farbigen) Tafeln, DM 64,—.

Es handelt sich um das Katalogbuch einer Ausstellung in der Städtischen Kunsthalle Düsseldorf. Neben Malerei und Skulptur, angewandter Kunst und Architektur werden auch Theater und Ballett sowie Musik in eigenen Aufsätzen und anhand von exemplarischen Beispielen behandelt. Mittelpunkt der Darstellungen ist – entsprechend dem Ausstellungsort – Düsseldorf. Auf dem Gebiet der Malerei wird endlich die Bedeutung von »Mutter EY« gebührend gewürdigt, der Heinrich Böll bereits 1960 ein Denkmal wünschte: einer Kunsthändlerin, die mit einer Backwarenfiliale in der Nähe der Akademie begann, in der sie kleine Törtchen und belegte Brötchen für 5 Pfennige verkaufte, die sie zugunsten einer Kunsthandlung mit den örtlichen, im 19. Jahrhundert verwurzelten Berühmtheiten der Akademie vertauschte, um schließlich progressive Kunst auszustellen. Künstler so unterschiedlicher Richtung wie Max Ernst und Otto Dix, Karl Schwesig, Gert Heinrich Wollheim und Adolf Uzarski sowie viele andere trafen sich bei ihr, für viele war sie, die selbst kaum Geld hatte, letzte Rettung in der Not, wenn sie Bilder verkaufte, Geld borgte oder einfach nur Essen auftischte, auch wenn sie nicht wußte, wovon sie am nächsten Tag die fällige Miete zahlen sollte. Sie war ein Kristallisationspunkt der Düsseldorfer Szene, »ihre« Künstler haben sie in zahlreichen Porträts verewigt, ihre eigene Sammlung ging im Feuersturm der Brandbomben des Zweiten Weltkriegs unter. Der Band zeigt die überregionalen Verbindungen der jungen rheinischen Künstler mit den übrigen Kunstzentren Deutschlands und der angrenzenden Länder, vor allem mit Berlin und München, den Künstlern des Bauhauses. Er hat erstmals seit dem Ende der Weimarer Zeit die Existenz dieses lebendigen Kunstzentrums Rheinland ins Bewußtsein gebracht und ist ein unentbehrliches Hilfsmittel für jeden, der sich mit der Kunst dieser Zeit eingehender beschäftigen will.

Verweise

1 Deutsche Geschichte 1866-1945, S. 354
2 Hans Mommsen in: Süddeutsche Zeitung vom 19./20.10. 1985
3 Martin Jay, Dialektische Phantasie. Die Geschichte der Frankfurter Schule und des Instituts für Sozialforschung 1923-1950, Ffm 1976, 5. 147,

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